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Immer im Kreis. „The Endless Race“ heißt diese Installation in der Geburtstagsausschau „Unendlich und acht“.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Bereit für die Unendlichkeit: Potsdamer Rechenzentrum wird acht

Kurz vor dem Geburtstag gab es die gute Nachricht: Das Kreativhaus darf bis Anfang 2026 bleiben. Gefeiert wird mit einer Ausstellung zum Thema „Un/endlich“ – und mit frischer Fassade.

Spielerisch, partizipativ, ironiebegabt: Vieles, was die künstlerische Arbeit am Rechenzentrum in den letzten Jahre ausmachte, bringt eine Installation auf den Punkt, die Kristina Tschesch und Christian Fries dem Kreativhaus zum achten Geburtstag schenken. Eine Mini-Rennbahn aus Plastik ist da zu sehen, umringt von Playmobilfiguren. Zwei kleine Schweinchen in Mini-Go-Carts fahren miteinander um die Wette, immer im Kreis. Eins ist mit Insignien der Preußen versehen, das andere mit den Buchstaben „R“ und „Z“. Der Titel der Installation: „The Endless Race“.

Die Installation ist Teil der Ausstellung, mit der das Haus seinen Geburtstag feiert, und sie bringt nicht nur den Geist des Hauses auf den Punkt, sondern auch die Essenz seiner kurzen Geschichte als Kreativort. „So haben wir uns in den vergangenen Jahren eigentlich immer gefühlt“, sagt Tschesch mit Blick auf die Rennbahn. „Gefangen in einer Dauerschleife, in der eigentlich nie jemand gewinnt.“ Immerhin steht nach dem jüngsten Hauptausschuss ein Etappensieg in Aussicht: Das Rechenzentrum soll bis Anfang 2026 bleiben. Zwei Jahre länger als bisher geplant.

„Auf in die Unendlichkeit!“

Die beiden Rennfahrer, das sind die Kreativen im Rechenzentrum und die Mitglieder der Stiftung Garnisonkirche, die nebenan den Turm der Kirche errichten ließ - und sich für den Bau auch des Kirchenschiffes starkmacht. Was bekanntlich nur möglich würde, wenn das Rechenzentrum abgerissen wird. Auch verschiedene Prinzipien laufen also hier um die Wette: Barock oder DDR-Moderne? Kreativraum oder Kirchenraum?

Geburtstagsschick. Die Fassade des Rechenzentrums ist jetzt dezent weiß gehalten.
Geburtstagsschick. Die Fassade des Rechenzentrums ist jetzt dezent weiß gehalten.

© Ottmar Winter PNN

So gesehen war das 2015 im Datenverarbeitungszentrum des VEB Maschinelles Rechnen gegründete Kreativhaus immer mehr als ein Gebäude. „Von Anfang an stand es auch für eine bestimmte, partizipative Form des Arbeitens, des Miteinanders“, sagt Anja Engel, Sprecherin des Rechenzentrums. Und darum, einen kommunal unterstützen Kulturort in der Stadtmitte lebendig zu halten, sich auch mit dem Ort intensiv zu befassen. Konsequent, dass man im Rechenzentrum stets groß dachte. „Der Mensch verlinkt den Kosmos“ hieß die Ausstellung zum siebenten Geburtstag, in Anlehnung an das Mosaik von Fritz Eisel. Nun also: Auf in die Unendlichkeit. Die Ausstellung heißt, inspiriert vom Ewigkeitssymbol, „Un/endlich und acht“.

Aber: „In der Unendlichkeit verbirgt sich ja auch immer die Endlichkeit“, sagt Anja Engel. „Das bilden viele der Arbeiten auch ab.“ Über fünfzig Künstler:innen sind dem Aufruf des Rechenzentrums gefolgt und haben Werke zu Thema „Achtsamkeit“ beigetragen. Einige, wie Kristina Tschesch, sind dem Haus schon sehr lange und in verschiedenen Funktionen verbunden. Andere, wie der Fotograf Göran Gnaudschun, sind erst seit kurzer Zeit mit dabei. Gnaudschun zeigt ein Gewächshaus in der Nähe von El Cocón, Spanien.

Was man sieht: ein wüstenfarbenes Zelt in wüstenhafter Landschaft. „Darunter wachsen die Tomaten, die wir hier in unseren Läden kaufen“, sagt Gnaudschun. Dieser Gegensatz von äußerem Erscheinungsbild und innerem Ertrag hat ihn interessiert. Die Tatsache, dass man nicht immer gleich sieht, welche Ernte an einem Ort eingefahren wird. Auch am Rechenzentrum ist das so: Auch dieses Haus eine Art Gewächshaus, dessen Ernte für viele existenziell ist. Für die, die mit Kunst ihren Lebensunterhalt verdienen, aber auch für die, die ohne Kunst nicht leben wollen.

„Wir kümmern uns“

Thematisch umfasst diese Ausstellung alles, was unter die breiten Flügel des Themas „Achtsamkeit“ passt. Von einem fein gearbeiteten Spitzentuch von Tatyana Malnovskaya, auf das die ukrainische Künstlerin mit spitzem Blau Raketen, Panzer, Explosionen gezeichnet hat - bis zu einer ausdrücklichen Liebeserklärung an das Haus von Sarah Wewer. „UnveRZichtbar“ hat sie ihr Gemälde genannt.

Auch wenn die Stadtverordneten die Entscheidung noch vertagt haben: Wewer und Tschesch sind optimistisch. „Es muss gesehen werden, dass dieser Ort gebraucht wird“, sagen sie. Auch Anja Engel klingt zuversichtlicher als noch vor einem Jahr. „Einen achten Geburtstag werde ich unter diesen Bedingungen nicht mehr organisieren“, sagte sie damals. Jetzt war sie schon vor dem Votum der Stadtverordneten sicher: „Es wird einen neunten und einen zehnten Geburtstag geben.“ Sie hat Recht behalten. Und sagt auch: Wünschenswert sei, wenn schon nicht die Unendlichkeit, zumindest eine gesicherte Nutzung von zehn Jahren. Zeit genug, um das neue Kreativquartier fertig zu stellen und das Nebeneinander zwischen Garnisonkirchturm und Rechenzentrum in Ruhe zu testen.

Um auch denen, die von der Hülle des Rechenzentrums nicht überzeugt sind, zu zeigen, wie das künftig aussehen könnte, wurde dem Geburtstagskind eine neue Außenhaut geschenkt. Ein Wochenlang wurde in Eigeninitiative gemalert, jetzt ist die Fassade dezent weiß. „Um zu zeigen: wir kümmern uns“, sagt Anja Engel. „Wir warten nicht.“

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