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 Lesung "Scenic Reading" in Potsdam

© GÖRAN GNAUDSCHUN

„Scenic Reading“ an der Filmuniversität Potsdam: Einblicke in die Welt der Drehbücher von morgen

Zum zehnten Mal lädt die Filmuniversität Babelsberg zum „Scenic Reading“ ein. Drei Absolventen präsentieren ihre Drehbücher in einer Mischung aus Lesung und Theater.

Von Alicia Rust

Kein Kino- oder Fernsehfilm kommt ohne scharf gezeichnete Figuren aus, ohne Geschichten, die entweder an die Wirklichkeit erinnern oder – für den Zeitraum einer Filmlänge - in fiktive Welten zu entführen. Wie aus einer Idee zu einem Film ein Exposé wird, dann ein Treatment entsteht und schließlich ein verfilmbares Drehbuch, das erlernen junge Filmschaffende an der Filmuniversität Babelsberg unter der Leitung ihres Professors Torsten Schulz. Zum 10. Mal lädt die Universität nun zum„Scenic Reading“ ein.

Die Mischung aus Theater und Lesung ist in drei Abschnitte à 30 Minuten unterteilt und gibt Einblicke in die Welt junger Filmschaffender und ihren Drehbüchern. Andreas Koch, Georg Reinke und Sebastian Spallek, die sich im dritten Semester des Masterstudiengangs Drehbuch/Dramatugie befinden, setzen sich in ihren Erzählstoffen mit den Auswirkungen des heutigen Lebens auf das Persönliche ihrer Figuren auseinander. Die Stücke, aus denen in Form autarker Geschichten vorgetragen werden, heißen „Metastasis“, „Luft“ und „Die Journalisten“. Zehn Darstellende treten in wechselnden Konstellationen auf, alle studieren Schauspiel.

In „Metastasis“ erzählt Andreas Koch vom Abendessen zweier Schwestern. Ihre Beziehung untereinander wie auch die Familienhistorie wird dabei grundlegend infrage gestellt. Im Drehbuch von Georg Reinkes „Luft“ begleitet die junge Tänzerin Mia ihre Mutter regelmäßig zur Chemotherapie in die Onkologie. Mia ist eine Einzelgängerin, hat kaum Freunde und verbringt die meiste Zeit mit Tag-Träumereien. Während der Wartezeit im Krankenhaus macht sie eine unverhoffte Bekanntschaft und gewinnt Selbstvertrauen.

„Die Journalisten“ von Sebastian Spallek handelt von einem jungen Journalisten, der sich vor dem Berliner Landgericht für ein Verbrechen, das er verübt haben soll, verantworten muss. Dabei wird erzählt, wie es ihm als Arbeiterkind gelang, in einer privilegierten Medienwelt Karriere zu machen. Unterdessen geht eine Polizistin einer mysteriösen Mordserie innerhalb der Journalistenszene nach. Allen drei Drehbuchautoren spielen mit psychologischen Konstellationen, bei denen die inneren Konflikte der Figuren drohen nach außen zu dringen.

Das „Scenic Reading“ wurde erstmals vor zehn Jahren als ein eigenständigs Format an der Filmuniversität etabliert. Verantwortlich dafür war Torsten Schulz, Professor der Filmuniversität Babelsberg. Während eines dreimonatigen Stipendiums in Los Angeles 1998 entdeckte er das unbekannte Format. Ein Hybrid aus Lesung und Theater, mit dem Ziel, Drehbücher besser an Produzenten zu bringen.

In L.A. handelt es sich beim „Scenic Reading“ um ein Branchentreffen von Filmproduzenten.

Torsten Schulz, Fimprofessor Fim-Universität Konrad Wolf.

„In L.A. handelt es sich um ein richtiges Branchentreffen“, sagt Schulz. Produzenten würden vor allem kommen, um neue Drehbücher auf sich wirken zu lassen. Ziel sei, diese zu verkaufen. Die Chance, dass ein Drehbuch von der Bühne weg an einen Filmproduzenten verkauft wird, sei in Deutschland hingegen eher sehr gering, sagt Schulz.

Die Filmbranche in Deutschland sei schon sehr anders, als in den Staaten. Dort nehmen die Produzenten ein großes finanzielles Risiko auf sich, um in verfilmbaren Stoff zu investieren und diesen möglichst gewinnbringend zu realisieren. In Deutschland hängen Produktionen bis auf wenige Ausnahmen weitgehend von der Filmförderung sowie des Fernsehens ab.

Doch die Lust am eher reduzierten Spiel mit den unterschiedlichsten Genres und die Möglichkeit, Drehbücher vor einem unvoreingenommenen Publikum zu präsentieren, sei auch nach Jahren in Potsdam immer noch ungebrochen, sagt Schulz. Und wer weiß, vielleicht verirrt sich ja doch noch ein großer Studioboss oder gar eine Filmproduzentin zum 10. „Scenic Reading“ nach Potsdam, um dort einen künftigen Erfolgsfilm zu entdecken.

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