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Zu Unrecht zum Kinderbuch verharmlost - obwohl es, auch, eines der wunderbarsten Kinderbücher, ein Reisebuch in fantastische Länder ist -, darf man in Jonathan Swifts 1726 erschienenem vierteiligen Roman "Gullivers Reisen" die gewaltigste Satire auf die Menschheit und das Menschsein sehen. Eine Satire auf die physischen und gesellschaftlichen Konditionen des Menschen, der sich in den Reisen des Kapitäns Gulliver auf viererlei Weise geprügelt sieht: zum Zwerg verkleinert in seiner hybriden notorischen Eitelkeit; zum Riesen vergrößert wegen seiner plumpen, ja ekligen Beschaffenheit und seines klobigen Wesens; zum Gelehrten verzerrt, dessen Weltfremdheit die vorgebliche Klugheit zu Narretei entstellt; und schließlich zum Tier verfremdet, dem die edlen Pferde an Menschentum, Sauberkeit und Würde unendlich überlegen sind.

Unsterblichkeit als "holder Jüngling sanft und schön" ist dem Menschen nicht gegeben. Peter Schreiers Tamino hat dennoch bis zu seinem Bühnenabschied etwas von der Wesenswahrheit der Rolle bewahrt, das in der Erinnerung Bestand haben wird: Es hat mit der Kindheit im Dresdner Kreuzchor, erworbener Stilsicherheit, dem Typus des strebenden, sagenden Sängers, dem Timbre aus Jugend und Weisheit, dem Humanitätsbegriff des Märchenstücks zu tun.

Von Sybill Mahlke

Das Chansonbüchlein des spätmittelalterlichen Komponisten Matteo da Perugia war aufgrund seiner verrätselten Notation lange Zeit ein Rätsel. Jetzt hat der argentinische Musikwissenschaftler Pedro Memelsdorff Matteos Notensprache entschlüsselt und das Ergebnis mit seinem Ensemble Mala Punica eingespielt: Das Resultat ist ein faszinierendes Zeugnis spätgotisch überfeinerter Musik voller graziöser Liebesmelancholie und erotischer Vieldeutigkeit.