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Filmmuseum Potsdam

© Ottmar Winter

Leiterinnen wollen Weg frei machen: Warum sich das Filmmuseum Potsdam neu aufstellt

Die Gesamtleitung ist derzeit neu ausgeschrieben. Werfen Christine Handke und Ilka Brombach hin? Nein, sagen sie: Das Haus braucht einen Neuanfang.

Als vor rund zwei Wochen bekannt wurde, dass nach dem Potsdam Museum nun auch das Filmmuseum Potsdam nach einer neuen Leitung sucht, ließ das aufhorchen. Anderthalb Jahre, nachdem das neue Leitungsteam dem ältesten Filmmuseum Deutschlands einen coronatauglichen 40. Geburtstag ausgerichtet hatte und eindeutig so wirkte, als sei es angetreten, um zu bleiben, war vonseiten der Filmuniversität Babelsberg Anfang Februar zu lesen: Die Leitung des Hauses werde auf Wunsch von Ilka Brombach und Christine Handke neu besetzt. Nanu?

Grund, nachzufragen bei den Frauen, die sich seit 2021 die Museumsleitung teilen. Handke, seit 2002 in verschiedenen Funktionen am Haus, ist künstlerisch-organisatorische Leiterin. Brombach, seit 2020 mit an Bord, ist wissenschaftlich-kuratorische Leiterin. Beide ebenbürtig, das war der Deal. Und nun werfen sie hin?

Die Direktorinnen des Filmmuseum: Ilka Brombach und Christina Handke (v.l.)

© MANFRED THOMAS TSP

Den Weg freimachen

Die kurze Antwort lautet: nein. Nicht hinwerfen wollen sie, sondern den Weg freimachen. So sagen es beide. Keine will dem Filmmuseum den Rücken kehren.

Die lange Antwort ist etwas komplexer. Sie führt zurück bis ins Jahr 2011, seitdem ist das Museum ein Institut der Filmhochschule Babelsberg. Der Leitungsposten ist seitdem an die Professur „Filmforschung und Filmbildung im Museum“ gebunden, die Brombach derzeit innehat. Solange Ursula von Keitz das Haus leitete – von 2014 bis 2020 – lagen Forschung und Museumsleitung in einer Hand.

Das Filmmuseum erinnert mich manchmal an einen Porsche, dem der Treibstoff fehlt.

Ilka Brombach, wissenschaftlich-kuratorische Leiterin des Filmmuseums

Das änderte sich, als von Keitz im Frühjahr 2020 ihren Posten verließ und Christine Handke amtierende Direktorin wurde. Der wissenschaftliche Teil der Aufgabe wurde vakant. Handke war zuvor für die Öffentlichkeitsarbeit und Herstellungsleitung von drittmittelbasierten Ausstellungen des Hauses zuständig – und blieb es weiterhin. „Eine gewaltige Aufgabe“, sagt Christine Handke. Aber der Schulterschluss mit Ilka Brombach, die 2017 das Filmfestival „Moving History“ ins Leben gerufen hatte, kündigte sich bereits an. Gemeinsam mit Brombachs wissenschaftlicher Expertise erschien Handke die Arbeit bezwingbar. Reizvoll sowieso.

Ein Museum Teilzeit leiten?

2021 stieß Brombach als zweiter Teil zum Führungsduo, den Konditionen des Direktorenpostens folgend allerdings in Halbzeit. Handke blieb weiterhin für große Teile der Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Rückblickend sagen beide: „Man kann ein Museum nicht in Teilzeit leiten.“ Und Brombach fragt: „Was nützt es, wenn man drei Millionen Euro Drittmittel akquiriert, aber kaum die Kapazitäten hat, diese auch adäquat umzusetzen?“ So könne man arbeiten, wenn man drei Assistenten habe. „Aber das ist bei uns nicht der Fall.“

Das Motiv zu knapper Ressourcen zieht sich seit Jahrzehnten durch die Geschichte des Hauses. Der Stammhaushalt des Museums beträgt 2,1 Millionen Euro jährlich, das hat sich seit 2002 nicht geändert. Der Förderer, das Land Brandenburg, trage eine „immense Summe“ für den Sammlungsneubau, insofern dürfe man nicht nur über Defizite jammern, sagt Christine Handke. Den überfälligen Neubau nannten die Leiterinnen das „Geburtstagsgeschenk“, als 2021 Jubiläum gefeiert wurde.

