zum Hauptinhalt
Potsdam-begeistert. Sakhidad Heydari hat sich schon viele Sehenswürdigkeiten angesehen. Am besten hat ihm Sanssouci gefallen.

© A. Klaer

PNN-Aktion: Potsdam schenkt: Ein wenig Zeit

Sakhidad musste wegen der Taliban aus Afghanistan fliehen. Jetzt will er schnell Deutsch lernen – doch weil er schlecht sieht, tut er sich damit schwer. Deshalb hat er einen ganz speziellen Wunsch.

Von Katharina Wiechers

Geben bringt Segen: Zur Weihnachtszeit den Nächsten helfen – das wollen wir, die Potsdamer Neuesten Nachrichten, gemeinsam mit Ihnen, unseren Lesern. Mehr als 2000 Flüchtlinge sind in den vergangenen zwei Jahren in Potsdam aufgenommen worden. Fast alle haben ihre Heimat verlassen, um Gewalt und Krieg zu entkommen. Mit dem Nötigsten sind sie versorgt. Doch vieles andere zum Leben und Ankommen fehlt. Wir haben Menschen in der Flüchtlingsunterkunft Am Brauhausberg gefragt, was ihnen eine Freude machen würde – und bitten Sie, liebe Leser, um Ihre Mithilfe, einen Weihnachtswunsch zu erfüllen.

Sakhidad Heydari ist quasi eine Ausnahmeerscheinung. Denn der Mann aus Afghanistan ist schon 52 Jahre alt, ein ungewöhnliches Alter für einen Flüchtling: Nur weniger als fünf Prozent der Menschen, die dieses Jahr Asyl in Deutschland beantragten, waren laut Statistik über 50 Jahre alt.

Und doch wagte Sakhidad die Flucht ins Ungewisse, ließ seine Familie und Freunde zurück und machte sich auf den beschwerlichen Weg nach Europa. Wie viele junge Männer wollte auch er eine Perspektive im Leben – und überhaupt überleben. Denn Sakhidad hatte „Probleme“ mit den Taliban, wie er erzählt. Sie hatten mitbekommen, dass er für die Regierung arbeitete – aus Sicht der Terror-Miliz war er also Kollaborateur des ungläubigen Westens. „Sie lebten in meiner direkten Nachbarschaft, ich hatte Angst, dass sie mir etwas antun“, sagt Sakhidad. Mehrfach sei er bedroht worden. Gelebt hatte der 52-Jährige in Baghlan, einer 80 000-Einwohner-Stadt im Norden Afghanistans, nicht weit von Kunduz, wo die deutsche Bundeswehr stationiert war.

"Potsdam ist so sauber und ruhig, ich fühle mich hier sehr wohl"

Dass er nach Deutschland wollte, war für Sakhidad von Beginn seiner Flucht an klar, ein gutes Jahr ist er nun hier. „Deutschland ist ein großes, ein fortschrittliches Land“, sagt er zur Begründung. Haben sich seine Erwartungen bestätigt? „Es ist genau so, wie ich es mir vorgestellt habe“, sagt er und lächelt. Besonders begeistert ist er von Potsdam. „Die Stadt ist so sauber und ruhig, ich fühle mich hier sehr wohl.“ Ob er schon viel gesehen hat? „Alles“, sagt er. „Zumindest alles, wo man mit der Straßenbahn hinkommt.“ Das Schönste? „Sanssouci!“, sagt Sakhidad.

Jetzt ist sein Ziel, möglichst schnell Deutsch zu lernen, damit er arbeiten kann. Was, sei ihm egal, sagt Sakhidad. In seiner Heimat hat er schon alle möglichen Jobs gemacht: Lkw-Fahrer, Tischler, Fliesenleger, Landwirt ... Doch für all das braucht er die deutsche Sprache, weiß Sakhidad, und so kommt er auch auf seinen Wunsch zu sprechen: Er würde sich am meisten über einen Menschen freuen, der ihm ein wenig Zeit schenkt und mit ihm Deutsch übt. Denn er hat sehr schlechte Augen, kann kaum lesen oder schriftliche Übungen machen. Wenn sich aber jemand fände, der mit ihm Deutsch spräche, könnte er die Sprache lernen, glaubt Sakhidad.

Nachtrag der Redaktion: Liebe Leser, wir sind beeindruckt von Ihrer Großzügigkeit. Über 50 Menschen haben sich in den vergangenen Wochen in der Redaktion gemeldet und wollten einen der Wünsche erfüllen. Alle Geschenke konnten mittlerweile eingesammelt und an die Vorgestellten übergeben werden - und noch vieles darüber hinaus. Wer weiterhin etwas für Flüchtlinge spenden möchte, kann sich jederzeit an die zentrale Spendensammelstelle der Stadt in der Drewitzer Slatan-Dudow-Straße wenden oder sein Angebot beim Spendenportal helpto.de einstellen. Helfende Hände werden auch bei vielen Potsdamer Initiativen gebraucht, etwa beim Verein "Hand in Hand" oder der Flüchtlingshilfe Babelsberg.


Lesen Sie weiter:

Nur nicht zurück 

Fatemeh Hosseini und Matin Madari sind schon ihr ganzes Leben auf der Flucht – erst aus Afghanistan, dann aus dem Iran. Einen Wunsch haben sie uns nicht verraten. Eine Idee für ein Geschenk hat sich dennoch ergeben >>

Mehr als die ganze Welt 

Nazir arbeitete als Dolmetscher für ausländische Truppen in Afghanistan. Dann trieben ihn die Taliban zur Flucht nach Potsdam. Jetzt hat er nur zwei Wünsche: Seine Familie wiedersehen – und einen Laptop zum Deutsch lernen >>

Licht für die Nacht 

Hassan Almustafa und Manal Alhamwiah sind mit ihren Töchtern aus Syrien geflohen - vor dem Krieg, vor der Armee und Kämpfern, die Männer einfach mitnehmen. Sie sind froh, jetzt in Sicherheit zu sein. In der PNN-Aktion "Potsdam schenkt" sagen sie, was sie sich für ihre drei Töchter wünschen >>

Ein Leben lang Flucht 

Saliye und ihre sieben Kinder flohen vor den Taliban aus Afghanistan – erst in den Iran und dann nach Potsdam. Jetzt sitzt die alleinerziehende Mutter in ihrer Unterkunft in Potsdam – und wünscht sich einen Besuch im Kosmetik >>

Ein Ausflug ins Bad 

Jakcha und ihre drei Töchter sind aus Tschetschenien geflohen, vor dem Krieg und vor dem tyrannischen Vater der Mädchen. Sie wünschen sich Sicherheit – und einen Tag im Schwimmbad >>

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false