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Blick ins Impluvium

© Foto: Leo Seidel/SPSG

Römische Bäder im Schlosspark Sanssouci: Sehnsucht nach Italien

Als Hommage an die Wellnesskultur der Antike ließ sich König Friedrich Wilhelm IV. die Römischen Bäder erbauen. Jetzt werden sie grundlegend saniert.

Jetzt, wo die Tage kürzer werden, wächst sie wieder, die Sehnsucht nach dem Süden, nach dem Land, „wo die Zitronen blüh‘n, im dunklen Laub die Goldorangen glüh’n“. Auch die preußischen Könige träumten davon, aus ihrem Potsdamer Schlosspark eine Art Arkadien zu machen. Friedrich Wilhelm IV. hat diesen Traum so wahr werden lassen, wie das aus den Mittel seiner Staatkasse möglich war.

Der „Romantiker auf dem Thron“ ließ sich im südlichsten Zipfel des Parkes ab 1829 gleich drei Gebäude in italienischem Stil errichten, um hier lustwandeln zu können wie in der lieblichen Landschaft der Toskana. Diese architektonische Trias umfasst eine Villa Suburbana, eine Villa Rustica und eine Fattoria. Das Schloss Charlottenhof, im Stil einer Sommerfrische-Residenz reicher Römer entworfen, ist gut in Schuss und kann im Rahmen von Führungen besichtigt werden. Der Bauernhof, auf dem einst tatsächlich Tiere gehalten wurden, ist dagegen hinter Planen versteckt: In der „Meierei“ hört man Arbeiter werkeln. 2024 soll alles fertig sein, dann wird es hier auch ein Café geben.

Luxuriöse Ausstattung mit viel Marmor

Dazwischen liegen die Römischen Bäder, versteckt hinter der Villa Rustica, dem Landhaus. Schon auf seiner ersten Italienreise hatte sich der damalige Kronprinz für die Antike begeistert, für die Schönheiten von Pompeij, das gerade ausgegraben wurde. Sehr frei ist die Interpretation eines Thermen-Komplexes, die er sich im märkischen Sand bauen ließ. Für die praktische Nutzung war die Anlage aber auch gar nicht gedacht. Das luxuriöse Ambiente des geselligen Beisammenseins nach Art der alten Römer trifft hier auf die Eleganz des Klassizismus à la Karl Friedrich Schinkel. Kostbar ist die Ausstattung, mit viel Marmor, mit feinen Fresken, Säulen, Rundbögen und Skulpturen.

Noch bis Ende Oktober sind die Römischen Bäder zugänglich, bevor dort dann umfangreiche Sanierungsmaßnahmen beginnen. Denn der Zahn der Zeit hat mächtig genagt an dieser Stein gewordenen Hommage an die Antike. 17,5 Millionen Euro stehen zur Verfügung aus dem Sonderinvestitionsprogramm der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, das vom Bund, Berlin und Brandenburg finanziert wird. Spätestens 2027 werden die Arbeiten abgeschlossen  sein, berichtet Ayhan Ayrilmaz, der Direktor der Architektur-Abteilung, bei unserem Rundgang,

An den Römischen Bädern wurden immer wieder Schäden ausgebessert, aber eine  grundlegende Instandsetzung gab es nie. Darum haben sich hier mehr Details aus der Entstehungszeit erhalten als in vielen anderen Gebäuden der Preußenkönige. Was die Sanierung komplex macht - denn Denkmalschützer wollen bekanntlich noch das kleinste Fitzelchen Originalputz bewahren, selbst wenn es hinter eine Tür versteckt ist. Gleichzeitig soll so eine Grundsanierung aber auch dazu dienen, die Römischen Bäder für die Zukunft zu fit machen.

Blick auf die Gesamtanlage

© Foto: André Stiebitz

„Alles, was an Schäden denkbar ist, können Sie hier finden“, sagt Ayhan Ayrilmaz. Die Potsdamer Klimaverhältnisse, die so gar nicht den römischen entsprechen, haben dafür besorgt, dass überall Feuchtigkeit eingedrungen ist. Also muss über statische Ertüchtigung nachgedacht werden, aber auch über Schadstoffentsorgung und ein zukunftstaugliches Konzept zum Energieverbrauch.

