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Friedrich-Ebert-Straße und Nauener Tor historische Aufnahme

© Michael Sobotta / Michael Sobotta

Das alte Potsdam in bunt: Was Alltagsbilder über die Stadt erzählen

Mit seinem neuen Buch „Potsdam in historischen Farbdias 1936 bis 1943“ bringt Michael Sobotta Farbe in eine Zeit, die man meist nur in Schwarz-Weiß kennt.

Ab 1936 geht fotografieren auch in Farbe, jedenfalls mit dem deutschen Agfacolorfilm. Der hat 36 Bilder und kostet etwa 3,60 Reichsmark. „Das entsprach dem Tagesverdienst eines normalen Arbeiters“, sagt Michael Sobotta. „Das musste man sich erstmal leisten können.“

Sobotta, 73, ist IT-Experte im Ruhestand aber auch Sammler historischer Farbfotos und Farbdias von Berlin und Potsdam. Er hat bereits mehrere Fotobücher herausgegeben, sein neues heißt „Potsdam in historischen Farbdias 1936 bis 1943“: Bilder einer Zeit, die man sonst nur in Schwarz-Weiß vor Augen hat – auch weil es Jahre sind, zu denen die bunte Fröhlichkeit aus heutiger Sicht schlecht zu passen scheint.  

Ein vermeintlich unbeschwertes Potsdam

Das Buch zeigt ein vermeintlich unbeschwertes Potsdam und seine Bewohner und Besucher. Der Klassiker ist der Familienausflug, für den man sich schick gemacht hat. „Man fotografierte zwar sparsam aber bewusst, vor allem bei besonderen Anlässen“, sagt Sobotta. 

Was gerade die Farb-Dias in den 1930ern und 1940ern beliebt machte, war, dass die teure Herstellung der Papierabzüge wegfiel. Der Film wurde lediglich entwickelt, in einzelne Bilder zerschnitten und diese dauerhaft in je zwei Glasplatten eingelegt. Zwar brauchte man für einen Diafilm eine etwas bessere Kamera, so Sobotta, aber jedes Dia konnte mithilfe eines Projektors auf einer Leinwand beliebig oft gezeigt werden. Mit unterhaltsamen Dia-Vorführungen ließen sich ganze Familiennachmittage verbringen.

Blick auf den Alten Markt mit Obelisk und Altem Rathaus.
Blick auf den Alten Markt mit Obelisk und Altem Rathaus.

© Michael Sobotta / Michael Sobotta

Michael Sobotta findet heute auf Flohmärkten, was damals fotografiert wurde und in so manchem Familienarchiv landete. Ganze Kisten mit Sammlungen, die keiner mehr braucht oder aufheben will. Hier entdeckt er, der seit 50 Jahren Dias sammelt, immer wieder Neues. Vor allem Potsdam interessierte ihn von Anfang an. „Weil Potsdam für mich als Westberliner unerreichbar war. Ich war neugierig auf die Stadt.“ Die Fundstücke sind zwar häufig verschmutzt, die Farben verblichen oder verfremdet. Beim Digitalisieren mit einem speziellen Scanner kann das Farbschema aber weitgehend original hergestellt werden. „Da ist nichts nachkoloriert“. 

Kaum Bilder mit politischen Symbolen

Das Buch zeigt hauptsächlich Potsdams Parks und Schlösser, touristische Szenen, die den heutigen sehr ähnlich sind – nur dass die Spaziergänger nicht auf Handys starren sondern höchstens in den Stadtplan. 

Eine historische Aufnahme der Nikolaikirche.
Eine historische Aufnahme der Nikolaikirche.

© Michael Sobotta / Michael Sobotta

Daneben gibt es Szenen, die an moderne Streetphotography erinnern: Schnappschüsse mit gut gekleideten Menschen unterwegs in einer schönen Altstadt. Frauen mit Kinderwagen, Schulkinder, Radfahrer, Männer mit Aktentaschen, eine elegante Dame trägt ein verschnürtes Paket in der behandschuhten Hand. Frau und Kind beim Füttern der Schwäne, Gärtnerinnen inmitten der Blumenpracht auf der Freundschaftsinsel.

Auf dem Steubenplatz hält ein Bierkutscher der Kindl-Brauerei, die Flaschenkästen gefährlich getürmt. Der Alte Markt ist Kreuzung, und parken darf man hier auch. Vereinzelt sieht man Polizisten, aber kaum etwas, das auf die Nazizeit deutet. „Im Vergleich zu Berlin gibt es von Potsdam erstaunlich wenige Bilder mit politischen Symbolen wie Flaggen“, sagt Sobotta, „als hätten die Leute versucht, das zu vermeiden.“  

Dafür findet man in einigen Bildern Hinweise auf Luftschutzbunker oder mit weißer Leuchtfarbe gestrichene Bordsteinkanten. 1943 die Stadt noch unversehrt von Bombardierung und Zerstörung. Wenn man die Bilder der Breiten Straße mit Grünanlagen und Garnisonkirche oder die Alte Fahrt mit der früheren Uferbebauung sieht, kann man die Sehnsucht mancher Potsdamer nach der historischen Innenstadt nachvollziehen. 

Sobotta sammelt weiter, obwohl er schon mindestens 20.000 Dias in seinem Archiv hat. Als nächstes möchte er ein Potsdam-Buch mit Farb-Bildern aus den 1950ern machen und sucht noch originale Aufnahmen, die er dafür verwenden kann. „Wer mir ein Foto zur Verfügung stellt, bekommt ein Potsdam-Buch von mir.“ 

So erreichen Sie den Sammler: Michael.Sobotta@gmx.net 

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