zum Hauptinhalt
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nahm sich am Montagabend beim Bürgergespräch in Neu Fahrland zweieinhalb Stunden Zeit, um Fragen zu beantworten.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Scholz hält beim Schulbau zu Schubert: Bundeskanzler trotzt der Kritik aus Neu Fahrland

Olaf Scholz (SPD) muss beim Bürgergespräch im Potsdamer Ortsteil auch über Kommunalpolitik sprechen. Vor Ort gibt es dann noch einen Abschied für immer.

„Das Gewitter hat sich verzogen. Hoffentlich ein gutes Omen für Ihre Regierung“, sagt Peer-Oliver Schumann. Der Neu Fahrländer schiebt gleich hinterher, dass er für die CDU für den Ortsbeirat kandidiere. Seine Fragen drehen sich um die Asylpolitik und er wolle wissen, wann der Kanzler das Thema zur Chefsache mache. „Das habe ich schon längst“, antwortet Olaf Scholz (SPD) knapp.

Unter den 120 Gästen, die am Montagabend (14. August) zum Bürgerdialog mit dem Bundeskanzler an den Potsdamer Weißen See gekommen sind, befinden sich vor allem Neu Fahrländer. Die SPD hatte vorab 2500 Flyer an Haushalte in der Gegend verteilt. Wer wollte, konnte sich anmelden, viele Genossen sind unter den Gästen. Einige applaudieren, als Scholz den Biergarten des Lokals „Glücksfisch“ betritt. Lauten Applaus erhält Ortsvorsteherin Carmen Klockow (Bürgerbündnis), die nach einem Bericht von Scholz über aktuelle Themen die erste Frage stellen darf.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nahm sich am Montagabend beim Bürgergespräch in Neu Fahrland zweieinhalb Stunden Zeit, um Fragen zu beantworten.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nahm sich am Montagabend beim Bürgergespräch in Neu Fahrland zweieinhalb Stunden Zeit, um Fragen zu beantworten.

© REUTERS/ANNEGRET HILSE

Klockow holt dafür weit aus, erzählt, dass sie ihren Kindern immer gesagt habe, dass man sich an Versprechen halten müsse. Das erwarte sie auch von der Politik. Die Ortsvorsteherin meint den auf der Birnenplantage geplanten Schulneubau. Dort sei eine Grün- und Erholungsfläche im Flächennutzungsplan festgeschrieben worden. Die Stadt habe sich laut der Eingliederungsvereinbarung mit Neu Fahrland an dieses „Versprechen“ zu halten. „Wir sind in Sorge, dass die Politikverdrossenheit zunimmt und Demokratie verloren geht“, sagt Klockow. Die Birnenplantage liege in einer Trinkwasserschutzzone. In Krampnitz gebe es dagegen 140 Hektar versiegelte Fläche. „Bitte kümmern Sie sich darum!“, sagt Klockow zum Bundeskanzler.

Natürlich müssen wir auch Schulen bauen.

Olaf Scholz beim Bürgerdialog in Neu Fahrland.

Scholz spricht sich weder für noch gegen den Standort aus. Die Debatte um fehlende Schulplätze in Potsdam wird er kennen. „Natürlich müssen wir auch Schulen bauen“, sagt er. „Die Kinder sind da und müssen beschult werden.“ Er wisse, dass es am Ende zu einer guten Lösung kommen werde.

Damit tut Scholz niemandem weh, am wenigstens seinem Parteifreund Mike Schubert. Der Oberbürgermeister, seine Verwaltung und einige SPD-Stadtverordnete hatten den geplanten Bau des Gymnasiums und einer Feuerwache wiederholt gegen die Klagen aus Neu Fahrland verteidigt.

An diesem Montagabend gibt es an der Straße sogar Protestplakate gegen den geplanten Neubau. Die Ortsvorsteherin hatte angekündigt, gegen die Pläne der Stadt zu klagen. Viele Anwesende weiß sie dabei auf ihrer Seite. Ein Viergeschosser passe nicht in die wunderschöne Landschaft, sagt eine Anwohnerin.

Scholz spricht sich für freie Uferwege aus

Der Kanzler hält sich aus der Kommunalpolitik lieber heraus, spricht aber wiederholt vom „Abgeordneten Scholz“, der sich kümmere. Das sagt er auch, als der Stadtverordnete Andreas Menzel (Freie Wähler) nach dem freien Uferweg am Griebnitzsee fragt. „Der Abgeordnete setzt sich für freie Uferwege ein, hier und anderswo. Meinen Einsatz und mein Herz haben sie“, verspricht Scholz.

Als es um die von der Stadt geplanten Geflüchtetenunterkünfte am Nedlitzer Holz geht, wird der Kanzler wieder emotional. Die Feststellung, dort würde unter einem „Vorwand“ eine geschützte Fläche zerstört und mit Geflüchteten Stimmung gemacht, weist Scholz als Unterstellung zurück. „Es ist ziemlich unplausibel, dass da ein fieser Plan hintersteckt“, sagt Scholz. Man dürfe in einer Diskussion dem Gegenüber nicht schlechte Motive unterstellen.

Auch bei diesem Thema zeigt sich der Regierungschef zuversichtlich. Er habe in seiner Zeit als Erster Bürgermeister in Hamburg 2015 die Unterbringung Geflüchteter hinbekommen. Dabei habe es keinen Wohnungsleerstand gegeben und es habe die Devise gegeben, Turnhallen freizuhalten.

Der Kanzler nimmt sich zweieinhalb Stunden Zeit, geplant waren 90 Minuten. Dabei muss er auch komplizierte Fragen zur Patientenverfügung, zur Energieversorgung, zu Wasserstoff und Kernenergie beantworten und Verschwörungstheorien eines Paares zur Gaspipeline North Stream 2 und zum „Impfzwang“ abwehren.

Der Kanzler bleibt freundlich und betont, dass er solche Bürgergespräche schon immer (früher in Hamburg) geführt habe und wohl auch deshalb stets seinen Wahlkreis direkt gewonnen habe. In Potsdam lag er 2021 vor Annalena Baerbock (Grüne).

Bundeskanzler Olaf Scholz begrüßt Martina Weber, Wirtin des Lokals „Glücksfisch“.
Bundeskanzler Olaf Scholz begrüßt Martina Weber, Wirtin des Lokals „Glücksfisch“.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Das Gartenlokal „Glücksfisch“, direkt am Ufer des Weißen Sees gelegen, schließt nach dem Bürgerdialog von Scholz für immer. Noch so ein mögliches Omen für den Kanzler? Wirtin Martina Weber gibt auf. Der Pachtvertrag werde nur jährlich verlängert. Die Perspektivlosigkeit hat nun ein Ende.

Am Sonntag wurde es noch einmal richtig voll im Lokal. „Viele wollten Abschied nehmen“, sagt die Gastwirtin, die mit dem Gartenrestaurant wenig Glück hatte. „Wir haben einen Tag vor dem ersten Lockdown am 20. März 2020 eröffnet.“ Danach folgten Durststrecken. „Wir waren bescheiden.“

Die gute Lage hat das Restaurant gerettet. Doch jetzt ist es für immer vorbei mit dem „Glücksfisch“ am Weißen See. Den Namen nimmt Martina Weber mit. „Das war meine Idee“, sagt sie. Anglerklausen gebe es ja schon genug. Und statt des angekündigten Unwetters scheint an diesem allerletzten Abend die Sonne im Biergarten des „Glückfisch“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false