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Was müssen Familien in Michendorf künftig für die Kinderbetreuung zahlen?

© Foto: dpa/Friso Gentsch

Deckelung auf 40 Euro Erhöhung pro Kind?: Michendorf will neue Kitasatzung prüfen

Bis zu 130 Euro mehr müssen viele Familien ab Januar monatlich für die Kinderbetreuung zahlen. Manche bringt das in finanzielle Not. Die Gemeinde macht ein Angebot.

Die Gemeinde Michendorf will bei ihrer Kita-Kostenbeitragssatzung noch einmal neu kalkulieren. Dazu sollen die Einkommen der Familien - auf deren Grundlage die neuen Beiträge errechnet worden sind - erneut überprüft werden. Am 28. November sollen die Gemeindevertreter einen Beschluss fassen, der möglicherweise eine Deckelung bei 40 Euro mehr pro Kind und Monat vorsieht. Einen entsprechenden Vorschlag will Bürgermeisterin Claudia Nowka (Bündnis für Michendorf) am Montag in den Hauptausschuss einbringen. Geht es nach ihr, soll die Deckelung auf 40 Euro mehr pro Kind für ein Jahr gelten.

Bislang müssten manche Familien in Michendorf nach der neuen Satzung fast 40 Prozent mehr für die Kinderbetreuung zahlen. Die Regelung, die nach dem derzeitigen Stand ab 1. Januar 2023 greifen soll, sieht vor, dass Eltern mit einem Netto-Haushaltseinkommen von mehr als 4.951 Euro im Monat für eine sechsstündige Betreuung eines Kindes künftig statt 300 Euro 430 Euro zahlen.

Zwischen sechs und neun Stunden steigen die Beiträge bei einem Kind ab einem gemeinsamen Einkommen von 4.651 Euro von 310 Euro auf 440 Euro. Und bei über neun Stunden Betreuungszeit sind es 450 Euro. 450 Euro müssen künftig auch schon Familien mit einem Einkommen ab 4.151 Euro bezahlen. Bislang sind dafür ebenfalls 310 Euro fällig.

Müssen Windeln in den Kitas weiter zur Verfügung gestellt werden?

Die Gemeinde begründet die höheren Beiträge unter anderem mit der Vollverpflegung sowie Hygieneprodukten wie Windeln, die die Einrichtungen mit insgesamt rund 620 Kitaplätzen seit 2020 bereithalten müssten.

Die neue Satzung sei erst einmal nur vorübergehend, sagte Bürgermeisterin Nowka auf Anfrage am Dienstag. Mit der Nachkalkulation will die Gemeinde den Familien entgegenkommen. „Ich will den Eltern die Angst und die Sorgen nehmen“, so Nowka. Eine Arbeitsgruppe, die sich ab Januar zusammensetzen soll, solle noch einmal über die Kita-Beitragskosten beraten. Zu diskutieren sein werde auch, an welchen Stellschrauben die Gemeinde drehen kann, um zu sparen. Beispielsweise werde zur Debatte stehen, ob weiterhin Windeln in den Kitas zur Verfügung gestellt werden müssen, sagte Nowka.

Michendorfs Bürgermeisterin Claudia Nowka (Bündnis für Michendorf)
Michendorfs Bürgermeisterin Claudia Nowka (Bündnis für Michendorf)

© Privat

Die Familien sollen nun ein einfaches Formular erhalten, mit dem sie ihre Einkommen der Gemeinde bis Ende des Monats mitteilen können. Auf dieser Grundlage will man dann neu beraten und neu kalkulieren. „Es könnte ja auch sein, dass unsere Kalkulation anders ausfällt“, sagte Nowka. Die neue Satzung, aufgrund derer viele Michendorfer Familien in den vergangenen Tagen neue Beitragsbescheide erhalten haben, soll zwar erst einmal weitergelten, jedoch mit der befristeten Deckelung, so Nowkas Vorschlag an die Gemeindevertreter.

