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Brandenburgs bisherige Anti-Terror-Einheit wird aufgewertet - und auch Waffen und Spezialkräfte, wie das SEK, werden aufgerüstet.

© F. Rumpenhorst/dpa

Strukturmaßnahmen im Anti-Terror-Kampf: Brandenburgs Polizei ordnet Landeskriminalamt neu: Anti-Terror-Einheit wird aufgewertet

Brandenburgs bisherige Anti-Terror-Ermittlergruppe wird aufgewertet - aus ihr wird ein eigenes Dezernat. Wegen der abstrakt hohen Terrorgefahr im Land werden außerdem die Spezialkräfte, Polizeiinspektionen und Bereitschaftspolizisten besser ausgestattet.

Potsdam - Die Anti-Terror-Einheit der brandenburgischen Polizei beim Landeskriminalamt (LKA) wird heraufgestuft. Aus der bisherigen Ermittlergruppe, im Fachjargon „Besondere Aufbauorganisation“ (BAO), wird zum 1. November ein eigenes Dezernat in der Staatsschutzabteilung des LKA. Auch die bisherige Sonderkommission zum Autodiebstahl bekommt mehr Gewicht und wird zum Dezernat aufgewertet. Das hat jetzt Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke entschieden, wie ein Sprecher des Polizeipräsidiums den PNN bestätigte. Zugleich wurde damit klargestellt, dass es entgegen anders lautender Berichte unter Berufung auf Mörke – Brandenburg bekomme erst jetzt eine Anti-Terror-Einheit – eine solche Einheit bereits gibt, seit Anfang 2015.

Aus dem Innenministerium hieß es, Mörke könne sich eben gut verkaufen. Tatsächlich sorgt der Behördenchef mit dem neuen Dezernat bei der Personalstärke des Staatsschutzes beim LKA vor und setzt die Ergebnisse der Evaluation der Polizeireform vom vergangenen Jahr um. Der bisher geplante Wegfall von 40 Prozent der Stellen sinkt nun auf 20 Prozent.

Ziel: Ermittlungsgruppe soll mehr Schlagkraft bekommen

Aus dem Polizeipräsidium selbst hieß es, das Thema sei zu wichtig, als es nur nebenher von einer Ermittlergruppe bearbeiten zu lassen. Durch die Heraufstufung gebe es einen Dezernatsleiter im höheren Dienst, was für die Zusammenarbeit mit Stellen anderer Sicherheitsbehörden von Bedeutung sei. Das Ziel: Die Truppe soll mehr Schlagkraft bekommen. Wie bisher gibt es auch einen Islamwissenschaftler, was bei Anti-Terror-Einheiten bundesweit Standard ist. Einziges Problem: Der bisherige Experte geht in Pension und ein Nachfolger muss gefunden werden. Doch der Markt ist leergefegt. Die Sicherheitsbehörden haben deutschlandweit Probleme, geeignete Fachleute zu finden, die Entwicklung wurde über Jahre verschlafen.

Der Innenexperte der CDU-Landtagsfraktion, Björn Lakenmacher, einst selbst Beamter beim Bundeskriminalamt (BKA), bezeichnet das Vorgehen von Polizeipräsident Mörke als „reine Strukturmaßnahme“. So richtig dies sei, dennoch werde nur „viel heiße Luft um die Ecke zu geschaufelt“. Es sei kein großer Wurf in Sachen Terrorbekämpfung und handle sich nur um Personalverschiebungen. Die wolle er nicht kritisieren, aber: „Der Staatsschutz und der Verfassungsschutz müssen aufgestockt werden. Dann wird ein Schuh draus.“

Sicherheitsbehörden haben Islamisten aus Tschetschenien und dem Nordkaukasus im Visier

Tatsächlich soll das Dezernat wie auch die bisherige Ermittlergruppe über rund 20 Stellen verfügen, die Hinweisen auf radikale und gewaltbereite Islamisten und auf Terrorgefahr nachgehen. Allein im Jahr 2015 landeten bei der Einheit 336 Vorgänge. Meist sind es Hinweise, die aus Asylheimen und von Flüchtlingen kommen. Nach den bisherigen Erfahrungen denunzieren sich Asylbewerber teilweise wegen persönlicher Konflikte in den Unterkünften gegenseitig als IS-Terroristen oder Kriegsverbrecher. Es gibt viele Fälschungen, Verunglimpfungen oder Verwechslungen. Vorrangig haben die Sicherheitsbehörden in Brandenburg als potenzielle „Gefährder“ allerdings nicht im vergangenen Jahr nach Deutschland geflüchtete Asylbewerber im Visier, sondern Islamisten aus Tschetschenien und dem Nordkaukasus, von denen ein Teil schon einige Jahre in Brandenburg lebt.

Wie berichtet stuft der Verfassungsschutz im Land bis zu 80 Islamisten als gefährlich ein – doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Zudem hat sich die Zahl der Gefährder, denen Gewaltakte und Terroranschläge zugetraut werden, auf eine zweistellige Zahl verdoppelt.

Bekanntlich rüstet die Polizei wegen der Terrorgefahr auch ihre Spezialkräfte und Waffen auf, auch Spezialeinsatz- und Mobiles Einsatzkommando (SEK und MEK) werden aufgestockt. Das SEK wurde mit den Kurzversionen des Militärgewehrs G36, Titan-Schutzhelmen und neuen Schutzwesten ausgestattet. Hinzu kommen nun noch Nachtsichtgeräte.

Neue Maschinenpistolen und bessere Schutzwesten

Auch die Polizeiinspektionen und die Bereitschaftspolizei sollen mit neuen Maschinenpistolen und Schutzwesten mit höherer Schutzklasse ausgestattet werden. Die bisherigen Maschinenpistolen vom Typ MP5, wie sie auch bei der Bundespolizei im Einsatz sind, bekommen Munition mit mehr Durchschlagskraft. Zudem soll in jeder Inspektion ein Einsatzwagen mit Maschinenpistolen bestückt sein. Perspektivisch sollen die MP5 bei Bereitschaftspolizei und Inspektionen durch die Weiterentwicklung MP7 ersetzt werden. Denn die eine höhere Reichweite bis zu 200 Meter gilt als zielgenau. Das alles hat mit den Erfahrungen der französischen Polizei mit den Anschlägen des IS in Paris im November 2015 zu tun. Die Terroristen waren mit AK47-Sturmgewehren (Kalaschnikow) – also Kriegswaffen – sowie schweren Schutzwesten ausgerüstet.

Für Brandenburg gilt laut Innenministerium eine hohe abstrakte Terrorgefahr. Nach den Erfahrungen mit den Anschlägen vom Sommer in Bayern muss nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden davon ausgegangen werden, dass es jederzeit auch in Brandenburg zu terroristische Taten kommen kann. Zumal das Land Islamisten wegen der Nähe zu Berlin Islamisten als Rückzugsort und Ausgangspunkt zur Unterstützung oder Rekrutierung für den IS dient.

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