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„Sonst Schoko!“ von Adeline Rüss.

© Adeline Rüss

Goldklumpen, sonst Schoko: Was die Schirrhofnächte für Familien bieten

Das Potsdamer Festival zeigt in seiner zehnten Ausgabe, dass Theater durchaus Familiensache sein kann. Am letzten Augustwochenende lockt es mit einer modernen Märchenadaption.

Von Astrid Priebs-Tröger

Die Entscheidung zwischen Schoko, Vanille, Himbeere, Walnuss, Malaga und Zitrone kann einen schon in den Wahnsinn treiben. Das gilt auch für den zögerlichen Kunden und die kesse, herrlich berlinernde Eisverkäuferin (Adeline Rüss) in „Sonst Schoko!“, das am vergangenen Wochenende bei den Schirrhofnächten eingeladen war.

Seit einigen Jahren hat es sich das Open-Air-Festival, das in diesem Jahr sein zehntes Jubiläum im Schirrhof feiert, zum Prinzip gemacht, auch Familien explizit in sein Programm einzubeziehen. Abends sind die Erwachsenen dran, an den Wochenenden nachmittags jedoch die ganze Familie. Wie gut das funktionieren kann, zeigte die Figurenspielerin Adeline Rüss, die aus Potsdam stammt und in Stuttgart bis 2021 Figurentheater studierte, in „Sonst Schoko!“.

Kugeliges Bauchladentheater

Es ist die doppelbödig skurrile Geschichte des introvertierten Herrn Moritz, der nicht nur beim Kauf einer Eistüte vor der Qual der Wahl steht. Das Stück für Kinder ab sechs Jahren ist ein kurzweiliges Theatervergnügen. Mit einfachsten Mitteln und einem kugeligen Bauchladentheater wird in einer halben Stunde sehr humorvoll viel über das Hier und Heute erzählt wird, sodass auch Erwachsene ihren Spaß dran haben können.

Für Liebhaber:innen sommerlichen Open-Air-Theaters sind die Potsdamer Schirrhofnächte inzwischen ein fester Termin im Kulturkalender. Vor zehn Jahren richtete sie das T-Werk zum ersten Mal in der Schiffbauergasse aus. In diesem Jahr bieten sie mit 14 Spielterminen an elf Veranstaltungstagen wieder ein abwechslungsreiches Programm. Bei dem sich viele Bekannte wie das Ton und Kirschen oder das Neue Globe Theater mit ihren Inszenierungen die Klinke in die Hand geben.

Eröffnet wurde das Festival in diesem Jahr von „The open door“, das einmal mehr Ton und Kirschens großartige Wandlungsfähigkeit präsentierte. Ihre wunderbare Poesie und natürlich ihr beseeltes theatralisches Können in so verschiedenen Genres wie Sprechtheater, Gesang, Tanz, Circus, Magie, Marionettentheater und wildem Jahrmarkttreiben.

Hans im Glück als Gauner

Am kommenden Wochenende der Jubiläumsausgabe sind wieder besonders Kinder und Familien eingeladen, gemeinsam Theater unter freiem Himmel zu genießen. Am letzten Augustwochenende zeigt das Theater Schreiber & Post aus Dresden „Hans im Glück - eine Gaunergeschichte“ für Kinder ab vier Jahren. Die Schauspielerin Andrea Post und der Pantomime Tim Schreiber spielen dieses wohlbekannte Grimm-Märchen zuerst als Gedankenexperiment: Was wäre, wenn ich einen Klumpen Gold hätte?

Ganz zu Beginn mutet das fast wie eine „Der Fischer und seine Frau“-Geschichte an, denn als die beiden auf eine imaginäre Shoppingtour gehen, verliert das meiste, das sie kaufen wollen, schnell seinen Glanz und das nächste Bedürfnis drängt machtvoll hervor. Beide erzählen ihre originelle und freche „Hans im Glück“-Version hauptsächlich mit clowneskem Körper- und Stimmeinsatz und die Fantasie gerade jüngerer Zuschauer:innen bekommt viel Futter dabei.

Am letzten Augustwochenende im Schirrhof. „Hans im Glück - eine Gaunergeschichte“.
Am letzten Augustwochenende im Schirrhof. „Hans im Glück - eine Gaunergeschichte“.

© Theater Schreiber & Post

Letztendlich geht es in der pointierten Gewinn- und Verlustgeschichte um die Gegensätze von Haben oder Sein, um Gebunden- oder Freisein. Das sind wiederum Themen, die Erwachsene interessieren (können), doch die Jüngsten erleben dabei, wie ein tolles Pferd über die Bühne trabt, eine gutmütige Kuh sich nicht bewegen will oder sich ein dickes rosa Schwein in der Schubkarre kutschieren lässt. Großartig ist, wie die Gaunerin (Andrea Post) und der „dumme“ Hans (Tim Schreiber) ganz am Ende ihr facettenreiches, ungemein körperbetontes Spiel auflösen.

Wie sehr sie mit „Hans im Glück“ einen Nerv von Kindern und Erwachsenen treffen, lässt sich auch daran ablesen, dass sie damit bereits seit 2008 erfolgreich durch Deutschland touren. Das tut auch die Potsdamer Tourneetheatergruppe Neues Globe Theater, die schon seit der Etablierung der Schirrhofnächte zu den festen Programmpunkten zählen. In diesem Jahr sind sie mit „Indien“, „Don Quijote“ und „Mephisto“ zu erleben. Alles gute, alte Bekannte, die man noch bis zum 27. August open-air erleben kann. Sollte das hochsommerliche Wetter nicht anhalten: Für Regenvarianten ist gesorgt.

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