Die Neuüberprüfung hatte die Bürgermeisterin nach einem Infoabend am Montag in Michendorf angekündigt. Rund 100 Menschen besuchten die Veranstaltung im Gemeindezentrum „Zum Apfelbaum“. Die Gemeinde hatte nicht mit einem so großen Andrang gerechnet: Zusätzliche Stühle mussten in den Saal gebracht werden, nicht alle Eltern fanden einen Platz. Es gab Tränen, Wut und laute Worte.

Viele Eltern haben Widerspruch eingelegt

Viele Eltern wollten wissen, wie sich die Berechnung der neuen Beiträge konkret zusammensetzt. Zufrieden mit den Informationen waren nicht alle. „Mich würde interessieren, warum unsere Kommune nicht in der Lage ist, die Kitakosten selbst zu tragen?“, fragte eine Mutter in den vorderen Reihen, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen wollte. Sie müsse nach der neuen Regelung künftig 150 Euro mehr für die Kinderbetreuung zahlen, sagte sie. Viele Eltern haben Widerspruch gegen die neuen Beiträge eingereicht, wie Fachbereichsleiterin Soziales und Bildung, Annick Sargk-Sternad, sagte.

Leiterin des Fachbereichs Soziales und Bildung bei der Gemeinde Michendorf, Annick Sargk-Sternad
Leiterin des Fachbereichs Soziales und Bildung bei der Gemeinde Michendorf, Annick Sargk-Sternad

© Anna Bückmann

Juliane Prütz, Mutter und Gründerin einer Elterninitiative, die sich gegen die gestiegenen Beiträge wendet, sagte: „Die Gemeinde bringt Eltern mit der Kostentabelle in eine finanzielle Schieflage. In zwei Monaten ist Weihnachten, viele planen den Sommerurlaub. Da kommt die Gemeinde mit einer Tabelle, die Familien erst einmal schlucken lässt.“

„Wir müssen ab Januar 900 Euro zahlen. Mit Essensgeld sind wir bei fast 1000 Euro. Wir können uns das bald nicht mehr leisten“, sagte Christian Wienert, Schulleiter am Einstein-Gymnasium in Potsdam und Vater von zwei Kindern.

CDU ist gesprächsbereit

Auch betroffen von den Erhöhungen sind Franziska und Johannes Knobel. Franziska Knobel ist Altenpflegerin, ihr Mann arbeitet als Fahrzeuglackierer. Die beiden müssen laut der neuen Tabelle künftig 440 Euro für die Kinderbetreuung ihrer vierjährigen Leoni zahlen. Das sind 168 Euro mehr als zuvor. „Wenn die Zahlen so kommen, dann fährt man nur noch zur Arbeit, um zu leben. Jegliche Freizeitaktivitäten fallen dann weg“, sagte Johannes Knobel. Neben den höheren Kitabeiträgen müsse die Familie noch rund 200 Euro mehr für erhöhte Gaspreise zahlen.

 Jegliche Freizeitaktivitäten fallen dann weg.

Johannes Knobel, Fahrzeuglackierer

„Es ist bei uns nicht so, dass wir im Jahr keine großen Reisen machen. Wir fahren einmal im Jahr an die polnische Ostsee für eine Woche, weil es für uns dort noch mit am bezahlbarsten ist. Und selbst das scheint bis jetzt für nächstes Jahr undenkbar“, so Franziska Knobel. Das meiste Geld kommt bei der Familie über die Nachtschichten der Mutter zusammen.  

Franziska und Johannes Knobel aus Michendorf mit ihrer Tochter Leoni.
Franziska und Johannes Knobel aus Michendorf mit ihrer Tochter Leoni.

© Privat

Die CDU-Fraktion hat einen Antrag eingereicht, mit dem sie den Beschluss zur neuen Satzung kippen will. Zu Nowkas neuen Vorschlägen sagte Vorsitzender Jörg Heise: „Konstruktiven Vorschlägen gegenüber sind wir immer offen. Wir werden uns den Vorschlag am Montag anschauen.“

Auch die SPD in Michendorf steht hinter der Idee. „Eine Übergangslösung hatte ich bei der Beschlussfassung damals im September eingebracht. Die Gemeinde lehnte das ab. Besser spät als nie also“, sagte SPD-Fraktionsvorsitzender Martin Kaspar.

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