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In Sicherheit.

© Andreas Klaer/PNN

PNN-Aktion: Potsdam schenkt: Ein Ausflug ins Bad

Jakcha und ihre drei Töchter sind aus Tschetschenien geflohen, vor dem Krieg und vor dem tyrannischen Vater der Mädchen. Sie wünschen sich Sicherheit – und einen Tag im Schwimmbad.

Von Katharina Wiechers

Geben bringt Segen: Zur Weihnachtszeit den Nächsten helfen – das wollen wir, die Potsdamer Neuesten Nachrichten, gemeinsam mit Ihnen, unseren Lesern. Mehr als 2000 Flüchtlinge sind in den vergangenen zwei Jahren in Potsdam aufgenommen worden. Fast alle haben ihre Heimat verlassen, um Gewalt und Krieg zu entkommen. Mit dem Nötigsten sind sie versorgt. Doch vieles andere zum Leben und Ankommen fehlt. Wir haben Menschen in der Flüchtlingsunterkunft Am Brauhausberg gefragt, was ihnen eine Freude machen würde – und bitten Sie, liebe Leser, um Ihre Mithilfe, einen Weihnachtswunsch zu erfüllen.

Tamiva kann sich noch gut erinnern, wie schlimm es war, wenn Papa wieder wütend wurde. „Er hat Mama geschlagen und wir konnten nichts tun“, sagt die Zehnjährige. „Und einmal hat er uns sogar aus der Wohnung geworfen. Wir haben eine Nacht auf der Straße geschlafen.“ Mit wir meint Tamiva sich, ihre Mutter und die Zwillingsschwestern Albina und Ramina, sieben Jahre alt. Die drei Schwestern sitzen eng um ihre Mutter Jakcha herum, die schrecklichen Ereignisse der vergangenen Jahre scheinen die vier regelrecht zusammengeschweißt zu haben.

Im Exil wurde der Vater zum Tyrann

Ursprünglich kommen sie aus Tschetschenien, doch wegen des sogenannten Zweiten Tschetschenienkrieges floh die Familie 2008 nach Russland: Jakcha, ihr Mann, die kleine Tamiva – die Zwillinge waren damals noch unterwegs. Doch im Exil wurde der Vater immer mehr zum Tyrann, schlug Frau und Kinder, verbot alles Mögliche. „Er war nicht einverstanden damit, dass ich kein Kopftuch tragen und ein modernes Leben leben wollte“, sagt Jakcha. „Wie ein Vampir hat er meine Energie ausgesaugt, jeden Tag.“ Eine Trennung kam nicht in Frage, denn dann hätte er die Kinder behalten, sagt Jakcha.

Irgendwann hatte sie eine Idee: Sie bat ihren Mann, ihre Mutter gemeinsam mit den Kindern in Tschetschenien besuchen zu dürfen – seit dem Krieg hatte sie sie nicht mehr gesehen. Er stimmte zu, die vier reisten ab. „Wahrscheinlich hat er schon geahnt, dass wir nicht wieder zurückkommen wollten“, sagt Jakcha heute. Jeden Tag habe er bis zu 20 Mal auf ihrem Handy angerufen, um zu hören, was sie machten. Nach Tschetschenien waren die vier tatsächlich gereist, aber vor allem deshalb, um Papiere für ihre Flucht zu organisieren. Alle wichtigen Dokumente hatte der Mann bei sich, und Jakcha versuchte, so viele Papiere wie möglich bei den Behörden in der Heimat zu beschaffen. Dann setzte sie sich ab, zunächst nach Polen, dann nach Deutschland.

In Potsdam kann Jakcha zum ersten Mal seit Jahren wieder durchatmen

Seit sieben Monaten sind Jakcha, Tamiva, Albina und Ramina nun in Potsdam. „Zum ersten Mal seit Jahren kann ich hier durchatmen“, sagt die 48-Jährige und ihr kommen die Tränen. Erstmals fühle sie sich wieder sicher, habe keine Angst mehr, dass sie geschlagen wird, dass ihr die Kinder von einem Tag auf den anderen weggenommen werden könnten. Das liege vor allem an den netten Menschen, die sie in der Unterkunft auf dem Brauhausberg kennengelernt habe: Marcel, der Sozialarbeiter, Babuschka, die mit den Kindern Musik mache, die freundlichen Herren von der Security.

Einen Wunsch? Klar, Jakcha hat einen, einen großen: Sie will in Deutschland bleiben, sie hofft, dass über ihren Asylantrag positiv entschieden wird, ihre Kinder hier eine Chance bekommen. Und sonst? Jakcha schüttelt den Kopf. Sonst nichts.

Babuschka hat eine Idee, sie ist die gute Seele in der Unterkunft, nicht nur wegen der Musik, die sie mit den Kindern macht. Alle kennen sie, und heute ist sie für Jakcha und die Kinder zum Übersetzen da. „Wir wollten doch mal alle zusammen ins Schwimmbad drüben gehen“, sagt sie zu Jakcha und den Mädchen. „Dafür wäre eine Familienkarte doch toll. Oder?“ Jakcha nickt. „Ja, das wäre schön.“

Nachtrag der Redaktion: Liebe Leser, wir sind beeindruckt von Ihrer Großzügigkeit. Über 50 Menschen haben sich in den vergangenen Wochen in der Redaktion gemeldet und wollten einen der Wünsche erfüllen. Alle Geschenke konnten mittlerweile eingesammelt und an die Vorgestellten übergeben werden - und noch vieles darüber hinaus. Wer weiterhin etwas für Flüchtlinge spenden möchte, kann sich jederzeit an die zentrale Spendensammelstelle der Stadt in der Drewitzer Slatan-Dudow-Straße wenden oder sein Angebot beim Spendenportal helpto.de einstellen. Helfende Hände werden auch bei vielen Potsdamer Initiativen gebraucht, etwa beim Verein "Hand in Hand" oder der Flüchtlingshilfe Babelsberg.

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