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„Mehr davon! Wir sammeln Kunst“ heißt die neue Ausstellung im Potsdam Museum.

© Andreas Klaer

Eine Stadt sammelt sich: „Mehr davon!“ im Potsdam Museum

Eine Schau wie Haribo Color-Rado: Der Förderverein des Potsdam Museums feiert seinen 20. Geburtstag mit einer Wundertüte aus lokaler Kunst.

Wer hätte gedacht, dass die Potsdamer Künstlerin Barbara Raetsch sich mal eine Wand mit Kronprinzessin Cecilie teilen würde? Beide sind derzeit in der Belle Etage des Potsdam Museums zu Hause. Die eine als Selbstbildnis mit roten Lippen und exzentrischer Brille aus dem Jahr 2006. Die andere als Aquarell von 1915, in mütterlicher Pose, mit huldvoll zu Töchterchen Alexandrine geneigtem Haupt. Was sie verbindet? Beide sind sonst nie öffentlich zu sehen: Die Werke stammen aus Privatbesitz.

„Mehr davon! Wir sammeln Kunst“ heißt die Ausstellung, die diesen Spagat wagt. Sich ausgedacht und kuratiert hat das der Förderverein des Potsdam Museums, namentlich Vereinsmitglied Susanne Fienhold Sheen. Sie hat Sammler:innen angeschrieben, Werke ausgewählt und auch die Hängung im Museum besorgt, alles ehrenamtlich. Der Gedanke, den Schätzen von Potsdamer Sammler:innen eine öffentliche Plattform zu geben und das mit dem im Mai 2024 anstehenden 20. Geburtstag des Fördervereins zu verbinden, kam ihr am Küchentisch. Arbeitstitel: „Der Förderverein hängt.“

Kunst aus Wohnzimmern, Küchen, sogar Gästebädern

Darum, wie viel dieser Verein seit seiner Gründung 2004 für das städtische Museum getan hat, geht es in dieser Ausstellung ebenso sehr wie darum, was und wie viel in dieser Stadt an Kunst gesammelt wird. „Die größten Sammlungsbestände sind nicht in den Depots des Potsdam Museums zu finden, sondern in den Potsdamer Wohnungen“, sagt Fienhold Sheen. Viele dieser Wohnungen gehören Mitgliedern des Fördervereins. 2004 waren es 23, heute sind es 330. Und, das möge bitte auch in der Zeitung stehen: „Es sollen mehr werden.“

Als Fienhold Sheen um Mithilfe bat, öffneten rund 40 Mitglieder ihre Wohnzimmer, Küchen, sogar Gästebäder. „Einige haben so viel Kunst, dass man eine ganze Ausstellung mit nur einer Sammlung bestücken könnte“, sagt Fienhold Sheen. Aus rund 100 Angeboten wählte sie 60 Werke aus, dazu 27 aus museumseigenem Bestand – Erwerbungen, die der Verein auf den Weg gebracht hat.

Die Schau ist ausdrücklich auch als Geburtstagsgeschenk für einen Förderverein gedacht, ohne den das Museum nicht wäre, was es heute ist. Eine Chronik listet stolz die Erfolge auf. Einer der größten: die Tatsache, dass das Museum überhaupt im Alten Rathaus zu Hause ist. Bis zur Neugründung 2012 hatte es sich in einem kleinen Haus in der Benkertstraße befunden. Die Debatte um mehr Platz war der ausschlaggebende Gründungsimpuls für den Verein.

Wundertüte aus lokaler Kunst. „Mehr davon!“ im Potsdam Museum.
Wundertüte aus lokaler Kunst. „Mehr davon!“ im Potsdam Museum.

© Andreas Klaer

Diesem Impuls ist er treu geblieben: „Die Ausstellung ist zugleich ein Appell an die Kultur- und Stadtpolitik, der Potsdamer Kunst einen größeren Ort zu geben.“ So steht es gleich am Eingang. Seit Jahren kämpft der Verein um mehr Raum – und um ein würdiges Depot. In beiden Punkten sieht es nicht gut aus für das Haus. Das mühsam errungene Vorhaben eines Zentraldepots war aufgrund hoher Kosten im September ins Wanken geraten.

Eine Ausstellung wie Haribo Color-Rado

Die Ausstellung „Mehr davon!“ ist also gerade vor diesem Hintergrund durch und durch Politikum. Als Verbeugung vor der Vereinsarbeit, als politischer und gesellschaftlicher Imperativ („Tut etwas!“) ist sie kaum zu überschätzen. Als Kunstausstellung aber hat sie ihre Grenzen. Die Kuratorin hat diese selbst am treffendsten benannt: Die Schau sei wie eine Packung Haribo Color-Rado, sagt Fienhold Shien. Bunt, wild, unübersichtlich, eng. Erklärende QR-Codes gibt es nur hier und da, mal herrscht Gedrängel, eine andere Ecke ist noch völlig leer.

Und dennoch: Jüngere Künstlerinnen wie Elisabeth Schaller (Jahrgang 1977) neben namhaften lokalen Größen wie Marianne Gielen (Jahrgang 1943) zu sehen, ist tatsächlich eine Seltenheit. Potsdamer Namen wie Peter Wilde, Alfred Schmidt, Peter Rohn, Walter Bullert, Rainer Sperl, Georg Wratsch und Hubert Globisch in dieser Ballung wiederzubegegnen – ebenfalls.

Das zerschnittene Porträt des jungen Wehrmachtssoldaten Conny, der Blick auf die Schiffbauergasse von Lothar Krone, die noch viel zu unbekannten Arbeiten eines Detlef Birkholz, all das kommt hier höchstens fragmentarisch zum Zuge. Aber: Es macht tatsächlich neugierig auf mehr. Punktlandung für den Förderverein.

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