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Potsdamer Asylheim: Schimmel in der Vorzeigeunterkunft

In der Potsdamer Flüchtlingsunterkunft an den Kopfweiden schimmelt es, sodass drei Appartements unbewohnbar sind und geräumt werden mussten. Unter den Betroffenen waren auch Familien mit kleinen Kindern.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Einst wurde es als eine Art Vorzeigeunterkunft gefeiert, das neu errichtete Asylbewerberheim an den Kopfweiden. „So stellt sich Potsdam eine Flüchtlingsunterkunft vor“, hatte die damalige Sozialdezernentin Elona Müller- Preinesberger (parteilos) bei der Eröffnung vor gut einem Jahr sogar gesagt. Doch jetzt erweist sich der Bau, der vor allem wegen der kleinen Appartements mit eigenem Bad und den hellen Räumen gelobt wurde, als Problemfall: In mindestens fünf Flüchtlingswohnungen schimmelt es, und das teils so massiv, dass die Bewohner ausziehen mussten.

Flüchtlinge klagten über Schimmel in den Wohnungen - nichts passierte

Obwohl mehrere Flüchtlinge schon länger über Schimmel in den Wohnungen geklagt hatten, sah der Träger, der Internationale Bund, offenbar keine Notwendigkeit zum Handeln. So wurde im Fall einer Familie mit einem Kleinkind erst dann der Umzug in ein anderes Appartement angeboten, nachdem die PNN wegen des Schimmelbefalls angefragt hatten.

Eine ehrenamtliche Helferin hatte sich in der Redaktion gemeldet und von dem Fall berichtet. Weil die PNN daraufhin bei der Stadt nachfragten, schickte das Rathaus Anfang der Woche Mitarbeiter des Sozial- und des Gesundheitsamtes in die Unterkunft. Dort bestätigte sich der Eindruck, den die Helferin geschildert hatte: In drei Appartements schimmelt es so stark, dass diese vorübergehend nicht bewohnbar sind, in zwei weiteren befand sich der Schimmelbefall noch im Anfangsstadium, so dass der Schaden schnell habe beseitigt werden können, so Stadtsprecher Jan Brunzlow. Im Fall der Familie mit dem Kleinkind habe der Träger leider nicht von sich aus gehandelt, sagte er. In einem anderen Fall sei die Wohnung aber bereits leer gewesen. Die Verlegung in andere Zimmer sei kein Problem gewesen, weil die Unterkunft nicht voll belegt sei. Insgesamt liegt die Auslastung der Potsdamer Asylheime bei rund 80 Prozent.

Letztlich musste die Familie noch Schelte dafür einstecken, weil sie sich beschwert hatte

Bei dem bereits leergezogenen Appartement handelt es sich wahrscheinlich um die Wohnung der syrischen Familie, die von der ehrenamtlichen Helferin betreut wird. Sie hatten mit einem wenige Wochen alten Säugling dort gelebt. Zuletzt hatten sie sogar die Matratzen vor die Küchenzeile gelegt und dort geschlafen, um das am stärksten vom Schimmel befallene Schlafzimmer zu meiden. Die Familie habe sich schon vor längerer Zeit an die Heimleitung gewandt und von dem Schimmelbefall berichtet, so die Ehrenamtliche gegenüber den PNN. Dort habe man sie abblitzen lassen und gesagt, man könne gegen den Schimmel nichts machen. Letztlich musste die Familie sogar noch Schelte dafür einstecken, dass sie sich beschwert hatte. Denn die Heimleitung erkannte offenbar auf den Fotos, die die Ehrenamtliche den PNN und diese wiederum der Stadt geschickt hatte, das Zimmer der Familie und stellte sie zu Rede. Dass die Helferin und nicht die Familie selbst die Fotos gemacht hatte, war für die Heimleitung offenbar unerheblich. Die syrische Familie muss aber glücklicherweise nicht mehr mit Nachteilen rechnen: Zwischen den Jahren konnte sie eine eigene Wohnung in Potsdam umziehen – das dürfte auch die Erklärung dafür sein, warum das Appartement bei der Begehung durch die Stadtvertreter leer war.

Errichtet hatte das Haus das Babelsberger Baustoffunternehmen „Brun und Böhm“, das bis heute Eigentümer und Vermieter ist. Das Unternehmen sei über den Schimmelbefall informiert worden, so Stadtsprecher Brunzlow. Möglicherweise müsse nun ein Gutachten angefertigt werden, um der Ursache auf den Grund zu gehen. Möglich seien Baumängel oder auch falsche Belüftung durch die Bewohner.

Stadt Potsdam will nun alle Unterkünfte untersuchen lassen

Als Konsequenz aus dem Fall will die Stadt nun alle Unterkünfte überprüfen lassen – offenbar will man die Verantwortung dafür, dass die Flüchtlinge angemessen untergebracht sind, nun nicht mehr allein den Trägern überlassen. In Potsdam gibt es derzeit 13 Unterkünfte, von denen sieben der Internationale Bund betreibt. Neben jener an den Kopfweiden sind das die Einrichtungen in der Dortustraße, in der David-Gilly-Straße, in der Zeppelinstraße, an der Pirschheide, in Groß Glienicke sowie der Wohnungsverbund in der Grotrianstraße. Für vier der Unterkünfte wird die Trägerschaft derzeit neu ausgeschrieben, weil die Verträge befristet waren und auslaufen. Die Einrichtung an den Kopfweiden ist nicht darunter.

Der Internationale Bund ist seit dem massiven Ansteigen der Flüchtlingszahlen zu einem der wichtigsten Sozialträger in Potsdam aufgestiegen und hat sich durch die Übernahme zahlreicher Trägerschaften bei Unterkünften massiv vergrößert. Viel Lob hatte der Träger für das mittlerweile beendete Pilotprojekt in der Haeckelstraße bekommen, wo erstmals Flüchtlinge mit Potsdamern Tür an Tür in einem Mietshaus lebten. Allerdings gab es auch in der Vergangenheit schon Kritik. Zuletzt etwa hatte eine Regelung in der Unterkunft an der Pirschheide für Ärger gesorgt, wonach Besucher ihren Ausweis hinterlegen mussten. Zu dem aktuellen Fall wollte sich der Internationale Bund auf PNN-Anfrage nicht äußern – weder zum Schimmelbefall an sich noch zum Umgang mit den Betroffenen und der Kritik durch die Stadtverwaltung.

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Niemand sollte in einer Schimmel-Wohnung leben. Niemand. Ein Kommentar >>

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