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Händeschütteln – in der Hoffnung auf Hilfe: Bundeskanzler Olaf Scholz macht sich mit Eckhard Syring vom Angelverein Wildenbruch ein Bild vom See.

© dpa/Britta Pedersen

Scholz besucht austrocknenden Seddiner See: So schlimm steht es um die Wassersituation in Brandenburg

Seit Jahren sinkt im Seddiner See der Pegelstand. 1,50 Meter ist er schon geschrumpft. Dabei gibt es Lösungen, das Wasser in der Region zu halten.

Seit Wochen ist es mal wieder richtig heiß. Montagmittag knackt die Gemeinde Seddiner See südlich von Potsdam die 30-Grad-Marke. An der Badestelle Wildenbruch herrscht reger Betrieb. Es ist ruhig, idyllisch, bis der Kanzler kommt. Menschen in Anzügen, Kamerateams und Journalisten stapfen Olaf Scholz (SPD) hinterher durch den Sand zum Wasser, die Badenden scheint das nur unwesentlich aus der Ruhe zu bringen.

Scholz blickt auf den See, rüber zu den Steganlagen am Anglerverein, die hoch aus dem Wasser ragen. Er macht am Montag Halt am See, während seiner Sommerreise durch seinen Wahlkreis. Aber nicht zum Baden. Die Wassersituation des Biotops ist höchst bedenklich und steht damit exemplarisch für Brandenburgs Wasserlage.

Der See sei in Bürgergesprächen immer wieder an ihn herangetragen worden, sagt Scholz, während er mit Vertreter:innen des Brandenburger Umweltministeriums, des Kreises, der Gemeinde, der Mittelmärkischen Wasser- und Abwasser-GmbH (MWA), des Fördervereins Seddiner See und seinen SPD-Parteikolleg:innen bei Mettbrötchen und Kaffee beim Anglerverein Wildenbruch auf der Holzbank sitzt. Jetzt wollte er sich selbst ein Bild vor Ort machen.

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Sinkender Pegelstand

Der Pegelstand des Sees ist in den vergangenen Jahren immer weiter abgesunken. Aktuell beträgt er laut Kreis 37,7 Meter über Normalnull. Gemessen wurde der Wert an der Stelle, wo der See eigentlich überlaufen soll in den Kähnsdorfer See. Dazu ist es jedoch zuletzt im Jahr 2013 gekommen. Und damit das passiert, braucht der See einen Pegelstand von 39,20 über Normalnull. Im August 2022 war der Wert bei 37,46. Seitdem hat er sich also etwas erhöht. Aber nicht genug, damit die Wassersituation in dem See unbedenklich wird. Trotz des vielen Regens zuletzt.

Ein Steg, der eigentlich ins Wasser führen müsste. Aufgenommen im April. Grüner ist es seitdem geworden. Mehr Wasser gibt es nicht.
Ein Steg, der eigentlich ins Wasser führen müsste. Aufgenommen im April. Grüner ist es seitdem geworden. Mehr Wasser gibt es nicht.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

2018 waren am Rande des Sees Muscheln und Schilf vertrocknet, nachdem der Wasserspiegel rasant gesunken war. Es war das dramatischste Jahr für den See, der Wasserstand sank laut der Unteren Wasserbehörde des Kreises innerhalb eines Jahres um 18 Zentimeter. Das Problem: „Das Schilf steht nicht mehr im Wasser, die Muscheln kommen nicht mehr hinterher - die reinigen aber das Wasser“, sagt Carina Simmes, Bürgermeisterin der Gemeinde Seddiner See. Die Gemeinde möchte ein bis zwei Prozent aus dem Fluss Nieplitz im Winter entnehmen und in den See führen. „Damit hätten wir schon eine Stabilisierung“, sagt Simmes.  

Fischer ohne Fische

Hinter Carina Simmes liegen die Steganlagen, die vor Jahren noch viel tiefer im Wasser stehen müssten. Der Anglerverein Wildenbruch zählt 54 Mitglieder, hinzu kommen acht junge Angler. Über 75 Jahre ist der Verein auf dem Gelände. „Wir haben Höhen und Tiefen kennengelernt“, sagt Vereinsvorsitzender Eckhard Syring zu Scholz. Die Situation jetzt habe aber ein anderes Ausmaß angenommen.

Im See gibt es Karpfen, auch einige Raubfische. Viele Populationen seien jedoch zurückgegangen. Der Rückgang des Seewassers wirke sich auch auf den Tourismus aus, sagt Syring. „Die kommen gerne hierher. Das hinterlässt Spuren.“ Man halte sich nur mit „Ach und Krach“, sagt der Angler. Auch kämen die Fischer abends mal rein, ohne dass ein Fisch ins Netz gegangen sei. Früher haben wir gelacht. „Bist du zu doof oder so?“, hätten sie dann gesagt.

Vierte Reinigungsstufe in Kläranlage nötig

Wo aber geht das Wasser hin? Und warum füllt sich der See trotz Regens nicht wieder auf? Die Grundwasserneubildung im Winter sei zu gering, sagt Rüdiger Zunft, Fachdienstleiter Umwelt des Kreises. Und dann sei da die hohe Verdunstung im Sommer. Das Problem bestehe aber nicht nur beim Seddiner See. „Er bildet für uns ein Symbol dafür, wie die Wassersituation im Land ist.“

1,50
Meter ist der See zurückgegangen.

7,5 Millionen Kubikmeter Wasser hält der Seddiner See normalerweise, 218 Hektar ist er eigentlich groß. Elf Wasserwerke bedienen sich an dem See, allein drei davon entnehmen fast eine Million Kubikmeter Wasser. Der anliegende Golfclub entnimmt 150.000 Kubikmeter Oberflächenwasser. Hinzu kommen die Anwohnenden. Doch wie viel entnommen wird, darüber gibt es keine Daten, denn für Brunnen gibt es keine Anzeigepflicht.

Das Wasser aus dem See wird in der Stahnsdorfer Kläranlage aufbereitet. Bis zur dritten Reinigungsstufe wird es dort gereinigt. Große Mengen des Wassers werden dann in Teltow in den Kanal geleitet und fließen von dort ins Meer. „Uns beschäftigt die Frage, wie können wir das Wasser in der Region halten?“, sagt Felix von Streit, Geschäftsführer vom MWA. Damit das Wasser verrieselt werden könnte, wäre eine vierte Reinigungsstufe im Werk nötig. Die ist auch geplant, aber teuer. Bislang stehen rechtliche Hürden dagegen, dass das geklärte Wasser in der Form verrieselt werden und so in der Region bleiben kann. Die Wassersituation des Seddiner Sees dürfte also vorerst angespannt bleiben.

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