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Neuland. Mit Potsdam oder Defa-Filmen kennt sich Michael Fürst noch nicht so gut aus. Dafür will er auf Teamgeist und vorhandene Expertise am Haus setzen.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Er forschte schon zu Horrorfilmen: Das hat der neue Leiter des Potsdamer Filmmuseums vor

Als Kurator am Schwulen Museum Berlin beschäftigen Michael Fürst queere Themen, in Göttingen baute er ein Museum mit auf. Nun betritt er in mehrfacher Hinsicht Neuland.

Was macht ein zeitgemäßes Museum aus? Spricht man darüber mit dem Mann, der seit wenigen Tagen das Filmmuseum Potsdam leitet, dann kommt man weder an Fröschen im Naturkundemuseum Wien vorbei, noch an dem Horrorklassiker „The Ring“. Die Gemeinsamkeit, die Michael Fürst in beiden sieht: Sie sind Grenzgänger. Der Modellfrosch beeindruckte ihn, weil er halb in der Vitrine saß, halb aus ihr ausbrach. Ähnlich wie das Monster in „The Ring“: Es klettert aus einem Fernseher heraus.

Michael Fürst mag Medien, die ihre eigene Beschaffenheit thematisieren. Aber er ist auch jemand, der abwägt. „Über das Frosch-Phänomen denke ich noch nach. Es kann auch schnell platt werden“, sagt er beim Gespräch unter dem Dach des Filmmuseums. „Aber wenn wir das Emersive mit dem Reflexiven verknüpfen, dann interessiert mich das sehr.“ Auch an dem Begriff des Emersiven kommt, wer mit Michael Fürst spricht, nicht vorbei. Nicht das Immersive, der Modebegriff, interessiert ihn, das Abtauchen in andere Welten. Sondern die Verbindung ins Hier. Das Auftauchen.

Jetzt freue ich mich, auch in der kuratorischen Arbeit endlich mit dem Gegenstand Film zu tun zu haben.

Michael Fürst, neuer Leiter des Filmmuseums Potsdam

Als vor drei Monaten bekannt wurde, dass Michael Fürst die Gesamtleitung am Filmmuseum übernimmt, konnte das überraschen. Auf das Leitungsduo aus Christine Handke und Ilka Brombach, beide mit viel Erfahrung in Sachen Film und Defa-Geschichte, folgte ein Mann aus Göttingen, der zu Filmthemen zwar geforscht, aber als Ausstellungsmacher kaum gearbeitet hat.

Als Kurator beschäftigten ihn vor allem queere Themen am Schwulen Museum Berlin. „Die Arbeit am Schwulen Museum war eine gute Schule“, sagt Fürst. Dort habe er gelernt, wie wichtig es ist, Bedürfnisse und Erfahrungen bestimmter Gruppen ernst zu nehmen. Sensibilisiert zu sein, wie darüber in der Öffentlichkeit gesprochen wird.

Die Defa ist Neuland für ihn

„Das Filmmuseum Potsdam als reines DDR-Museum zu betrachten, wäre mir zu wenig“, sagt Michael Fürst. Mit der Defa verband er bislang vor allem Filme aus Kindertagen, jetzt arbeitet er nach: „Solo Sunny“, „Der geteilte Himmel“, auch Kurt Maetzigs „Der schweigende Stern“, ein Defa-Science-Fiction-Film von 1959. Für Fürst ein Vorläufer von „Alien“.

Auch wenn die Defa Neuland ist: Mit Film beschäftigt hat sich Fürst seit seiner Ausbildung. „Ich habe einen nicht ganz so linearen Weg hinter mir“, sagt er. Zunächst absolviert er ein Lehramtsstudium in Kunst und Germanistik, an der HdK Göttingen entdeckt er Film- und Medienwissenschaften für sich. Sein Examen schreibt er zur „Rocky Horror Picture Show“ und James Whales „Frankenstein“ - aus geschlechterspezifischer Perspektive. Eine Perspektive, die viele seiner Ausstellungen bisher thematisierten. „Jetzt freue ich mich, auch in der kuratorischen Arbeit endlich mit dem Gegenstand Film zu tun zu haben.“

In Göttingen war Fürst an der Neugründung eines Museums beteiligt. Das dortige Museum hat, wie das Filmmuseum, Anbindung an eine Universität. Was die Arbeit auszeichnete, sagt Fürst: Sie geschah nicht „von oben herab“, sondern im Team, oft auch in Kooperation mit den Wissenschaftler:innen der Uni Göttingen. So ähnlich stellt er sich das für Potsdam vor.

„Der Kraftakt des Depotumzugs liegt gerade hinter dem Filmmuseum, jetzt stehen andere Dinge an. Der Sammlungsneubau ist da, aber jetzt geht es darum, das Schaudepot umzusetzen.“ Ende 2024 soll es begehbar sein. Auch eine Baustelle: der Bereich Digitalisierung. „Wir wollen sukzessive die Bestände weiter digitalisieren. Der nächste Schritt ist dann die Frage: Was passiert mit den digitalen Beständen? Wie machen wir die nutzbar?“

Was am meisten zähle, sagt Michael Fürst: „Museum ist etwas mit den Menschen, nicht für sie.“ Auf konkrete Themen will er sich noch nicht festlegen lassen. Nachhaltigkeit interessiert ihn, Diversität. Und gut möglich, dass es auch um Monster am Filmmuseum in Zukunft mal gehen wird.

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