zum Hauptinhalt
Wohnhäuser in der Neustädter Havelbucht in Potsdam.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Bezahlbar und gemeinschaftlich: Wie Potsdamer künftig wohnen wollen

Die Landeshauptstadt plant ein neues wohnungspolitisches Konzept. In einem ersten Dialogforum äußerten Anwohner ihre Wünsche – und wiesen auf Probleme hin.

Bezahlbare Wohnungen, mehr genossenschaftliches Bauen und Wohnen in Gemeinschaften: So wünschen sich viele Potsdamerinnen und Potsdamer das Wohnen der Zukunft. Rund 40 Personen waren am Donnerstagabend zum ersten Dialogforum zum wohnungspolitischen Konzept gekommen, um ihre Ideen und Bedürfnisse einzubringen. Wie berichtet, will die Stadt erstmals seit 2014 ein neues Konzept für ihre Wohnungspolitik erarbeiten und führt dazu in diesem Jahr mehrere Beteiligungsformate durch.

Ricarda Pätzold vom Deutschen Institut für Urbanistik machte am Anfang klar, vor welchen Herausforderungen die Wohnungspolitik steht: Aufgrund von sinkenden Geburtenraten und mehr Scheidungen verkleinern sich Haushaltsgrößen zunehmend, der demografische Wandel führt zu mehr Bedarf nach altersgerechtem Wohnen, außerdem verändern neue Lebensstile klassische Familien- und Wohnstrukturen.

Teilnehmer des ersten Dialogforums „Wohnen der Zukunft“ im Potsdam Museum.
Teilnehmer des ersten Dialogforums „Wohnen der Zukunft“ im Potsdam Museum.

© Andreas Klaer

Eine mögliche Antwort auf diese Herausforderungen sei das gemeinschaftliche Wohnen: Große Wohnprojekte, in denen viele Haushalte in kleinen Wohnungen leben, die sich dafür aber große Gemeinschaftsräume wie Sporträume, Werkstätten, Spielezimmer, Gemeinschaftsküchen, Hausgärten und Ähnliches teilen.

Bezahlbarkeit und Gemeinwohlorientierung lässt sich vor allem erreichen, wenn mehr kommunale und genossenschaftliche Unternehmen bauen.

Ein Besucher des Dialogforums zum wohnungspolitischen Konzept

„Bislang sind das meist nur Leuchtturmprojekte, gemeinschaftliches Wohnen ist kein reguläres Angebot auf dem Wohnungsmarkt“, so Pätzold. Um solche Projekte zu realisieren, sei vor allem kommunaler Bodenbesitz wichtig.

Auch die Besucherinnen und Besucher des Dialogforums wiesen darauf hin, dass der Wohnungsmarkt nicht komplett der Privatwirtschaft überlassen werden dürfe: „Bezahlbarkeit und Gemeinwohlorientierung lässt sich vor allem erreichen, wenn mehr kommunale und genossenschaftliche Unternehmen bauen“, sagte ein älterer Potsdamer. Derzeit haben Pro Potsdam und Genossenschaften in Potsdam einen Anteil von 38 Prozent am Wohnungsmarkt.

Ideen und Wünsche der beteiligten Potsdamerinnen und Potsdamer.
Ideen und Wünsche der beteiligten Potsdamerinnen und Potsdamer.

© Andreas Klaer

Isabell Vandre (Linkspartei) betonte, dass es in Potsdam Hunderte Menschen gebe, die gerne gemeinschaftliche Wohnprojekte ins Leben rufen würden: „Aber das kommt nicht zustande, weil sie zum Beispiel an Vergabeverfahren und ökonomischen Hürden scheitern.“ Vandre forderte mehr Strukturen und Förderungen für derartige Projekte aus der Zivilgesellschaft.

Wo ist „unsichtbarer Wohnraum“?

Ideen braucht es jedoch nicht nur im Neubau, sondern auch im Bestand: Angesichts der Leerstandsquote von aktuell 0,8 Prozent in Potsdam wurde im Dialogforum auch über sogenannten „unsichtbaren Wohnraum“ gesprochen. Gemeint sind damit zum Beispiel Zweitwohnungen, aber vor allem ungenutzter Wohnraum von Seniorinnen oder Senioren, die zum Teil allein in großen Wohnungen leben, während junge Familien kaum solche Wohnungen finden.

Die Potsdamer Wohntauschbörse soll dabei Abhilfe schaffen, ist bislang aber weitgehend erfolglos. Viele Ältere wollen aus nachvollziehbaren Gründen nicht aus ihren Wohnungen ausziehen, schon allein, um ihr Umfeld nicht zu verlieren. Arnt von Bodelschwingh, Geschäftsführer des Beratungsinstitutes Regio Kontext, nannte ein kreatives Modell aus der Schweiz: „Dort gibt es Genossenschaften, bei denen man sich dazu verpflichtet, in eine kleinere Wohnung im gleichen Quartier umzuziehen, wenn der Haushalt sich verkleinert.“

Ein weiteres Thema war die Belebung von Wohnvierteln: „Die Zukunft gehört urbanen Quartieren, wo es sowohl Wohnungen als auch Gewerbe gibt“, sagte ein Potsdamer. Tatsächlich wird dies in aktuellen Neuplanungen verstärkt berücksichtigt: So ist etwa in Krampnitz ein Gewerbeanteil von 20 Prozent vorgesehen, wie eine Besucherin lobend erwähnte.

Drei Schwerpunktthemen für das „Wohnen der Zukunft“ in Potsdam.
Drei Schwerpunktthemen für das „Wohnen der Zukunft“ in Potsdam.

© Andreas Klaer

Gregor Jekel, Leiter des Fachbereichs Wohnen, schränkte jedoch ein: „Leider passiert es immer wieder, dass sich einfach keine Mieter für solche Gewerberäume finden.“ Deshalb komme es wiederholt dazu, dass Gewerbeflächen nach langem Leerstand in dringend benötigten Wohnraum umgewandelt werden.

Die Ergebnisse des Dialogforums werden in weitere Fachworkshops mit ausgelosten Potsdamerinnen und Potsdamern einfließen. Das nächste Dialogforum findet am 5. Juli statt, das dritte und letzte am 23. November.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false