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 Auf diesem von der Nationalen Polizei der Ukraine via AP zur Verfügung gestellten Foto bedeckt ein Mann eine Leiche nach einem russischen Angriff in Tschernihiw.

© dpa/---

Update

Sieben Tote und 144 Verletzte: Selenskyj kündigt „spürbare Antwort“ auf Anschlag in Tschernihiw an

Bei einem russischen Angriff auf die Stadt Tschernihiw wurden Dutzende Ukrainer verletzt. Es gab auch Tote, darunter ein Kind. Offenbar fand in dem getroffenen Theater eine Drohnenausstellung statt.

| Update:

In der Stadt Tschernihiw traf eine russische Rakete am Samstag das Schewtschenko-Theater im Zentrum der Stadt und tötete offiziellen Angaben zufolge dabei sieben Menschen. 144 weitere Personen wurden dabei verletzt. Durch den Angriff sei auch eine polytechnische Universität getroffen worden, teilte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf Telegram mit.

Selenskyj teilte ein Video, das die Zerstörung nach dem Beschuss zeigt und schrieb dazu: „So ist es, wenn dein Nachbar ein Terrorstaat ist.“ Russland hätte einen „gewöhnlichen Samstag“ zu einem Tag des Schmerzes und Verlustes verwandelt.

Nach dem tödlichen russischen Raketenangriff kündigte Selenskyj zudem eine entschlossene Reaktion an. „Unsere Soldaten werden Russland eine Antwort auf diesen Terroranschlag geben - eine spürbare Antwort“, sagte er am Samstag.

Die Vereinten Nationen verurteilten den Raketenangriff am Samstag. „Es ist abscheulich, den Hauptplatz einer großen Stadt am Morgen anzugreifen, während die Menschen spazieren gehen, einige in die Kirche gehen, um einen religiösen Tag für viele Ukrainer zu feiern“, erklärte die humanitäre UN-Koordinatorin für die Ukraine, Denise Brown. Am Samstag wurde in der Ukraine nach orthodoxer Tradition das „Apfelfest des Erlösers“ gefeiert.

Dem Bürgermeister der Stadt, Oleksandr Lomako, zufolge ist unter den sieben Toten auch ein siebenjähriges Mädchen.

Drohnenausstellung im Theater während Beschusses

Offenbar fand in dem Theater zu dem Zeitpunkt des Beschusses eine Ausstellung ukrainischer Drohnen von der Freiwilligenorganisation „Victory Drones“ statt. Das berichtet die ukrainische Nachrichtenagentur „Unian“. 

Öffentliche Veranstaltungen sind immer ein Risiko und eine Lotterie.

Hanna Maljar, stellvertretende Verteidigungsministerin der Ukraine

„Victory Drones“ gehört zu den drei größten freiwilligen Organisationen in der Ukraine, die sich mit dem spendenfinanzierten Kauf von Drohnen befasst. Einer Einladung, die von ukrainischen Medien veröffentlicht wurde, zufolge begann die Ausstellung am Samstag um zehn Uhr. 

Darin heißt es, sie finde „in einer sicheren Stadt statt“. Aus Sicherheitsgründen wurde der Ort der Veranstaltung erst vier Stunden vor Beginn bekanntgegeben.

Nachdem bekannt wurde, dass in dem Theater die Drohnenausstellung stattfand, äußerte sich die Stadtverwaltung Tschernihiws auf Telegram und teilte mit, die Veranstaltung sei nicht mit den städtischen Behörden abgesprochen gewesen. „Es wurden keine Genehmigungen erteilt.“ 

Ausstellungsorganisatorin meldet sich zu Wort

Die Mitorganisatorin der Ausstellung, Aktivistin Maria Berlinska, schrieb auf Facebook, dass die Ausstellung zwar nicht mit der Stadtverwaltung abgesprochen, aber von der regionalen Militärverwaltung genehmigt war. Die Ausstellung beschrieb sie als „geschlossenes Treffen von Ingenieuren, des Militärs und Freiwilligen“. Der genaue Standort der Ausstellung sei nur registrierten Teilnehmer:innen mitgeteilt worden, so Berlinska.

Sobald der Luftalarm ausgelöst worden war, sei die Veranstaltung abgebrochen worden und die Teilnehmer seien mehrfach aufgefordert worden, sich in Sicherheit zu begeben. „Leider gingen einige Leute trotzdem nach draußen. Alle, die den Schutzraum aufgesucht haben, waren in Sicherheit. Ich persönlich habe eine Minute vor dem Einschlag den Bunker betreten“, heißt es in ihrem Post.

Die stellvertretende Verteidigungsministerin, Hanna Maljar, äußerte sich derweil indirekt zu dem russischen Angriff: „Öffentliche Veranstaltungen sind immer ein Risiko und eine Lotterie, unabhängig davon, ob Informationen über sie veröffentlicht werden oder nicht.“ Kein Ort in der Ukraine sei sicher, nur Luftschutzbunker seien das, schrieb Maljar auf Telegram.

„Rauch, Schreie, die Menschen rannten, weinten, stöhnten“

Dem Chef der Militärverwaltung Tschernihiws, Wjatscheslaw Tschaus, zufolge soll es sich bei dem Geschoss um eine ballistische Rakete gehandelt haben. Unabhängig bestätigt wurde diese Information allerdings noch nicht. Einsatzkräfte arbeiteten vor Ort.

Auf einschlägigen Telegram-Kanälen verbreitete sich derweil ein Video, das offenbar den Moment des Raketeneinschlags im Theater zeigt. Darauf ist eine Frau zu sehen, die mit Obstkorb für ein Video posiert, während im Hintergrund plötzlich eine massive Explosion ausbricht. Das Video wurde vielfach in den Sozialen Medien geteilt.

Weitere Videos auf Telegram und Twitter zeigten Straßenzüge voller Trümmer und Verletzte sowie mutmaßlich Tote, die am Boden lagen. Eine Augenzeugin schilderte der Nachrichtenagentur AFP die Lage nach dem Einschlag so: „Es gab Rauch, Schreie, die Menschen rannten, weinten, stöhnten. Wir sind zum Schutzraum gerannt, als alles passierte, und haben uns dort hingesetzt“, sagte die 24-jährige Barkeeperin Iryna. „Ich stehe immer noch ein wenig unter Schock, denn sowas ist schon lange nicht mehr passiert.“

Zuvor war in sieben Oblasten in der Ukraine der Luftalarm ausgelöst worden. Darunter waren neben der Region Tschernihiw auch die Regionen Sumy, Poltawa und Kiew Oblast.

Tschernihiw liegt rund 150 Kilometer nördlich von Kiew in Richtung der Grenze zum mit Russland verbündeten Belarus. Russische Streitkräfte waren zu Beginn der Invasion im Februar 2022 durch Tschernihiw marschiert und wurden dann von ukrainischen Kräften zurückgedrängt.

Anders als der Osten und der Süden blieb der Norden der Ukraine seitdem weitgehend von heftigen Kämpfen verschont. Der Angriff auf Tschernihiw erfolgte kurz nachdem der Kreml ein Treffen des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Südrussland mit für die russische Militäroffensive in der Ukraine zuständigen Generälen bekanntgegeben hatte. (mit AFP)

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