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Eine Gasflamme brennt auf einem Küchenherd in einer Wohnung.

© dpa/Hauke-Christian Dittrich

Entlastungen verweigert?: Kritik an Abrechnungspraxis der EWP

Der Arbeitskreis Stadtspuren kritisiert die Stadtwerke. Das Unternehmen berechne die Senkung der Umsatzsteuer nach einem ungünstigen Modell, so der Vorwurf.

Die Potsdamer Stadtwerke verwehren ihren Kund:innen Entlastungen in Millionen-Höhe – so lautet der Vorwurf des Arbeitskreises Stadtspuren. Konkret geht es um die Senkung der Umsatzsteuer für Gas und Fernwärme: Diese werde für die Verbraucher:innen nach einem ungünstigen Modell berechnet.

Hintergrund ist die Umsatzsteuersenkung, die laut Bundesregierung vom ersten Oktober 2022 bis zum 31. März 2024 gelten soll: In diesem Zeitraum soll die Steuer für Gas- und Fernwärme von 19 auf sieben Prozent sinken.

Für die Umsetzung gibt es zwei Möglichkeiten: Das „Stichtagsmodell“ und das „Zeitscheibenmodell“. Beim letzteren wird die Steuersenkung nur auf den Zeitraum von Oktober 2022 bis März 2024 angewendet. Wer seinen Energievertrag vor dem Oktober 2022 abgeschlossen hat, bekommt für die Monate davor keine Steuersenkung.

Ich wüsste nicht, welchen Grund es geben könnte, die Optionen der Steuererleichterungen auf den Energieverbrauch nicht im größtmöglichen Umfang zu nutzen.

Bodo Jablonowski vom Arbeitskreis Stadtspuren

Beim ebenfalls zulässigen Stichtagsmodell gilt die Steuersenkung ab Vertragsabschluss; damit kann sich der Zeitraum der Entlastung je nach Vertrag auf das gesamte Kalenderjahr 2022 verlängern. Laut dem Arbeitskreis Stadtspuren ergibt sich dadurch für das Jahr 2022 eine Ersparnis von 30 bis 35 Euro pro Haushalt.

Die Stadtwerke hätten sich stattdessen für das Zeitscheibenmodell entschieden, entgegen der Bitte des Arbeitskreises Stadtspuren. Laut diesem wird damit allein den 35.000 Mieter:innen von Pro Potsdam und Potsdamer Genossenschaften eine Entlastung von rund 1,1 Millionen Euro verwehrt.

Oberbürgermeister informiert

„Der Arbeitskreis Stadtspuren hat die Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung und das Büro des Oberbürgermeisters über den Sachverhalt informiert“, heißt es weiter. Der Vorgang ist bemerkenswert: Zum Arbeitskreis Stadtspuren gehören nicht nur alle Wohnungsgenossenschaften Potsdams, sondern auch die Pro Potsdam – ein kommunales Unternehmen, genau wie die EWP.

„Der Auftrag der EWP ist es, unter Nutzung aller von der Bundesregierung ermöglichten Umsetzungsmodelle die Entlastungen im größtmöglichen Umfang an die Potsdamerinnen und Potsdamer durchzureichen“, sagte Bodo Jablonowski, Vorstand der Wohnungsgenossenschaft Karl Marx und Mitglied des Arbeitskreises.  

Optimal ist laut dem Arbeitskreis Stadtspuren eine Hybridlösung: Dabei wird das „Stichtagsmodell“ zu Beginn und das „Zeitscheibenmodell“ am Ende der befristeten Steuerabsenkung angewendet, damit Verbraucher:innen nach dem Ende der Steuersenkung nicht für die restlichen Monate ihres Vertrages den erhöhten Steuersatz zahlen müssen. Mehrere Energieversorger haben bereits angekündigt, dieses Hybridmodell umsetzen zu wollen, darunter der Vattenfall-Konzern.

Die EWP widerspricht: „Die Forderung der Stadtspuren zeugt von einer stark individuellen Sichtweise: Der Verband fordert die Umstellung des Systems, da er zu den Profiteuren eines solchen Hybridmodells zählen würde“, heißt es in einer Stellungnahme der EWP. „Eine deutliche Mehrheit der Kundinnen und Kunden der EWP würde nicht in gleicher Weise profitieren.“ Der Hauptausschuss der Landeshauptstadt habe dem Vorgehen der EWP zugestimmt.

Durch das Stichtagsmodell müssten Kund:innen, deren Zähler am 30. September 2022 abgelesen wurden, für die abgelaufene Lieferperiode 19 Prozent Umsatzsteuer zahlen; Kund:innen, deren Zähler einen Tag später am 1. Oktober 2022 abgelesen würden, müssten für den gleichen Zeitraum nur sieben Prozent Umsatzsteuer zahlen – dies sei ungerecht, so die EWP.

„Über die gesamte Laufzeit der Umsatzsteuerabsenkung würde sich die Situation ergeben, dass manche Kundinnen und Kunden einmal (12 Monate) und andere Kunden zweimal (24 Monate) mit dem abgesenkten USt.-Satz abgerechnet würden“, heißt es in der Stellungnahme.

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