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Die Miliz war schneller: "Macht keinen Unsinn, Leute, geht nach Hause", Männer in Pickelhauben mit Gummiknüppeln in den Händen verleihen dem Befehl ihres Kommandeurs Nachdruck, und harte Männerfäuste packen besonders Unschlüssige bei den Schultern. Umsonst war der Weg durch den kniehohen, hart gefrorenen Schnee, durch den die Frauen der Siedlung Rasdolnoje, an jeder Hand ein schlaftrunkenes Kind, in tiefer Nacht voran stolperten.

Von Elke Windisch

Seit Tagen schon trägt Premier Michail Kasjanow seinen massigen Kopf tief zwischen den Schultern: Die Energiekrise im russischen Fernen Osten, die Zehntausende dazu verdammt, einen ungewöhnlich harten Winter ohne Heizung, Warmwasser, Gas und mit langen Stromabschaltungen zu überstehen, ist Dauerbrenner auf immer neuen Krisensitzungen in Kreml und Regierung. Die kremlnahe Einheitspartei hatte Wladimir Putin schon in der vergangenen Woche aufgefordert, über die Region den Ausnahmezustand zu verhängen.

Von Elke Windisch

Giuseppe Verdi - war er nun ein Atheist oder war er ein Gläubiger, das ist eine alte Frage. Ich bin sicher, während er das Requiem schrieb, hat Verdi auch einen Akt der Gläubigkeit vollbracht.

Die Volksbühne setzt ihre Versuchsreihe zur genoptimierten Zukunft des Menschengeschlechts fort. Was mit Castorfs Adaption von Houellebecqs Roman "Elementarteilchen" als Ausflug in den Swingerclub begann, wird in Johann Kresniks neuer Inszenierung mit einer Abenteuersafari durch die jüngsten Skandalthemen fortgesetzt: BSE!

Von Peter Laudenbach

Es war, gewollt oder nicht, eine Gegendarstellung, eine vehemente Erwiderung - und ein großer, trotziger, bisweilen erschreckend berührender Abend. Knapp drei Wochen nachdem Daniel Barenboim mit der Requiem die Berliner Verdi-Festivitäten feierlich und unter größtem Publikumsjubel im Konzerthaus eröffnet hatte, ergriff nun Claudio Abbado das Wort - am anderen Ende der Stadt und tatsächlich so, als würde er dieser Toten-Messe, diesem Stück, das nichts so sehr verteidigt wie das Leben, mit weit aufgerissener Brust begegnen.

Geschichtsdebatten haben meistens nur wenig mit den historischen Fakten zu tun und viel mit tagespolitischen Interessen. Das ist nicht neu - und es gilt auch für die Ereignisse um 1968, die seit geraumer Zeit als besonders ergiebiger Steinbruch für geschichtspolitische Argumente ausgebeutet werden.

Es gibt Momente, wenn man mit seinen kleinen Kindern zusammen ist, wenn sie fröhlich sind, oder wohlig im Elternbett liegen, und erst Recht, wenn man sie im teuren Urlaub an die schönsten Ecken führt, da denkt man: Schade, dass sie das alles vergessen werden.Nun sind es nicht allein die Kinder, die vergessen, wir tun es auch.

Von Giovanni di Lorenzo

Skandale, Auftrittsverbote und Drogen-Exzesse - die tabulose Nackttänzerin Anita Berber bereitete den Moralaposteln in den 20er Jahren schlaflose Nächte. Die ungekrönte Königin der Berliner Boheme zog alle in ihren Bann, vom Maler Otto Dix, der sie als Vamp verewigte, bis hin zu ihr hoffnungslos verfallenen Männern, die sich restlos für sie ruinierten.

Von der grünen Insel kommen nicht nur vielköpfige Schmalzpop-Familien wie die Kellys, sondern auch authentische Bewahrer der ehrwürdigen und reichen irischen Folklore-Tradition. Die Sands Family hat lange und hart an ihrer Reputation als einer der Top-Gruppen des Irish Folk gearbeitet und verteidigt diese auf zumeist umjubelten Konzerttourneen.

Stellen Sie sich vor, Sie haben den langsam anschwellenden, ursprünglich sehr leisen elektronischen Ton, den Sie vor einigen Minuten gestartet haben, längst vergessen. Sie sind in einem anderen Zimmer, mit etwas anderem beschäftigt.

Trotz nunmehr vollständiger Übernahme durch den Bund in Gestalt des Staatsministers für Kultur soll das Haus der Kulturen der Welt nach Aussagen seines Generaksekretärs "ein Haus in Berlin und für die Berliner bleiben". Bei der Vorstellung des HKW-Jahresprogramms sagte Hans-Georg Knopp, die Änderung der Trägerschaft bedeute Sicherheit für seine Institution und ermögliche erst verbindliche Planungen.

Im Vergleich mit ihnen ist der gewöhnliche Buchhändler ein Plebejer. Einer, der sich von Crichton-Käufern knechten lässt, ohne Sinn fürs Produkt und ständig mit einem Bein im Ramsch steht.

Von Moritz Schuller

Eine Einladung zu einer Kunstausstellung besteht gewöhnlich aus Pflicht und Kür, das heißt aus einer Vorder- und einer Rückseite. Wie auf jeder Postkarte, sind auf der Rückseite gewöhnlich die praktischen Informationen - Ausstellungsdauer, Anschrift und Absender - verzeichnet; das ist die Pflicht der Einladungskarte.

Heidi Specker gehörte zu den ersten Künstlerinnen und Künstlern, die für ihre fotografischen Arbeiten ebenso ungeniert wie konsequent Methoden digitaler Bildverarbeitung einsetzten. Architekturaufnahmen, vielfach Fotografien von Funktionsbauten der sechziger und siebziger Jahre in Berlin-Mitte oder Details ihrer Fassadenreliefs aus Waschbeton, sind längst zum Markenzeichen der Berlinerin geworden.

Eines war Julio Gonzales bestimmt nicht: dogmatisch. Um 1940 schuf der spanische Bildhauer, der jahrzehntelang in Paris lebte, ein Skizzenblatt mit zwei Köpfen.