Von 35 Stellen auf 21 gekürzt

Aber: Zuwendungen für die inhaltlichen Aufgaben, für Sachmittel und Personal, wurden seit 2018 nur marginal erhöht. Im Verlauf der Jahre wurde die Zahl der Stellen von 35 auf 21 gekürzt, heute sind es 23. Mit der neuen Gesamtleitung dann noch eine mehr. Zum Vergleich: Das Deutsche Filminstitut & Filmmuseum in Frankfurt am Main zählt 200 Mitarbeitende.

Die neue Struktur soll der neuen Leitung dann immerhin mehr Beinfreiheit verschaffen. „Aus zwei halben Stellen entstehen zwei Ganze“, bringt es Brombach auf den Punkt. Die eine ist die Gesamtleitung des Filmmuseums, für die die Stellenausschreibung Ende Januar auslief. Die zweite ist eine weitere wissenschaftliche Stelle an der Filmuniversität, die noch ausgeschrieben werden soll.

Es ist der Moment gekommen, ein neues Kapitel zu beginnen. Ich stehe ihm oder ihr mit meiner Erfahrung dann gerne zur Seite. Wenn das gewünscht ist.

Christine Handke, künstlerisch-organisatorische Leiterin des Filmmuseums

Ilka Brombach macht kein Geheimnis daraus, dass sie sich auf die wissenschaftliche Stelle bewerben wird. Und Christine Handke um die der Gesamtleitung? „Nein“, sagt sie. „Es ist der Moment gekommen, ein neues Kapitel zu beginnen.“ Die Gesamtleitung möge jemand Neues übernehmen, sagt sie. „Ich stehe ihm oder ihr mit meiner Erfahrung dann gerne zur Seite. Wenn das gewünscht ist.“

„Wir sind fein damit“

Ilka Brombach und Christine Handke sagen beide: „Wir sind fein damit, wie es jetzt ist.“ Sie sagen auch: „So etwas wie persönliche Eitelkeit musste bei der Entscheidung zurücktreten.“ Und sie machen keinen Hehl daraus, dass sie die derzeitige Konstellation als zunehmend zermürbend empfanden - was nicht an der jeweiligen Co-Chefin gelegen habe („Wir ergänzen uns wirklich ideal“), sondern an der Arbeitslast, die auf beiden lag.

Durch den Wechsel in der Struktur hoffen sie, dass das Museum auf etwas sicheren Füßen steht. Eine wichtige Neuerung in dem Kontext: Die Gesamtleitung ist erstmals als unbefristete Stelle ausgeschrieben – zuvor war sie auf jeweils fünf Jahre begrenzt. „Das verleiht der Leitung den nötigen Spielraum, um wirklich langfristig zu planen“, sagt Handke.

Eine weitere Hoffnung: dass das Haus endlich seinem Potenzial gerecht wird. „Das Filmmuseum erinnert mich manchmal an einen Porsche, dem der Treibstoff fehlt“, sagt Brombach. Es sei nicht nur das älteste Filmmuseum Deutschlands, sondern auch kurz davor, das Beste zu werden: das einzige, das eigenes Kino, eigene Sammlung und schickes Schaudepot verbindet – und eine universitäre Anbindung hat.

Natürlich sei es traurig, die Leitung für das Haus gerade in einem Moment des Aufbruchs abzugeben. Die neue Dauerausstellung steht bevor, die Eröffnung des Schaudepots, die Sonderausstellung zu Andreas Dresens 60. Geburtstag. Aber auch wenn sich die Noch-Leiterinnen nicht in den Vordergrund drängen, lassen sie keinen Zweifel: Sie bleiben in der Nähe. Und wer etwas nachbohrt, entlockt ihnen sogar einen Rat für die Nachfolge. „Es sollte jemand sein, der es versteht mit Ressourcen zu haushalten“, sagt Ilka Brombach. „Mit denen des Museums, aber auch mit den eigenen.“

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