zum Hauptinhalt
Regiert hier bald der Raubtierkapitalismus? Waschhauschef Paselk sagt: nein.

© Andreas Klaer

Schiffbauergasse wird GmbH: Kommt jetzt der Raubtierkapitalismus?

Seit Jahren wird eine neue Form der Betreiberschaft für die Schiffbauergasse diskutiert. Jetzt steht fest: Es soll eine GmbH werden. Politik, Verwaltung und Kulturträger sind dafür – und einige Fragen offen.

Wenn das Waschhaus Großveranstaltungen wie das Openairfestival Havelbeats stemmt, geht dem stets ein bürokratischer Hürdenlauf voraus: Grünflächenamt, Kommunaler Immobilien Service (KIS) und die Kommunale Wohnungsholding Pro Potsdam, alle müssen kontaktiert werden. Das soll künftig einfacher werden. Die Stadt Potsdam will eine GmbH gründen, um eine Betreiberschaft aus einer Hand zu ermöglichen.

Bis es soweit ist, wird es allerdings noch dauern: Erst im Sommer 2025 ist mit dem Gründungsbeschluss zu rechnen. Über den aktuellen Stand informierte Juliane Höpfner, Standortmanagerin für die Stadt in der Schiffbauergasse, im Rahmen des jüngsten Kulturausschusses. Demnach ist alles auf bestem Wege: Alle Kulturträger der Schiffbauergasse hätten sich im Dezember 2022 für eine GmbH ausgesprochen. Einstimmig.

„Konsens herrschte schnell darüber, dass eine erfolgreiche Betreibergesellschaft Zugriff auf die Immobilien und Freiflächen und auf die aus ihnen generierten Einnahmen haben soll“, beschreibt Höpfner den Beteiligungsprozess. „Die Gesellschaft muss auch Investitionen tätigen können und zur Erfüllung aller ihr übertragenen Aufgaben mit ausreichenden personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet sein.“ Keine Kleinigkeit: Die Ressourcenfrage wird in den kommenden Haushaltsverhandlungen Thema sein.

Letzte Baustelle in der durchsanierten Gasse

„Der wichtigste Punkt der Betreibergesellschaft ist der strategische Beirat“, sagt Höpfner. „Darin sollen die Kulturträger eine starke Stimme bekommen.“ Der Beirat solle „frühst möglich“ konstituiert werden. Die Frage, ob die GmbH gemeinnützig sein wird oder nicht, ist noch offen. Dies werde gerade „eingehender geprüft“. Höpfner betont: Es soll für die Kulturträger „möglichst wenige Änderungen in der Praxis“ geben. Und natürlich, so Höpfner, werden Fabrik, T-Werk und Waschhaus auch unter einer städtischen GmbH autonom agieren.

Die Frage nach der Betreiberschaft ist eine der letzten Baustellen in der sonst offiziell aussanierten Schiffbauergasse. Sie wird seit Jahren diskutiert und rückte im Zuge der abgeschlossenen Sanierung der Schiffbauergasse 2021 wieder verstärkt in den Blickpunkt. Die von den freien Kulturträgern favorisierte Form war ursprünglich jedoch die einer eigenen Stiftung gewesen. Als Grund dafür nennt Mathias Paselk: „Dann hätte man die Immobilien in Stiftungseigentum überführt und die Nutzung für die nächsten 100 Jahre gesichert.“

 Der wichtigste Punkt der Betreibergesellschaft ist der strategische Beirat. Darin sollen die Kulturträger eine starke Stimme bekommen.

Juliane Höpfner, Standortmanagerin der LHP in der Schiffbauergasse

Auch die während der Sanierungsphase als Treuhandvermögen eingesetzten Immobilien auf der Schiffbauergasse rücken nun wieder in Blick. Die Rückübertragung des Treuhandvermögens an die Stadt steht nun an. Künftig soll es mit in die GmbH fließen. Da diese aber noch nicht existiert, musste eine Interimslösung gefunden werden: Die Immobilien werden so lange an das FIS, eine Stelle im Kommunalen Immobilienservice, überschrieben. Ein Generalpachtvertrag dafür sorgen, dass die Kulturträger am angestammten Ort arbeiten können, bis das Eigentum umgeschrieben werden kann.

Verbindliche Langfristigkeit ist etwas, worum die freien Kulturträger in der Schiffbauergasse schon lange ringen. Zurzeit müssen Nutzungsverträge Jahr für Jahr verlängert werden. „Im Moment habe ich für noch keinen Nutzungsvertrag für das kommende Jahr vorliegen“, sagt Jens-Uwe Sprengel vom T-Werk. Paselk bestätigt das für das Waschhaus. „Eigentlich dürfte ich gar keine Verträge für 2024 abschließen.“ In der Realität kommt er nicht drumherum.

Das dürfte künftig nicht mehr passieren. Von einer GmbH versprechen sich die Kulturakteure nicht nur einen entbürokratisierten Alltag, sondern auch die ersehnte Planungssicherheit. Von Ängsten vor einer drohenden Kommerzialisierung der Schiffbauergasse ist zwar zu hören, aber der von Paselk formulierte Tenor („Auch eine GmbH steht nicht immer für bösen Raubtierkapitalismus“) scheint zu überwiegen.

Ende Oktober wird der neue Kulturbeigeordnete Walid Hafezi (Grüne) sich erstmals mit den Kulturträgern in der Schiffbauergasse zusammensetzen. „Ich bin gespannt, ob er sich zu einem längerfristigen Bekenntnis zu den Kulturorten durchringen kann als seine Vorgängerin“, sagt Fabrik-Leiterin Sabine Chwalisz. Wichtig sei vor allem Transparenz, sagt Jens-Uwe Sprengel. Und Mathias Paselk: „Ob GmbH oder gGmbH, ich hoffe wirklich, dass das klappt. Ich denke, das ist unsere letzte Chance.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false