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Ronny Gillmeister ist Kiezkümmerer für den Erlenhof.

© Ottmar Winter PNN

Potsdamer Kiezprojekt Erlenhof 32: Hunderte Menschen aus der Langzeitarbeitslosigkeit geholt

Die 2018 eröffnete Einrichtung am Schlaatz hat schon 350 Menschen eine Arbeit verschafft. Das liegt auch an zwei Erfolgsfaktoren.

Wer im Schlaatz am Erlenhof 32 vorbeikommt, könnte die Einrichtung zunächst für einen Stadtteilladen halten: Gelegen zwischen einer Apotheke und einer Sparkasse wirkt der Flachbau hell und offen, keineswegs wie eine Behörde. „Wir wollen nicht unbedingt als Verwaltung wahrgenommen werden“, sagt Fabian Dübner, Leiter des Bereichs Arbeit und Beschäftigung der Stadt Potsdam. „Man kommt vorbei, geht rein und bekommt dann die Hilfe, die man braucht.“

Die besteht in vielfältigen Beratungsangeboten rund um die Themen Soziales und Arbeit, von der Wohnnothilfe über berufliche Orientierung bis hin zur Beantragung von Sozialleistungen. Daneben existiert ein großes Kreativ-Angebot: Es gibt Näh-Kurse, Mal-Kurse oder Makramee-Kurse, handwerklich Interessierte können in der offenen Stadtteil-Werkstatt arbeiten oder beim Urban Gardening Gemüse oder Blumen im Hochbeet ziehen.

Hauptziel des Projekthauses und seiner 13 Mitarbeiter:innen ist es, Menschen aus der Arbeitslosigkeit zu holen. Darin ist der Erlenhof 32 erstaunlich gut: Seit der Eröffnung im Jahr 2018 konnten über die Einrichtung 350 Menschen in Arbeit vermittelt werden, ein Großteil davon kam aus der Langzeitarbeitslosigkeit.

Entscheidend dafür sind Zeit und Geduld: „Man muss Vertrauen aufbauen – das ist nichts, was beim ersten Termin passiert“, so Dübner. Manche Menschen begleitet das Projekt mehrere Jahre, dabei geht der Blick weit über das Thema Arbeit hinaus: „Oft kommt während einer Beratung heraus, dass die betreffende Person zum Beispiel von Wohnungsverlust bedroht ist – da hat man natürlich keinen Kopf, sich um einen Job zu kümmern“, sagt Dübner. Auch Schulden oder Sucht können Gründe sein, die einen daran hindern, eine Arbeit zu finden – also wird zuerst versucht, diese Probleme zu lösen.

Das Projekthaus wurde 2018 eröffnet.
Das Projekthaus wurde 2018 eröffnet.

© Ottmar Winter PNN

Weniger Hürden als beim Amt

Ein weiteres Erfolgsrezept: Viele Angebote und Dienstleistungen der Stadtverwaltung sind niedrigschwellig an einem Ort versammelt, und zwar direkt vor der Haustür. „Natürlich kann ich einem Klienten auch sagen: Gehen sie zum Bereich Soziales in der Behlertstraße 3a, da bekommen sie Hilfe“, sagt Dübner. Doch für viele sei es eine Hürde, irgendwo in der Innenstadt „beim Amt“ vorstellig zu werden, vor allem für jene, die schon schlechte Erfahrungen mit Behörden gemacht haben.

Auch die Wirkung des Kreativangebots im Erlenhof 32 ist nicht zu unterschätzen: „Ich erinnere mich noch gut an eine Dame, die vom Jobcenter zu uns kam und meinte: Was soll ich hier?“, sagt Dübner. Nach einigen Nachfragen erzählte die Frau, dass sie gerne nähe. „Also haben wir gesagt: Ok, dann kaufen wir eine Nähmaschine und du zeigst mal, was du kannst.“

Der Schlaatz wird in den kommenden Jahren umgestaltet.
Der Schlaatz wird in den kommenden Jahren umgestaltet.

© Ottmar Winter PNN / Ottmar Winter PNN

Die Frau legte los, fertigte Kissenbezüge und andere Näharbeiten an und präsentierte sie ein halbes Jahr später an einem kleinen Stand beim Stadtteilfest. „Sie wollte sie eigentlich nur zeigen, aber dann kamen Leute, die die Sachen kaufen wollten“, sagt Dübner. „Kurz danach kam sie zu uns und sagte, sie habe eine Idee: Sie würde gerne Nähkurse im Erlenhof 32 anbieten.“

Solche Geschichten gebe es ständig, sagt Projektkoordinator Dirk Maischack: „Man sieht ganz tolle Effekte, wenn die Leute merken, dass sie hier etwas mit den eigenen Händen schaffen können. Viele fassen durch solche Erfolgserlebnisse neuen Lebensmut.“

Kiezkümmerer helfen weiter

Ein weiteres Projekt des Erlenhofs 32 sind die sogenannten Kiezkümmerer: Sie dienen quasi als Ansprechpersonen für Bürger:innen im Quartier, wann immer es Probleme gibt. „Das kann Müll sein, kaputte Laternen oder Straßenschäden“, nennt Ronny Gillmeister einige der häufigsten Themen, wegen denen er angesprochen wird. Der 43-jährige gelernte Elektroinstallateur ist seit 2021 Kiezkümmerer für Drewitz und als solcher mit Ordnungsamt, Polizei, Grünflächenamt, Stadtreinigung oder Hausmeister:innen vernetzt, an die er alle entsprechenden Anliegen weiterleitet.

Ein Beispiel: Eine Zeitlang standen in Drewitz verteilt 40 bis 50 herrenlose Einkaufswägen herum, also nahm Gillmeister Kontakt mit den entsprechenden Supermärkten auf, so dass diese sie wieder einsammelten. „Ich bin täglich vier Stunden draußen unterwegs im Quartier, man hat viel Kontakt mit Menschen“, sagt Gillmeister. „Das ist sehr erfüllend.“ Meist bekomme er Dankesworte für sein Engagement, negative Reaktionen habe er bislang noch nicht erhalten.

Auch am Stern gibt es eine Kiezkümmerin, am Schlaatz ist die Stelle derzeit unbesetzt. Das Konzept hat sich herumgesprochen: „Wir hatten schon eine Anfrage aus Groß Glienicke, ob wir dort auch einen Kiezkümmerer einsetzen könnten“, sagt Dübner. Aber dort gehe es vor allem um die angespannte Parksituation: „Der Kiezkümmerer ist nicht das Ordnungsamt“, so Dübner.

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