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Die Villa Adlon am Lehnitzsee in Neu Fahrland

© Ottmar Winter/PNN

Update

Nach Teilnahme an rechtsextremem Geheimtreffen: CDU leitet Ausschlussverfahren gegen Potsdamer Adlon-Eigentümer ein

Das Geheimtreffen von Rechtsextremisten zieht Kreise in die Spitze der Potsdamer CDU. Weil auch Landhaus-Inhaber Wilhelm Wilderink teilgenommen hatte, soll das Vorstandsmitglied die Partei verlassen.

| Update:

Nach Bekanntwerden seiner Teilnahme am rechtsextremen Geheimtreffen in der Villa Adlon bereitet die Potsdamer CDU ein Ausschlussverfahren gegen ihr Vorstandsmitglied Wilhelm Wilderink vor. Wilderink ist Eigentümer des Gästehauses am Lehnitzsee, wo sich im vergangenen November Rechtsextremisten mit Vertretern von AfD, Werteunion und CDU trafen.

„Sollten CDU-Mitglieder an einem solchen Treffen teilnehmen, verstößt das gegen die Grundsätze unserer Partei“, hatte der Kreisverbandsvorsitzende Steeven Bretz bereits kurz nach den Enthüllungen durch die Rechercheplattform Correctiv erklärt.

Aus einem Interview mit der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ) geht derweil hervor, dass Wilderink noch tiefer in das rechtsextreme Geheimtreffen verstrickt gewesen ist, als bislang bekannt.

Wilderink ließ Ultimatum verstreichen

Bis Montag hatte die Potsdamer CDU ihrem Vorstandsmitglied Zeit eingeräumt, von sich aus die Partei zu verlassen. In dieser Zeit sei keine Austrittserklärung eingegangen, hieß es aus der Partei. Das Ausschlussverfahren werde nun „formal vorbereitet“.

Wilderink äußerte sich auf Anfrage nicht zum Ablauf des Ultimatums. Der „Welt“ sagte Wilderink, einem Verfahren sehe er gelassen entgegen. „Ich kann weder juristisch noch politisch parteischädigendes Verhalten erkennen.“

Der Kreisvorstand hatte am Mittwoch vergangener Woche dieses Vorgehen mehrheitlich beschlossen: Nach PNN-Informationen stimmten acht Vorstandsmitglieder für das Ultimatum an Wilderink, vier dagegen, zwei enthielten sich.

Das Ultimatum hatte der Potsdamer CDU-Kreisvorsitzende Steeven Bretz bereits ausgesprochen, nachdem die PNN berichtet hatten, dass Wilderink entgegen vorheriger Aussagen doch an dem von Correctiv enthüllten rechtsextremen Geheimtreffen teilgenommen hatte. Laut Correctiv soll der rechtsextreme Aktivist Martin Sellner dort einen Plan zur Vertreibung von Migranten aus Deutschland vorgestellt haben. 

Der Ablauf eines Parteiausschlussverfahrens sieht vor, dass Wilderink zunächst die Gelegenheit bekommt, schriftlich zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen. Schlussendlich wird ein Kreisparteigericht über den Fall entscheiden.

Widersprüchliche Stellungnahmen von Wilderink

Unterdessen äußerte sich Wilderink in der NZZ. Diese veröffentlichte am Samstag eine große Homestory über den Eigentümer des Gästehauses am Lehnitzsee. Darin gestand Wilderink ein, an dem rechtsextremen Treffen teilgenommen zu haben. Laut dem Bericht soll er den Reportern der Zeitung sogar aus dem persönlichen Einladungsschreiben vom Gastgeber der Runde vorgelesen haben, dem Rechtsextremisten Gernot Mörig.

Hier ist nichts Böses gesagt worden.

Wilhelm Wilderink, Besitzer der Villa Adlon, über das rechtsextreme Geheimtreffen

Dass Wilderink, anders als er es zuvor in einer Mail an seine Nachbarschaft dargestellt hatte, nicht zufällig zur Unterstützung seiner Mitarbeiter in den rechten Vortragsabend hineingeraten ist, sondern vom Gastgeber der diskreten Runde persönlich eingeladen worden ist, war bislang nicht bekannt.

In der Vergangenheit hatte Wilderink sich bereits mehrfach öffentlich zu den Vorwürfen geäußert, allerdings stets etwas unterschiedlich. Noch am Tag der Correctiv-Veröffentlichung sagte er der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ (MAZ), dass er an dem enthüllten Geheimtreffen nicht teilgenommen habe. Themen wie die Vertreibung von Menschen aus Deutschland seien aber sicher nicht besprochen worden: „Ich war nicht dabei, aber das kann ich mir nicht vorstellen“, sagte Wilderink der MAZ.

Kurz darauf verschickte er eine E-Mail an Nachbarn, um seine Sicht der Dinge zu erklären. Aus dem Schreiben, das den PNN vorliegt, geht hervor, dass Wilderink doch bei dem Treffen war. „Wegen Erkrankungen beim Personal“ habe er einen Teil der Organisation übernehmen müssen und deshalb offenbar auch die Vorträge mitgehört. Der Vortrag von Sellner, so schreibt Wilderink, habe nur zu einem Viertel „überhaupt das Thema Remigration behandelt“. 

In der NZZ versicherte Wilderink über das Geheimtreffen: „Hier ist nichts Böses gesagt worden.“ Die Berichterstattung von Correctiv bezeichnete er als den misslungenen „Versuch eines Meuchelmordes“. 

Mit der Ansicht, hinter der Berichterstattung über die Villa Adlon stünde in Wahrheit ein Medienkomplott, ist Wilderink unter Umständen nicht allein: Die CDU-Landtagsabgeordnete Saskia Ludwig soll auf der vergangenen Kreisvorstandssitzung vehement Partei für Wilderink ergriffen haben. Das berichteten mehrere Personen aus dem Teilnehmerkreis den PNN.

Ludwig soll, so schildert es eine Person, die Berichterstattung über rechtsextremen Umtriebe in der Villa Adlon als „Jagd auf Konservative“ bezeichnet haben. In Richtung der CDU-Mitglieder soll sie gesagt haben: „Jeder könnte der nächste sein.“ Ludwig ließ eine Anfrage hierzu unbeantwortet.

Eine Teilnehmerin des rechtsextremen Geheimtreffens will nun juristisch gegen Correctiv vorgehen: Die AfD-Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy hat wegen der von Correctiv veröffentlichten Bilder und möglicher Tonaufnahmen in Potsdam Strafanzeige gestellt. Dies bestätigte die Staatsanwaltschaft Potsdam am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Mir geht es insbesondere darum Zugang zu eventuellen Ton- und Bildaufzeichnungen zu erhalten“, sagte Huy der dpa.

Correctiv hatte unter anderem von außen angefertigte Fotos des Treffens in einem Hotel veröffentlicht sowie Bilder, die laut Correctiv innen mit einer Uhr gefilmt wurden. Auch Huy ist zu sehen. Tonaufnahmen des Treffens sind nicht bekannt. Die Anzeige richtet sich laut Staatsanwaltschaft gegen 15 namentlich genannte Personen. (mit dpa)

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