Wir betreten das Atrium: Hier sind die Marmorplatten abgesackt, doch zum Glück konnte inzwischen festgestellt werden, dass die Wände nicht mit dem Boden verbunden sind, so dass die wenigstens noch sicher stehen. Im Zentrum des anschließenden Impluviums befindet sich ein Auffangbecken für den Regen, ganz nach antikem Vorbild. Die Deckenöffnung aber wurde bereits vor einem Jahrhundert mit einer Glasscheibe verschlossen. Flechten und Schimmel wollen die Restauratoren hier von den Wandmalereien entfernen, ansonsten aber sollen sie ihre Patina behalten. 

Im Caldarium, dem Raum mit dem Warmwasserbecken, sind vier Karyatiden zu bestaunen, die den griechischen Gebälkträgerinnen von der Akropolis in Athen erstaunlich ähnlichsehen. Grandios ist das Bodenmosaik, eine Kopie der „Alexanderschlacht“ aus Pompeij, allerdings nicht aus zahllosen Steinchen zusammengesetzt, sondern auf Fliesen aufgemalt.

Denkmalschützer brauchen einen langen Atem

Ins ehemalige Billardzimmer kann man nur durch eine Plexiglasscheibe schauen, denn es ist schadstoffbelastet, weil sich Teerpappe hinter der Holzverkleidung der Wände befindet. Erstmalig seit 20 Jahren geöffnet ist dagegen der tempelartige Pavillon draußen am Maschinenteich. Vieles von der Inneneinrichtung hat sich erhalten, ist eingelagert und soll nach der Sanierung wieder gezeigt werden. Der König, ein passionierter Teetrinker, könnte hier zur Teatime eingekehrt sein, spekuliert Ayrilmaz.

„Denk x Schutz“ heißt die Ausstellung, die noch bis zum 31. Oktober im Gärtnerhaus neben den Römischen Bäder gezeigt wird. Hier geht es um die Fragestellungen, mit denen die Denkmalschützer zu tun haben. Ayhan Ayrilmaz berichtet von einem konkreten Beispiel: Wieder für Besucher zugänglich gemacht werden sollen die Kolonnaden am Parkgraben, die zum Innenhof der Römischen Bäder führen. Doch wie soll man die nötige Absturzsicherung zwischen den Terracotta-Säulen gestalten? Mit Kordeln, mit metallenen Ketten? Für müssten die Säulen anbohrt werden. „Blumenkübel!“, rufen die Architekten. „Die hat es da nie gegeben!“, kontern die Gärtner.  

Es ist ein mühseliges Ringen um Kompromisse, das die verschiedenen Abteilungen der SPSG miteinander austragen, bei jedem Sanierungsobjekt  aufs Neue. Zwar haben sie ein gemeinsames Ziel - das Ererbte so gut es geht zu bewahren -, doch der genaue Weg dahin ist eben Ansichtssache, je nach individuellem Blickwinkel. Bei den Dachziegeln für das Gärtnerhaus mit dem charakteristischen Turm wurde schon Einigkeit erzielt. Die Schieferplatten aus dem 19. Jahrhundertsollen weg, die ursprüngliche Eindeckung wieder hergestellt werden.

Man kann ein Modell im Garten sehen und anfassen, zur Anwendung soll die traditionelle Technik „Mönch und Nonne“ kommen: Dabei greifen die Ziegel ineinander, weil sie im Wechsel mit der Rundung nach unten und nach oben verlegt werden. Der Blick wandert hinauf zum Dach: Schön wird das aussehen, authentisch mediterran.

Auf dem Weg zum Ausgang überholt mich ein kleiner Transporter, der zur Schlossparkgärtnerei gehört. Es ist ein italienisches Modell, ein Piaggio. Wie passend.

Die Römischen Bäder sind noch bis zum 31. Oktober geöffnet, Di – So von 10 – 17.30 Uhr. Weitere Infos: www.spsg.de/schloesser-gaerten/objekt/roemische-baeder-im-park-sanssouci/

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