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Ein Leben als Flüchtling. Fatemeh Hosseini und Matin Madari mit ihren Töchtern Mahia (l.) und Marta.

© Andreas Klaer

PNN-Aktion: Potsdam schenkt: Nur nicht zurück

Fatemeh Hosseini und Matin Madari sind schon ihr ganzes Leben auf der Flucht – erst aus Afghanistan, dann aus dem Iran. Einen Wunsch haben sie uns nicht verraten. Eine Idee für ein Geschenk hat sich dennoch ergeben.

Von Katharina Wiechers

Geben bringt Segen: Zur Weihnachtszeit den Nächsten helfen – das wollen wir, die Potsdamer Neuesten Nachrichten, gemeinsam mit Ihnen, unseren Lesern. Mehr als 2000 Flüchtlinge sind in den vergangenen zwei Jahren in Potsdam aufgenommen worden. Fast alle haben ihre Heimat verlassen, um Gewalt und Krieg zu entkommen. Mit dem Nötigsten sind sie versorgt. Doch vieles andere zum Leben und Ankommen fehlt. Wir haben Menschen in der Flüchtlingsunterkunft Am Brauhausberg gefragt, was ihnen eine Freude machen würde – und bitten Sie, liebe Leser, um Ihre Mithilfe, einen Weihnachtswunsch zu erfüllen.

Eigentlich könnte man sagen, Fatemeh Hosseini und Matin Madari sind schon ihr ganzes Leben auf Flucht. Bereits als Kinder waren sie jeweils mit ihren Familien aus Afghanistan geflohen, vor dem Krieg, vor den Taliban und weil sie Hazara sind – also Angehörige jener Volksgruppe, die in Afghanistan seit Jahrzehnten diskriminiert und teilweise auch verfolgt wird. Die Familie der heute 25-jährigen Fatemeh kommt aus Bamiyan, jene des vier Jahre älteren Matin aus Daikondi, beides Hazara-Hochburgen. „Unsere Familien sind mit uns in den Iran geflohen. Sie dachten, dass es ihnen dort besser gehen wird, Sprache und Kultur sind auch sehr ähnlich“, sagt Matin. Doch die Realität sah anders aus: „Afghanische Flüchtlinge haben im Iran keinen guten Stand, sie dürfen nicht arbeiten und die Kinder gar nicht oder nur wenige Jahre auf die Schule gehen.“ Fatemeh nickt. Sie habe zum Beispiel nur bis zur neunten Klasse den Unterricht besuchen dürfen, erzählt sie.

Eine bessere Zukunft für die Töchter in Europa

Ein Paar sind die beiden, seit sie 17 und er 21 Jahre alt waren – die afghanischen Flüchtlingsfamilien hatten sich im iranischen Exil kennengelernt. Matin hielt um Fatemehs Hand an – doch zugestimmt hat nicht sie, sondern die Eltern. „Solche Entscheidungen treffen die Familien“, sagt Matin etwas unsicher. 2015 entschied das junge Ehepaar sich, nach Europa zu fliehen, um seinen Töchtern eine bessere Zukunft zu bieten – Mahia ist jetzt eineinhalb, Marta sieben. Schweden sollte es sein, dort lebte bereits Matins Bruder. Vom Iran reisten sie in die Türkei, von dort ging es mit einem Schmuggler nach Griechenland. Irgendwie schafften sie es dann über die sogenannte Balkanroute nach Norden, ohne Englischkenntnisse waren sie oft orientierungslos. „Wir wussten oft gar nicht, in welchem Land wir sind“, erinnert sich Fatemeh.

Tatsächlich landeten sie irgendwann in Schweden, doch es sollte für die Familie nur eine weitere Zwischenstation sein: Weil sie auf der Durchreise in Deutschland registriert wurden, wurden sie nach einem halben Jahr wieder hierhin zurückgeschickt. Über mehrere Stationen landeten sie in Potsdam, doch in Sicherheit fühlen sie sich noch immer nicht. „Wir warten noch auf die Antwort von der Asylbehörde“, sagt Fatemeh. Sie hat große Angst, dass sie und ihre Familie wieder abgeschoben werden. Denn dann müsste sie nach Afghanistan zurück, meint die junge Frau. „Das ist ein schreckliches Land. Frauen haben keine Rechte, die Regierung ist korrupt, das ganze Land brodelt wie ein Vulkan.“ Vor allem die Sorge um ihre Töchter ist es, die Fatemeh ganz augenscheinlich schaudern lässt. „Kinder sind dort nicht sicher. Auf dem Weg zur Schule können sie entführt oder vergewaltigt werden. Allein das zu erzählen, schmerzt mein Herz.“

Größter Wunsch: In Deutschland zu bleiben

Ihr größter Wunsch ist es also, in Deutschland bleiben zu können, in Ruhe und Sicherheit. Und eine Kleinigkeit, zu Weihnachten? Fatemeh und Matin will partout nichts einfallen, nicht einmal für die beiden Töchter. Auch die siebenjährige Marta vergräbt nur schüchtern den Kopf an der Schulter ihrer Mutter, nichts traut sie sich den Fremden zu sagen. Erst als sie nach ihren Lieblingstieren gefragt wird, sagt sie ein Wort: Pferde. Mehr nicht.

Hinweis der Redaktion: Liebe Leser, wir sind beeindruckt von Ihrer Großzügigkeit. Über 50 Menschen haben sich in den vergangenen Wochen in der Redaktion gemeldet und wollten einen der Wünsche erfüllen. Alle Geschenke konnten mittlerweile eingesammelt und an die Vorgestellten übergeben werden - und noch vieles darüber hinaus. Wer weiterhin etwas für Flüchtlinge spenden möchte, kann sich jederzeit an die zentrale Spendensammelstelle der Stadt in der Drewitzer Slatan-Dudow-Straße wenden oder sein Angebot beim Spendenportal helpto.de einstellen. Helfende Hände werden auch bei vielen Potsdamer Initiativen gebraucht, etwa beim Verein "Hand in Hand" oder der Flüchtlingshilfe Babelsberg.

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