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Wo ist Elias aus Potsdam?: Was die Polizei weiß

Eine Woche nach Elias' Verschwinden fehlt von dem Jungen aus Potsdam jede Spur. Ein Überblick, wie die Polizei arbeitet und was die Ermittler bisher wissen.

Potsdam - Heute vor einer Woche ist der sechsjährige Elias spurlos am Schlaatz verschwunden. Seitdem sind alle Bemühungen der Polizei, den Jungen zu finden, erfolglos geblieben, auch viele ehrenamtliche Helfer beteiligten sich an der Suche. Bei den Ermittlern will man die Hoffnung darauf, dass das Kind noch lebend gefunden wird, nicht aufgeben.

Kriminaldirektor Sven Mutschischk, der Polizeiführer des Einsatzes, sagte am gestrigen Dienstag vor Journalisten aber auch: „Wenn wir den Jungen nach sechs Tagen nicht gefunden haben, dann stimmt etwas nicht.“ Die PNN geben einen Überblick über die Arbeit der Kriminalisten und den Fall.

Die wichtigsten Fragen über die Suche nach Elias:

Welche sicheren Erkenntnisse hat die Polizei zu Elias’ Verschwinden?

Elias wurde am 8. Juli gegen 15.45 Uhr von seiner Mutter aus dem Hort abgeholt. Etwa eine Viertelstunde später waren die beiden zu Hause. Zwischen 16 und 17 Uhr war die Mutter noch einmal einkaufen und der sechsjährige Junge in dieser Zeit allein zu Hause. Nachdem die Mutter vom Einkauf zurückkam, ging Elias zu dem großen Sandkasten im Innenhof des Hauses Inselhof 8 spielen. Es gibt laut Polizei drei gesicherte Hinweise, wonach der Junge nach 17 Uhr auf dem Spielplatz gesehen wurde.

Sein Verschwinden bemerken die Mutter und deren Lebensgefährte erst später. Sicher ist, dass sie um 18.33 Uhr im engeren Kreis um Mithilfe bei der Suche bitten. 19.12 Uhr geht dann der Notruf bei der Polizei ein. Der Junge ist seitdem unauffindbar. Die Polizei hat keinen belastbaren Anhaltspunkt, was mit Elias passiert ist.

In welche Richtungen ermittelt die Polizei?

Die Kriminalisten gehen von drei mögliche Szenarien aus: Elias könnte ein Unglück zugestoßen sein. Er könnte beispielsweise in die nahe gelegene Nuthe oder in einen Schacht gefallen sein. Die bisherigen Suchaktionen im Stadtteil konzentrieren sich auf diese Möglichkeit. Die Polizei will die Suche aber auch auf andere Stadtteile ausweiten. Eine zweite Variante, nachdem es sich um den „Beginn einer Ausreißerkarriere“ handeln könnte, wie Kriminaldirektor Sven Mutschischk es ausdrückt, schließen die Beamten nach Befragungen im Umfeld und von anderen Familienangehörigen mittlerweile „nahezu“ aus. Das dritte Szenario: ein Verbrechen. Hinweise darauf gebe es bisher zwar nicht, sagt Mutschischk: „Wir können es aber nicht ausschließen.“ Man arbeite deshalb in Kontakt mit der Staatsanwaltschaft.

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Kann die Polizei ausschließen, dass die Familie oder Elias’ leiblicher Vater etwas mit dem Verschwinden zu tun hat?

Kriminaldirektor Mutschischk wollte sich dazu am Dienstag nicht äußern: „Dazu möchte ich aus ermittlungstaktischen Gründen nichts sagen“, sagte er auf PNN-Nachfrage. Die Familie wird von der Polizei seelsorgerisch betreut.

Wie wird nach Elias gesucht?

In Potsdam waren bisher rund 800 Polizisten im Einsatz, täglich bis zu 170, wie Soko-Chef Michael Scharf, Stabsleiter der Polizeidirektion West, sagte. Durchsucht wurden unter anderem die Nuthewiesen, die Nuthe, Hauseingänge, Kellereingänge, Gullydeckel und Heizungskanäle. Außerdem wurden Anwohner befragt. An Elias’ Schule wurde mit Lehrkräften gesprochen.

Beteiligt an der Suche sind nicht nur Polizisten aus anderen Bundesländern, es gibt auch Hilfe von anderen Institutionen, etwa dem Deutschen Roten Kreuz, der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft, deren Taucher unterwegs waren, von Feuerwehrleuten und Mitarbeiten der Stadtverwaltung, Hausmeistern und dem städtischen Energieversorger EWP, der den Beamten bei der Kontrolle der Kanalisation zur Seite stand.

