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Lisa Paus am Mittwochabend im Bundestag, als sie ihren Entwurf für das Kita-Qualitäts-Gesetz vorstellte.

© imago/Christian Spicker / Foto: Imago/Christian Spicker

Bessere Qualität oder doch nur Mogelpackung?: Was die Bundesregierung für Kitas tun will

Am Mittwochabend hat der Bundestag das Kita-Qualitätsgesetz in erster Lesung beraten. Bessere Leistung, niedrigere Beiträge - oder beides? Nicht nur darüber gab es Streit.

Als Franziska Giffey noch Ministerin war, klang die ganze Sache irgendwie mehr nach Kindergarten: „Gute-Kita-Gesetz“. Aber diese Zeiten sind vorbei. Im Familienministerium hat nun die Grüne Lisa Paus das Sagen, die Gesetze haben wieder seriöse Namen. Und so soll das „Gute-Kita-Gesetz“ bald abgelöst werden vom „Kita-Qualitätsgesetz“. Am Mittwochabend wurde es in erster Lesung im Bundestag debattiert.

Gute Qualität, die hätten natürlich alle gern. Niedrige Beiträge allerdings sind auch eine feine Sache. Nun dreht sich der Streit darum, ob der Bund nur für das eine oder auch für das andere zahlen sollte. Und überhaupt, sorgt der Gesetzentwurf der Ampel eigentlich für bessere Qualität in den Kitas? Die Opposition hat da naturgemäß ihre Zweifel.

Von guten Startchancen für alle und sozialer Gerechtigkeit von Anfang an sprach Ministerin Paus zu Beginn der Debatte. Jeweils knapp zwei Milliarden Euro für die Jahre 2023 und 2024 hat sie bei Finanzminister Christian Lindner (FDP) lockermachen können. Dafür kam ausdrückliche Anerkennung sogar von der CDU/CSU-Fraktion.

Bisher konnten die Länder das Geld auch für Gebührensenkungen ausgeben

Paus’ Ziel ist es, dass die Länder das Geld in sieben definierte Bereiche investieren. Diese sind: Bedarfsgerechtes Angebot, also zum Beispiel der Ausbau der Öffnungszeiten; Fachkraft-Kind-Schlüssel, also die Frage, wie viele Kinder eine Fachkraft zu betreuen hat; die Gewinnung und Sicherung von qualifizierten Fachkräften; starke Leitung; sprachliche Bildung; Maßnahmen zur kindlichen Entwicklung, Gesundheit, Ernährung und Bewegung sowie als siebtes die Stärkung der Kindertagespflege, also der Betreuung in familiärem Rahmen durch Tagesmütter und -väter. Die Länder sollen selbst entscheiden, für welches oder welche dieser Felder sie das Geld ausgeben.

Allerdings: Beim bisherigen Gute-Kita-Gesetz, das zum Jahresende ausläuft, konnten die Länder das Geld, das vom Bund kam, auch nutzen, um für die Eltern die Gebühren zu senken. Mecklenburg-Vorpommern nutzte die Mittel sogar vollständig zu diesem Zweck, andere, etwa Baden-Württemberg, investierten jeden Euro in die Qualität.

Für das neue Gesetz wurde ein Kompromiss gefunden. Nur die Länder, die das Geld bisher schon für Beitragssenkungen verwendeten, dürfen das auch weiterhin tun – und das auch nur, soweit es weniger als 50 Prozent der gesamten Bundesmittel sind. Als Bestrafung derjenigen, „die in den vergangenen Jahren kreativ und fleißig waren“, wertete das die CDU-Familienpolitikerin Katja Leikert. Das Gesetz sei eine Mogelpackung, da nicht die gesamte Förderung für Qualität ausgegeben werden müsse. Umgekehrt argumentierte der AfD-Abgeordnete Gereon Bollmann. Er sagte, die Ampel greife mit der Änderung berufstätigen Eltern „in die Tasche“. Der SPD-Abgeordnete Erik von Malottki befand, Qualität und Gebühren dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Gut aufgehoben? Ein Kleinkind in seiner Kita.
Gut aufgehoben? Ein Kleinkind in seiner Kita.

© Foto: imago/Westend61

Der nächste Streitpunkt: Paus möchte vorschreiben, dass die Kita-Gebühren in allen Bundesländern gestaffelt sein müssen, nach Familieneinkommen, Anzahl der Geschwister und Länge der Betreuungszeit. Derzeit ist das nicht überall der Fall. Damit stößt sie vor allem im Bundesrat auf Widerstand. Am vergangenen Freitag hat die Länderkammer eine entsprechende Stellungnahme zum Gesetzesentwurf abgegeben. Diese Neuregelung sei „schwer umsetzbar“ und stelle „einen unverhältnismäßigen Eingriff des Bundes in die Länderzuständigkeit dar“, sagte der sächsische Kultusminister Christian Piwarz (CDU).

Und schließlich ist da noch der Streit um die Sprach-Kitas. Die wurden über ein Bundes-Förderprogramm ins Leben gerufen, das zum Jahresende ausläuft. Aus Sicht von Paus kein Problem, ist doch die sprachliche Bildung ohnehin eine der sieben künftig vorgesehenen Investitionsmöglichkeiten.

Die Länder allerdings haben in den vergangenen Monaten scharf protestiert, und Union und Linkspartei kritisierten Paus am Mittwoch ebenfalls deutlich. Es wäre grundsätzlich möglich, die Förderung umzutopfen, argumentierte Heidi Reichinnek, frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion. Aber niemand habe einen Plan, wie das so schnell gehen solle. Tausende Fachkräfte, die aus dem Programm finanziert würden, wüssten nicht, wie es im nächsten Jahr weitergehen solle. „Die orientieren sich jetzt neu.“ Der Entwurf komme viel zu spät, da das bisherige Gesetz schon zum Jahresende auslaufe. Es herrsche „Chaos in der Umsetzung“ einer richtigen Idee.

Die sieben neuen Kriterien sollen erst ab Sommer 2023 greifen, daher bemüht sich Paus um eine Übergangsfinanzierung. Von Malottki schlug vor, im weiteren parlamentarischen Verfahren noch eine Bestandsgarantie für die Sprach-Kitas zu schaffen. Ohnehin hat die Ampel noch weitere Pläne. Der jetzige Entwurf sei ein klares Signal für mehr Aufstiegschancen, unabhängig von der sozialen Herkunft, sagte der FDP-Familienpolitiker Matthias Seestern-Pauly. Ein weiteres Gesetz, um bundeseinheitliche Qualitätsstandards zu schaffen, werde wie im Koalitionsvertrag vereinbart folgen.

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