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Nah am Wasser – das ZDF-Sommerinterview fand bei Potsdam statt, dem Ruderrevier des Kanzlers.

© dpa/Thomas Kierok

Olaf Scholz im Sommerinterview: Ein genervter Kanzler, der auch einmal gelobt werden möchte

Im ZDF-Sommerinterview wird der Kanzler mit Wirtschaftsflaute, hohen Energiepreisen und Migrationskrise konfrontiert. Scholz verteidigt sich: Seine Politik werde in eine „gute Zukunft“ führen.

Der Kanzler, bekanntermaßen über die Jahre zum passionierten Ruderer avanciert, wird inmitten seines Potsdamer Bootsreviers zu seinen Qualitäten als Steuermann befragt. „Ich bin derjenige, der das Tempo macht“, lautet seine Antwort. Im Ruderboot der Regierung sei seine Aufgabe, „dass es vorankommt“.

Das will nicht recht zu den Ergebnissen einer Politbarometer-Umfrage passen, die eigens für das ZDF-Sommerinterview in Auftrag gegeben wurde. Satte 73 Prozent der Befragten sind demnach der Meinung, dass Olaf Scholz sich in wichtigen politischen Fragen eher nicht durchsetzt. Fast genauso viele, nämlich 72 Prozent, haben den Eindruck, dass der Kanzler in Interviews weniger konkret antwortet als andere aus dem politischen Betrieb.

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Das nimmt der ZDF-Journalist Theo Koll als Ansporn, er hakt immer wieder nach, das 18-minütige Gespräch gerät durchaus konfrontativ. Vor allem aber sind es schwache Wirtschaftsindikatoren, die den Kanzler aktuell in die Defensive bringen, zumal er neulich an das „Wirtschaftswunder“ von einst erinnerte.

„Unglaubliches Tempo“

Er will das nicht auf die Gegenwart, sondern auf die Chancen bezogen haben, die sich aus den Investitionen in Wind- und Solarkraft sowie Wasserstoffnetze ergeben. „Das steht auch alles konkret bevor“, insistiert Scholz, seine Regierung schlage ein „unglaubliches Tempo“ an, wenn es um die Rahmenbedingungen gehe. Mit dem, was die Ampel alles für mehr erneuerbare Energie auf den Weg gebracht habe, stehe eine „gute Zukunft“ bevor: „Die Zahlen ziehen jetzt auch richtig an.“

Dafür, dass es aktuell nicht so rosig aussieht, benennt der Kanzler andere Gründe – und Schuldige, wenn man so will. Als Exportnation habe es Deutschland „immer schon gemerkt“, wenn „anderswo die Wirtschaft etwas schwächelt“. Zudem „hätten wir jetzt schon billigere Strompreise“, sagt Scholz, ohne die „Blockade“ des Netzausbaus – das ist ein indirekter Gruß nach Bayern zu Markus Söder.

Ein genervter Kanzler

Überhaupt scheint der Kanzler genervt davon, wie über Wirtschaft geredet wird – „ein bisschen eigenwillig“ findet er das. „Das ärgert mich auch“, sagt Scholz über die Diskussion um Investitionen deutscher Unternehmen im Ausland. „Dass das angeblich schlecht“ sei, widerspreche doch der Volkswirtschaftslehre.

Auch den Erfolg einer sich neu ansiedelnden Halbleiterindustrie will er sich nicht dadurch zerreden lassen, dass die Unternehmen dafür Milliarden an Staatshilfe bekommen. „Sie haben sich für den Wirtschaftsstandort Deutschland entschieden“, Subventionen gebe es anderswo auch, 80 Milliarden Euro an Direktinvestitionen seien geplant, „da kann man doch einmal ein wenig innehalten“. Es klingt, als warte Olaf Scholz auf ein Lob.

„All das ist jetzt gerade auf den Weg gebracht“ – so lautet die zentrale Botschaft des Kanzlers in der Krise: Ampelgesetze zur Fachkräftesicherung oder konsequenteren Abschiebung Ausreisepflichtiger sind schon verabschiedet oder in Arbeit und bald im Kabinett. Und es braucht etwas Geduld, bis sie wirken.

Entscheidungen müssen immer sorgfältig gewogen werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz über Waffenlieferungen an die Ukraine

Dass dies bei den Wählerinnen und Wählern bei all dem Streit in seiner Koalition bisher nicht so recht ankommt, scheint Olaf Scholz selbst zu wissen. Zumindest sagt er im „ZDF Berlin direkt Sommerinterview“ auch diesen bemerkenswerten Satz: „Wir brauchen schon einen klaren Kurs, den man nach außen sehen kann.“

Sichtbar ist auf jeden Fall, dass sich Scholz für seine Entscheidungen über weitere Waffenhilfe an die Ukraine stets Zeit lässt – und das auch im Fall der Marschflugkörper vom Typ Taurus so halten will, deren Lieferung weiter offenbleibt. „Entscheidungen müssen immer sorgfältig gewogen werden“, sagt der Bundeskanzler und wähnt sich zumindest damit von einer Mehrheit der Bundesbürger unterstützt: „Wir werden es uns weiter schwer machen.“

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