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600 Cannabispflanzen hat der junge Mann im Bungalow seiner Eltern angebaut.

© dpa

Cannabis-Plantage in Stahnsdorf: „Es roch schon in 30 Metern Entfernung“

Die Cannabis-Plantage in Stahnsdorf mit 600 Pflanzen blieb ein halbes Jahr lang unentdeckt. Dann kam der Schornsteinfeger.

Von Enrico Bellin

Stahnsdorf - Mehr als ein halbes Jahr lang blieb die Cannabis-Plantage von Sven S.(*) in einem Bungalow in Stahnsdorf unentdeckt, insgesamt 600 Pflanzen konnte er dort großziehen. Dann kam der Schornsteinfeger.

Der fegte Ende März vergangenen Jahres den Schornstein vom Haus der Großmutter des 29-Jährigen, anschließend wollte er seine Leiter an den Bungalow stellen. Der einstöckige Bau steht auf einem Grundstück mit dem Haus der Großmutter und dem der Eltern von Sven S. Dem Schornsteinfeger fielen ein Wasserschlauch, der in den Bungalow hineinführte, sowie eine laute Lüftung auf. „Da ihm das niemand erklären konnte, meldete der Schornsteinfeger uns seine Beobachtungen“, sagte Thorsten H. (*), Polizist des Teltower Reviers, gestern beim dritten Verhandlungstag gegen S., seine Adoptiveltern, eine Freundin und einen Komplizen vor dem Potsdamer Landgericht aus. Die fünf stehen seit Ende Dezember wegen unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln und Handel in bandenmäßigem Stil vor Gericht (PNN berichteten). Der Polizist machte sich nach den Schilderungen des Schornsteinfegers mit einem Kollegen auf, um den Bungalow zu untersuchen.

Die Mutter will von nichts gewusst haben

„Schon in etwa 30 Metern Entfernung bemerkten wir den typischen, süßlich-schweren Marihuana-Geruch“, so der Polizist. Ein wichtiges Detail: Die Mutter von S., der im Sommer 2013 den Bungalow umgebaut hat, will bis kurz vor der Verhaftung nichts von der Plantage auf ihrem Grundstück gewusst haben. Auch Zelte im Keller, in denen das Marihuana getrocknet wurde, habe sie nicht bemerkt. Der Vater von S. hatte bereits am vorangegangenen Verhandlungstag zugegeben, ab Oktober 2013 von der Anlage gewusst zu haben.

„Man hätte sich eine Knoblauchzehe vor die Nase halten können, und das Marihuana trotzdem noch gerochen“, beschreibt Thorsten H. die Intensität des Geruchs auf dem Grundstück. Er habe den Eindruck, das beide Elternteile wussten, was in ihrem Bungalow vor sich ging. „Neben den Cannabis-Pflanzen standen auch ganz normale Blumen, an der Wand hing eine handschriftliche Notiz: ,Immer schön Ordnung halten’.“

Angeklagter hat gestanden

Sven S. hatte Anfang des Monats bereits den Betrieb der Plantage gestanden. Auch sein Berliner Komplize Herbert A.(*) hatte gestanden, Pflanzen und Technik geliefert sowie in einer Potsdamer Wohnung selbst eine Plantage betrieben zu haben. Er ist zudem wegen des Besitzes von 161 kinderpornografischen Dateien angeklagt. Beide Männer sitzen seit April 2014 in Untersuchungshaft.

Den Bungalow soll Sven S. fachmännisch ausgebaut und für die Cannabis-Aufzucht hergerichtet haben. Vom Haus seiner Großmutter habe er ein Starkstromkabel in den Bungalow verlegt, das noch vor dem Stromzähler abzweigte. So konnte der enorme Stromverbrauch der Anlage unbemerkt bleiben.

Der Geruch sei nicht aufgefallen

Die Großmutter und der mit ihr im Haus lebende Heinz R. (*) waren nach Aussage von R. im August 2013 zwei Wochen lang an der Ostsee, in der Zeit könnte das Kabel verlegt worden sein. Ihm selbst habe Sven S. gesagt, er solle vom Bungalow lieber wegbleiben. Er habe sich zwar gewundert, das dort immer abgeschlossen gewesen sei, sich aber nicht weiter darum gekümmert. Der Geruch sei ihm nicht aufgefallen, schließlich wisse der 80-Jährige nicht, wie Cannabis riecht.

Neben R. sollte gestern Tatjana H. (*) aussagen, die zur Tatzeit die Freundin von Sven S. war. Um sich nicht selbst zu belasten, verweigerte sie jedoch die Aussage. Die 18-Jährige war am Anbau ebenfalls beteiligt, wegen ihres Alters wurde sie jedoch in einem getrennten Prozess zum Ableisten von 30 Sozialstunden verurteilt.

Die fünf vor dem Landgericht Angeklagten müssen mit wesentlich härteren Strafen rechnen. Sollte sich der Vorwurf des bandenmäßigen Handels beweisen lassen, drohen mindestens fünf Jahre Haft. Der Prozess wird am 26. Januar fortgesetzt. (*Name geändert)

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