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Weihnachtsmarkt am Minsk Museum, Potsdam 02.12.2023 Foto: Sebastian Gabsch

© Sebastian Gabsch/SEBASTIAN GABSCH / PNN

Advent, Advent: Die vier Phasen des Wintereinbruchs

In Weihnachtsstimmung zu kommen, ist nicht immer ein leichtes Geschäft. Manchmal kann man sich aber fast gar nicht dagegen wehren, hat unsere Autorin erfahren müssen.

Eine Kolumne von Steffi Pyanoe

I: Der Winter kommt wie jedes Jahr überraschend. Was wir immer schon mal machen wollten: Mitten in der Nacht die komplett gefüllte Wassertonne leeren. Um im Garten keine Eisbahn zu riskieren, bilden wir eine Eimerkette zur Küchenspüle und sehen unter Tränen zu, wie das gute kristallklare Wasser, jeder einzelne Tropfen hart dem Brandenburger Wetter abgerungen, der Kanalisation zugeführt wird.

II: Es hat geschneit. Bevor noch irgendjemand den Bürgersteig fegen kann, wird der Schnee von Winterreifenradlern und gestählten Eltern, die sich mit Schlitten voller Kinder, Schulranzen und dem Wochenendeinkauf abkämpfen, platt gemacht. Deshalb ist es in ganz Potsdam höllisch glatt, aber egal, läuft man eben etwas langsamer. In der Bahn sprechen zwei Männer laut darüber, dass sie seit heute lange Unterhosen tragen.

III: Du willst absolut nicht auf den Weihnachtsmarkt, gehst dann aber doch. Mit langen Unterhosen. Es ist knackevoll, weil alle Leute unbedingt auf den böhmischen Markt wollen. Du wirst hier nichts essen und dich womöglich vollkleckern, und du wirst auch nicht 4 Euro für einen Glühwein ausgeben, den es für 2.99 pro Flasche bei Lidl gibt. Auf gar keinen Fall wirst du irgendeinen Schnulli einkaufen. Du verlierst deinen Mann, als du dich in einer Polonaise verhedderst. Jemand ruft „Ich will keinen Eierpunsch!“ Du schwörst, nie wieder auf einen Weihnachtsmarkt zu gehen.

IV: Du findest den Mann wieder. Der Mann hat Piroggen dabei, die sind wirklich gut. Du kaufst einen Glühwein für 5 Euro. Du triffst Nachbarn und Freunde, es wird gemütlich. Du verlierst deinen Mann, aber egal, gehst du eben Schnulli angucken und kaufen. Immerhin ist dir nicht kalt, weil du lange Unterhosen trägst. Und während du mit dem Mann über den höllisch glatten Bürgersteig nach Hause eierst, freust du sich schon auf nächstes Jahr.

Die Kolumne Pyanissimo erscheint jeden zweiten Dienstag und kommentiert das Potsdamer Stadtgeschehen.






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