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Der designierte Brandenburger Bildungsminister Steffen Freiberg am Dienstag bei der Vorstellung des Kita-Programms.

© dpa/Bernd settnik

Erste Feuertaufe für Steffen Freiberg: Brandenburgs neuer Bildungsminister präsentiert Kita-Programm

Nach dem Rücktritt von Britta Ernst hatte ihr Nachfolger seinen ersten großen Auftritt. Mit dem Programm für die Kindertagespflege soll vieles besser werden – doch Kritik blieb nicht aus.

Er konnte, und das ist selten in der Bildungspolitik, eine frohe Botschaft verkünden. Das erleichterte die Feuertaufe für den Neuen: Brandenburgs designierter Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) hat am Dienstag in der Staatskanzlei ein groß angelegtes Programm für kleinere Gruppen in Kinderkrippen, eine Ausweitung der Tagespflege im Land und beitragsfreie Kitas bis zum Jahr 2024 präsentiert. „Das ist eine deutliche Entlastung für viele Familien“, betonte der 41-Jährige auf der Pressekonferenz nach der Sitzung des Kenia-Kabinetts, das dafür zwei Gesetzesnovellen beschlossen hatte.

Die Betreuung von Kleinstkindern durch Tagesmütter und -väter werde erleichtert, Bürokratie abgebaut. „Brandenburg bekommt damit das modernste Kindertagespflegegesetz in Deutschland“, sagte Freiberg. Im berlinnahen Raum sei dies auch eine Möglichkeit für die Kommunen, dringend benötigte Betreuungsplätze zu schaffen.

Erster eigenständiger Auftritt

Es war sein erster eigenständiger Auftritt seit dem Rücktritt seiner vorherigen Chefin Britta Ernst vor einer Woche. Diese hatte in ihrer Amtszeit öffentliche Termine in Landtag und Regierung weitgehend selbst übernommen, fast nie einem Staatssekretär überlassen. Das ist ein Grund, weshalb ihn selbst im politischen Potsdam bisher nur wenige kennen, obwohl er im Hintergrund seit einem Jahr als Staatssekretär und Amtschef das Bildungsministerium führt.

Im Vergleich zu Berlin, wo Eltern seit Jahren nicht mehr für die Betreuung ihrer Kinder zahlen müssen, hinkt Brandenburg bei der Kita-Beitragsfreiheit zwar deutlich hinterher. Bislang ist nur das letzte Jahr vor der Einschulung beitragsfrei. Doch mit den nun angeschobenen Novellen sollen ab 1. August 2023 im vorletzten Kita-Jahr und ab 1. August 2024 dann für alle Kinder Elternbeiträge in den Kitas wegfallen, also für die Drei- bis Sechsjährigen. Das betreffe 79.000 Kinder, so Freiberg. Damit werde – ein Jahr später als ursprünglich geplant – eine Vorgabe des Koalitionsvertrages umgesetzt.

Das ist eine deutliche Entlastung für viele Familien.

Steffen Freiberg, Brandenburgs designierter Bildungsminister

Für die Kinder im Krippenalter müssen Eltern in Brandenburg weiter zahlen. Wann damit Schluss ist? Er bitte um Verständnis, dass er sich zurückhalte, „ich bin noch nicht einmal vereidigt.“ Für die Kinderkrippen brachte das Kabinett einen besseren Betreuungsschlüssel auf den Weg. Und zwar von derzeit einer Erzieherin, einem Erzieher – rechnerisch – für 4,65 Kinder in zwei Schritten bis zu einem Verhältnis von 1:4 im Jahr 2025. Das Land gibt dafür Geld für 1050 zusätzliche Stellen.

Land ermöglicht Großtagespflege

Die Tagespflege, eher im Westen etabliert, hat in Brandenburg wegen der Dominanz großer Träger und ihrer Lobby bisher eher einen schweren Stand. Nun soll es möglich werden, dass zwei bis drei Kindertagesmütter oder -väter sich zusammenschließen und als sogenannte „Großtagespflege“ bis zu 15 Kinder betreuen dürfen, was eine verlässliche Betreuung etwa bei Urlaub oder Krankheiten ermöglicht.

Dieses Modell könne auch in Betrieben und Krankenhäusern oder in Kooperationen mit Kitas angewandt werden, die in Randzeiten die Betreuung sichern wollen. Mit dem Programm für Kinderbetreuung im Land erhöhen sich die Kita-Ausgaben des Landes jährlich um 130 Millionen auf 745 Millionen Euro.

Das heißeste Eisen in Brandenburgs Bildungspolitik, das Freiberg ins Amt katapultierte, bleibt heiß. Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) war zurückgetreten, weil ihr die SPD-Landtagsfraktion beim Vorgehen gegen den drohenden Lehrermangel die Gefolgschaft verweigerte und die Streichung von 200 Lehrerstellen ablehnte, um mit dem Geld neue Schulassistenzen in den berlinfernen Regionen zu sichern.

745
Millionen Euro betragen die Kita-Ausgaben des Landes nun jährlich.

Ob der Plan gekippt wird, ließen am Dienstag sowohl SPD-Fraktionschef Daniel Keller als auch Freiberg selbst offen, der als Staatssekretär dieses Modell sogar selbst erfunden hatte. „Der sachliche Konflikt ist noch da. Wir streben schnellstmöglich eine Lösung an“, sagte er. Laut Keller wird es vor einer Entscheidung noch einmal Gespräche mit Gewerkschaften, Lehrern, Eltern und Schülern geben. Diese hatten vorher allerdings unisono die Pläne abgelehnt.

Es war ein solider Auftritt Freibergs, auch als er direkt reagieren musste, nachdem er nach einem Brandbrief aus einer Schule in der Lausitz gefragt wurde, in der Schüler und Lehrer um Hilfe gegen krasse rechtsextreme Tendenzen bitten. „Das ist schockierend“, sagte Freiberg. Es sei Ausdruck dessen, was sich in der Gesellschaft offenbart. Das Schulamt sei eingeschaltet.

Er schloss eine Intervention über das Team des „Toleranten Brandenburgs“ nicht aus. Am Nachmittag meldete sich die Opposition zu Wort und rügte das Programm. „So wird der Kita-Kollaps nicht verhindert“, erklärte Linke-Bildungspolitikerin Kathrin Dannenberg. Daran wird sich Freiberg im neuen Job gewöhnen müssen.

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