Die Ermittler sind seit Freitag in der Soko „Schlaatz“ organisiert. Über das von der Polizei geschaltete Bürgertelefon unter der Nummer (0331) 55 08 11 08 waren bis zum Mittwoch über 400 Hinweise eingegangen – 126 davon sind bereits abgearbeitet. Eine heiße Spur fehlt. Nach Elias wird mittlerweile bundesweit gefahndet. Auch Bundeskriminalamt und Bundespolizei sind eingeschaltet.

Welche Aufzeichnungen von Überwachungskameras werden geprüft?

Die Kriminalisten sichten insgesamt rund 210 Stunden Videomaterial und 867 Fotos. Bereits ausgewertet wurden 96 Stunden Videomaterial vom Bahnhof sowie 80 Stunden Videomaterial von Tankstellen. Die Auswertung der 26 Stunden Aufzeichnungen aus Bussen und Trams und acht Stunden Material aus dem ReweMarkt ist noch nicht abgeschlossen.

Was passiert in den nächsten Tagen?

Die Bürgerhinweise werden nach und nach abgearbeitet. Häuser, Schächte und andere Örtlichkeiten sollen erneut durchsucht werden. Denn es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Elias mittlerweile dorthin gebracht worden sei, erklärt Michael Scharf. Das Gelände um die Nuthewiesen soll erneut mit einer Suchkette abgesucht werden, die wiederholte Suche in der Nuthe und im Aradosee mit Tauchern läuft momentan – ein Leichenspürhund hatte an der Nuthe angeschlagen, an dieser Stelle hatten Taucher aber nichts gefunden. Auch Müllablageplätze sollen in Augenschein genommen werden. Die Polizei bittet zudem die Eltern von Kindern, die mit Elias befreundet waren, sich als Zeugen zu melden.

Wie lange soll noch gesucht werden?

Das hängt vom Wetter ab, aber auch von möglichen neuen Erkenntnissen. Die intensive Suche dürfte zum Wochenende hin abgeschlossen sein, sagte Michael Scharf. Die Ermittlungen könnten aber noch Jahre dauern. Entscheidend sind dann neue Hinweise auf Elias’ Verbleib.

Sind überhaupt genug Polizisten im Einsatz?

Als 2001 in Eberswalde die zwölfjährige Ulrike verschwand, suchten bis zu 650 Polizisten nach dem Mädchen, jetzt sind es „nur“ 170. Der leitende Polizeidirektor Michael Scharf widerspricht dem Eindruck, es seien zu wenige Kräfte im Einsatz: Die Soko bekomme alle Leute und Spezialisten, die gebraucht werden – auch aus anderen Bundesländern. Im Fall Ulrike habe ein viel weiträumigeres Gebiet abgesucht werden müssen als jetzt bei der Suche nach Elias.

Wieso konnten die speziell geschulten Mantrailer-Hunde den Jungen nicht finden?

Fünf Mantrailer-Hunde wurden bislang auf die Suche nach Elias geschickt – jeder führte die Ermittler zu einer anderen Stelle. Das ist aber gar nicht ungewöhnlich, sagt Ermittler Scharf: Schließlich hat Elias am Schlaatz unzählige Spuren hinterlassen, weil er dort wohnt und sich täglich durch den Stadtteil bewegte.

Warum wurden nicht alle Keller am Schlaatz durchsucht?

Keller gelten juristisch als Wohnraum, die Polizei erhält nur mit einem Durchsuchungsbefehl Zutritt. Nichtsdestotrotz seien mithilfe der Hausmeister am Schlaatz viele Kellerräume abgegangen worden, sagt Soko-Chef Michael Scharf.

Welche Rolle spielen die ehrenamtlichen Helfer für die Polizeiarbeit?

Michael Scharf lobte am Dienstag das Engagement von Bürgern, die sich seit Donnerstag bei der Suche nach Elias beteiligen. Die Bürger könnten der Polizei die Arbeit aber auch nicht abnehmen, betonte er: Auch die von den ehrenamtlichen Helfern bereits durchsuchten Gebiete würden erneut von der Polizei abgesucht.

Wie bewertet die Polizei die aktiven Suchmaßnahmen über die sozialen Medien?

Zwiegespalten. Zwar können über Kanäle wie Facebook viele Menschen schnell erreicht werden. Andererseits verbreiten sich aber auch haltlose Gerüchte schnell – und das sorge für eine erhöhtes Unsicherheitsgefühl in der Bevölkerung. Die Polizei ruft dazu auf, keine Mutmaßungen zu verbreiten – und mögliche Hinweise nur an die Polizei zu melden.


Gibt es einen Zusammenhang mit der in Sachsen-Anhalt verschwundenen Inga?

Hinweise darauf hat die Polizei bisher nicht. Trotzdem habe man Kontakt zur im Fall Inga gebildeten Soko „Wald“ aufgenommen, um die Ermittlungsergebnisse abzugleichen. „Wir wollen den Zusammenhang ausschließen“, sagte Kriminologe Mutschischk. (mit Alexander Fröhlich)

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