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Vertrauensverhältnis. Caroline Diskowski (l.) ist Sozialpädagogin und versucht, bei ihren Hausbesuchen Mütter und Väter mit Informationen und Beratung zu unterstützen. So kam sie auch mit Marleen Köhn (r.) und ihrem Sohn Piet Martinus in Kontakt.

© Andreas Klaer

Familienhilfe in Potsdam: Hilfe, die ins Haus kommt

Caroline Diskowski besucht seit acht Jahren Potsdamer Eltern zuhause – für den Familienbegrüßungsdienst

Von Valerie Barsig

Sie strahlt das aus, was viele junge Eltern wohl am meisten gebrauchen können: Ruhe. Sie macht Caroline Diskowski vom Familienbegrüßungsdienst zu einer angenehmen Gesprächspartnerin. Seit zehn Jahren gibt es den Dienst, seit acht Jahren ist Diskowski mit dabei. Von Stillberatung bis zu Fragen rund um die Kita: Die 42-jährige Sozialpädagogin steht Eltern mit Ratschlägen zur Seite.

Jede Familie in Potsdam bekommt das Angebot, Besuch vom Familienbegrüßungsdienst zu bekommen. Etwa wenn das Kind zwölf Wochen alt ist, ist es soweit. Nehmen sie an, besuchen Caroline Diskowski oder ihre Kollegin die Familien zuhause. „Ich weiß nie, was sich hinter einer Tür verbirgt“, sagt Diskowski. Das Angebot ist freiwillig, Absagen gebe es kaum. „Egal, wie unterschiedlich die Situation hinter der Tür ist, die Eltern sind vor allem dankbar“, schildert die Sozialpädagogin. Etwa anderthalb Stunden plane sie für ihre Besuche ein, sagt Diskowski, die immer viele Broschüren im Gepäck hat. Die dienen der Orientierung: Angebote der Stadt, die mit dem Familienbegrüßungsdienst in den vergangenen zehn Jahren ein Netzwerk aufgebaut hat, das Eltern und Kindern in Potsdam Hilfe vermitteln soll – in allen Lebenssituationen, von gesundheitlichen Problemen bis hin zu sozialen. Der Familienbegrüßungsdienst ist Ansprechpartner bis zur Grundschule.

Kontakte vermitteln 

„Genau das hätte ich mir bei meinem ersten Kind gewünscht“, sagt Marleen Köhn. Ihr ältester Sohn ist inzwischen zwölf Jahre alt, der kleine Piet Martinus ist gerade fünf Monate alt. Auch sie bekam Besuch von Diskowski. Gerade beim ersten Kind sei sie sehr verunsichert gewesen. „Ich hatte so viele Fragen“, sagt sie. Vor allem, als bei ihrem Sohn Asthma diagnostiziert wurde. Rückblickend sei seine Einschulung ein Jahr zu früh erfolgt – er sei einfach noch nicht so weit gewesen. „Gerade in der Übergangszeit von Kita zu Grundschule hätte ich gern gewusst, an wen ich mich wenden kann.“ Es sind Kontakte für solche Fälle, die Diskowski vermitteln kann. Doch damals gab es den Familienbegrüßungsdienst noch nicht.

Noch mehr Angebote wünscht sich die Leiterin der Gruppe Gesundheit und Prävention der Stadt, Andrea Dorschner. Noch in diesem Jahr werden die Büros des Familienbegrüßungsdienstes aus dem Haus II der Stadtverwaltung an der Hegelallee auf das Gelände des Bergmann-Klinikums umziehen. „Eine offene Sprechstunde und einmal pro Monat eine Infoveranstaltung wären schön“, sagt Dorschner. Auch neue Mitarbeiter würden die Arbeit erleichtern. Bisher sind es lediglich zwei, die die Familien besuchen – 982 haben im vergangenen Jahr das Angebot wahrgenommen. Seit Anfang 2018 waren es 178. Die beiden bei der Stadt angestellten Sozialarbeiterinnen werden bei Bedarf von der Potsdamer Betreuungshilfe und einer Familienhebamme unterstützt. Die Fachhochschule Potsdam wird dieses Jahr das Angebot des Familienbegrüßungsdienstes untersuchen. Neben fachlichen Empfehlungen soll es dann auch eine Empfehlung für den Personalschlüssel geben, teilt die Stadt auf Anfrage mit. Denn die Geburtenrate in Potsdam steigt.

Aktive Hilfe leisten

Die Probleme der Eltern hätten sich über die Jahre kaum verändert, sagt Diskowski. „Gerade die Suche nach einem Kitaplatz zieht sich wie ein roter Faden durch meine Gespräche.“ Auch bei Fragen zur Elternzeit, zum Stillen und zur Beikost kann sie helfen. Die Info-Broschüren sind oft nur der Gesprächsaufhänger. „Das Vertrauen wächst schnell“, sagt Diskowski, die selbst Mutter von zwei Kindern ist. Sie kennt die Probleme, mit denen Eltern konfrontiert sind, genau. „Auch ich saß mal weinend im Bett“, erzählt sie. Sie weiß, wie es ist, wenn Säuglinge wochenlang nicht durchschlafen – und kann helfen. So wie einmal, als ihr eine Mutter die Tür öffnete, deren Baby nur noch brüllte, weil es mit dem Stillen nicht klappte. „Ich habe ihr das Baby abgenommen und wir haben gemeinsam gefrühstückt. Beide konnten loslassen und kamen zur Ruhe.“

Es gibt sie aber auch, die anderen Geschichten: wie als Diskowski in eine Wohnung voller Hunde und Dreck kam. „Ein Zweijähriger krabbelte dazwischen und das Neugeborene hatte Hundehaare im Ohr“, erzählt sie. Nach ihrem Besuch informierte sie einen Sozialarbeiter des Jugendamtes. Denn auch dafür ist der Familienbegrüßungsdienst zuständig: Hilfe vermitteln. Eine andere Mutter fragte Diskowski, wie sie ihr Kind zum Lachen bringen könne. „Da fehlte jeglicher Instinkt“, berichtet die Sozialpädagogin. Habe sie das Gefühl, Familien bräuchten Hilfe, bespricht sie das ganz offen. „So gut wie alle Eltern wollen ja das Beste für ihr Kind und freuen sich über eine solche Unterstützung.“ Familienhilfe sei eine Chance.

Jugendamt muss selten eingeschaltet werden

Das bestätigt Potsdams Jugendamtsleiter Reinhold Tölke. „Die Akzeptanz des Familienbegrüßungsdienstes ist weit größer, als wenn das Jugendamt bei den Familien vor der Tür steht“, sagt er. So war es, bevor es den Familienbegrüßungsdienst gab. Die wenigen Absagen jetzt zeigten, dass das Konzept aufgehe. Diskowski muss das Jugendamt aber nur selten einschalten. „Den meisten Kindern in Potsdam geht es gut“, betont sie. Und dazu trägt sie bei. Das zeigten auch die vielen Anrufe von Familien, oft nach zwei oder drei Jahren, die nochmal Rat einholten. Caroline Diskowski bleibt im Gedächtnis. „Und das freut mich sehr.“

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