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Oberbürgermeister Mike Schubert begleitet die Bundes-Bauministerin Klara Geywitz (in rot) bei ihrem Besuch der Potsdamer Firma „Beton und Naturstein Babelsberg GmbH“, um über das Thema „Nachhaltiges Bauen“ zu sprechen.

© Andreas Klaer

Bauwende in Potsdam: Berliner Start-up Ecolocked ermöglicht klimaneutralen Beton aus Babelsberg

„Beton und Naturstein Babelsberg“ hat mit dem Start-up Ecolocked den klimaneutralen Beton entwickelt. Doch in der Landeshauptstadt wird selten nachhaltig gebaut.

Recycelter Sand und Kies, CO₂-reduzierter Zement, etwas Wasser, Fließmittel und Entlüfter, und ein schwarzes feines Pulver – aus diesen Rohstoffen entsteht der erste klimaneutrale Beton Potsdams. Eine große Küchenmaschine des Unternehmens „Beton und Naturstein Babelsberg“ (BNB) vermengt sie zu einem dunklen Brei, den Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) in eine Form spachtelt. Zur Stabilität setzt Geschäftsführer Manuel Vöge eine Carbon-Platte ein, als emissionsärmere Alternative zu Stahl. Am Ende klebt Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) den ausgehärteten Block auf einem Betonmodul.

Bundes-Bauministerin Klara Geywitz (M.) darf den klimaneutralen Beton mixen. Neben ihr Mario Schmitt (2.v.l.), Gründer des Start-ups Ecolocked, Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert und BNB-Chef Manuel Vöge (r.).

© Andreas Klaer

Wie ein Potsdamer Betonhersteller einen der klimaschädlichsten Baustoffe nachhaltiger machen will, haben sich Mike Schubert und Klara Geywitz am Mittwoch in Babelsberg angesehen. „Zement ist noch eins der größten Probleme, und deswegen eins der größten Potenziale, um CO₂ zu senken“, sagt die Bauministerin. Bei der Herstellung wird Kalkstein auf 1.500 Grad Celsius erhitzt. Die benötigte Energie kann mittlerweile emissionsfrei erzeugt werden. „Der chemische Prozess lässt sich schwer austricksen. Das ist der große Kummer, an dem viele forschen“, sagt Geywitz.

Nachhaltige Bauwende in Babelsberg

Seit vier Jahren produziert Manuel Vöge in Babelsberg Recycling-Beton und CO₂-reduzierten Beton, spart durch automatisierte CNC-Fräsen Material ein und verbaut Carbon statt rostanfälligen Stahl, was ebenso den Materialeinsatz reduziert. Vöge hat alte Bauteile der Berliner Gedächtniskirche klein geschreddert und neuen Beton draus gegossen. Gerade produzieren seine Mitarbeiter hunderte Rastersteine als Fassadenelemente für das Berliner Corbusierhaus, aus 100 Prozent recyceltem Beton.

Die Rastersteine für das Berliner Corbusierhaus ist aus 100 Prozent recyceltem Beton.

© Andreas Klaer

Als CO₂-reduziert gilt Beton durch CO₂-reduzierten Zement. „Zement wird mit weniger CO₂-Belastung hergestellt. Kalk wird durch andere Stoffe ersetzt“, sagt Thomas Wendrich, technischer Leiter. Neu ist nun der CO₂-neutrale Beton.

Berliner Start-up macht klimaneutralen Beton möglich

Möglich macht es das schwarze, feine Kohlenstoffpulver des Berliner Start-ups Ecolocked. Aus Abfallbiomasse gewinnen Mario Schmitt und sein 15-köpfiges Team im Bernauer Labor einen Baustoff, der langjährig Kohlenstoff speichert. Reste der Lebensmittelindustrie und Landwirtschaft oder Restholz aus Sägewerken, die durch Verbrennen oder Verwesen CO₂ freisetzen würden, unterzieht Ecolocked einer Pyrolyse. Das heißt, die Biomasse wird ohne Sauerstoffzufuhr stark erhitzt.

Heraus kommt das schwarze, feine Pulver. Und dieses kann bis zu zehn Prozent Zement und bis zu 30 Prozent Sand ersetzen. Der gebundene Kohlenstoff gleiche die übrigen CO₂-Emissionen, die bei der Betonherstellung entstehen, aus, sagt Gründer Mario Schmitt. So werde der Beton klimaneutral. „Wir sehen es nicht als Ersatz zum Dekarbonisieren von Zement“, betont Schmitt. Vielmehr ermöglichen sie Carbon Removal, also negative Emissionen. Egal ob Pflasterstein, Deckensturz oder Fassaden- und Galabau wie bei BNB in Babelsberg – „unser Material können wir zu jeder Betonart hinzufügen“, sagt Mario Schmitt.

In Potsdam fehlen Vorzeigeprojekte

Seit April experimentiert das Start-up mit dem Babelsberger Betonhersteller. „Innerhalb von sechs Monaten haben wir ein fertiges Produkt entwickelt“, sagt BNB-Geschäftsführer Manuel Vöge. Die erste klimaneutrale Bank steht bereits im Lager. In einem Privathaus in Werder an der Havel und einem Gebäudeumbau in der Uckermark fand der klimaneutrale Beton bereits Anwendung.

Gebt uns einen Platz, eine Schule oder irgendwas und wir bauen euch nächstes Jahr ein CO₂-neutrales Betonbauteil.

Manuel Vöge, Geschäftsführer von Beton und Naturstein Babelsberg

Mit Blick auf die öffentliche Baubranche sagt Vöge: „Es wird noch nicht ausgeschrieben, das ist unser Problem.“ Umso direkter wendet er sich an Oberbürgermeister Mike Schubert und Jeannette Hanko vom Kommunalen Immobilienservice (KIS). „Gebt uns einen Platz, eine Schule oder irgendwas und wir bauen euch nächstes Jahr ein CO₂-neutrales Betonbauteil“, sagt Vöge.

Dank CNC-Fräsen spart Geschäftsführer Manuel Vöge (r.) Material ein.

© Andreas Klaer

Am Preis kann es kaum liegen. Obwohl durch das Kohlenstoffpulver die Betonherstellung laut Ecolocked aktuell um 25 bis 30 Prozent teurer wird, sagt Manuel Vöge: „Wir verkaufen es preisneutral, um eine Hürde wegzunehmen.“ Aus Marketinggründen schlucke er die Preisspanne, zudem spare er durch das Pulver Zement ein.

Große Pläne

Manuel Vöge möchte ab 2024 nachhaltig für Potsdam bauen. Gerade sucht das Unternehmen einen Partner für den Betonmodulbau. „Berlin sind 25 Kilometer, das ist mein Markt. Potsdam sind fünf Kilometer, das ist mein Ziel“, sagt Vöge, der durch regionale Kreisläufe ebenfalls Emissionen sparen will und ab 2024 durch eine große Fotovoltaikanlage klimaneutral produzieren wird.

BNB will langfristig Betonmodulbauteile herstellen. Am Mittwoch durfte Klara Geywitz an einem Modlel mitbauen.

© Andreas Klaer

Auch das Start-up Ecolocked hat große Pläne: „Dieses Jahr sind wir aus dem Labor herausgekommen und haben erste Pilotprojekte umgesetzt. Im kommenden Jahr wollen wir zwischen 300 und 500 Tonnen produzieren.“ Das schwarze Pulver wird in Potsdam gebraucht.

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