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Die Fraktion Die Andere mit den scheidenden Stadtverordneten Falk Richter, Laura Kapp, Denny Menzel, Sven Brödno, André Tomczak und Sara Krieg (v.l.).

© Die Andere

Fraktion Die Andere rotiert und zieht Bilanz: Massive Kritik an Stadt und Koalition

Die Fraktionsmitglieder werden nach einem Jahr ausgetauscht und ziehen Bilanz. In der Kritik schwingt viel Enttäuschung über die Rathauskooperation mit.

Die Fraktion Die Andere zieht zur Sommerpause Bilanz zu einem Jahr in der Stadtverordnetenversammlung. Zu deren nächster Sitzung am 6. September wird die Fraktion neu besetzt. Ende August sollen die neuen Fraktionsmitglieder vorgestellt werden, sagte Fraktionsgeschäftsführer Lutz Boede.

Traditionell rotieren die sechs Mitglieder nach einem Jahr. Vor dem Wechsel ziehen Laura Kapp, Sara Krieg, Falk Richter, Denny Menzel, Sven Brödno, und André Tomczak Bilanz und üben dabei zum Teil scharfe Kritik an der Verwaltung und der Rathauskooperation aus SPD, Linken und Grünen.

 Bei Themen wie Klimaschutz, bezahlbares Wohnen und Angebote für Jugendliche hat der Oberbürgermeister noch nicht einmal den Ernst der Situation erkannt.

Fraktion Die Andere in ihrer Jahresbilanz.

Die Koalition habe „veraltete Strukturen stabilisiert und die überfälligen Veränderungsprozesse“ gebremst, heißt es in der schriftlichen Bilanz, die auf der Homepage der Fraktion nachzulesen ist. Gleich im ersten Satz der Bilanz heißt es: „Bei Themen wie Klimaschutz, bezahlbares Wohnen und Angebote für Jugendliche hat der Oberbürgermeister noch nicht einmal den Ernst der Situation erkannt.“

Enttäuscht sind die scheidenden Fraktionsmitglieder, dass sie sich mit vielen eigenen Anträgen nicht durchsetzen konnten oder Anträge in Prüfaufträge umgewandelt wurden. So erging es dem Beschluss zur Sonntagsöffnung der Stadt- und Landesbibliothek. Die Öffnung an Sonntagen ab 2025 wird zuerst lediglich geprüft. Auch die vom Bauausschuss zunächst beschlossene Ausweisung des kompletten Holländischen Viertels als Fußgängerzone wird lediglich geprüft.

Kritisiert wird die Entwicklung von Krampnitz. Statt einer kleinteiligen Entwicklung und der Schaffung bezahlbaren Wohnraums in kommunalem Eigentum seien die Flächen an Höchstgebote gewinnorientierter Wohnungsunternehmen gegangen. Für den Rahmenplan Golm fordert Die Andere die Freihaltung eines 150 Meter breiten Korridors zur Waldkante als Frischluftschneise und zur Minderung der Versiegelung. Die Stadtverwaltung lehnt das bislang ab und sieht durch die Forderung den gesamten Rahmenplan gefährdet.

Faire Bezahlung im Klinikum noch nicht umgesetzt

Bemängelt wird weiterhin, dass zahlreiche Prüfaufträge durch die Verwaltung noch nicht erledigt worden seien. Dies betreffe beispielsweise die Überprüfung von Orten in der Stadt, die im Zusammenhang mit der deutschen Kolonialgeschichte stehen. Kritisiert wird auch eine „lückenhafte“ Umsetzung des erfolgreichen Bürgerbegehrens für faire Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen in der Klinikgruppe „Ernst von Bergmann“.

Enttäuscht zeigt sich Die Andere vom Beschluss zum eintrittsfreien Volkspark. Der Antrag der Fraktion hatte überraschenderweise eine Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung gefunden, sei aber „monatelang“ nicht umgesetzt worden und solle jetzt durch SPD und Grüne wieder kassiert werden. Überhaupt, so die mehrfach geäußerte Kritik, würden wiederholt Anträge von der Rathauskooperation als „durch Verwaltungshandeln erledigt“ abgetan, ohne dass es tatsächlich zur Erledigung gekommen sei.

Für die Planung zur Fortführung des Stadtkanals gibt es im Haushalt vorerst keine Mittel.
Für die Planung zur Fortführung des Stadtkanals gibt es im Haushalt vorerst keine Mittel.

© Manfred Thomas

Immerhin verbucht die Fraktion auch Erfolge für sich. So sei das Personal in der Einbürgerungsbehörde auf Antrag der Anderen aufgestockt worden, um die Bearbeitungszeiten von Anträgen auf künftig sechs Monate zu begrenzen. Indirekt zum Erfolg führte der Antrag zum Stadtkanal. Im Doppelhaushalt 2023/24 sollte kein Geld für eine Voruntersuchung bereitgestellt werden. Das fand zwar keine Mehrheit. Wegen der notwendigen Kürzungen im Etat wurden die Mittel für den Stadtkanal dennoch gestrichen.

Am Schulstandort Waldstadt entstehe auf Vorschlag der Fraktion ein Schulzentrum mit Inklusionsklassen statt einer Förderschule. Zudem habe Die Andere dazu beigetragen, dass durch Umplanungen beim Sportplatzbau vier Hektar Wald gesichert werden.

Erwähnt wird am Ende der Bilanz schließlich, dass ein Antrag zur Distanzierung von Aussagen des Stadtverordnetenvorsitzenden Pete Heuer (SPD) keine Mehrheit fand - „bezeichnenderweise auch mit Stimmen der Fraktion der Grünen“, heißt es. Heuer vergreife sich nicht nur in den sozialen Netzwerken „mitunter im Ton“. In einer öffentlichen Sitzung des Bauausschusses hatte Heuer das von Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber mitbegründete „Bauhaus Erde“ als „Briefkastenfirma“ bezeichnet, was folgenlos blieb.

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