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Guido Beermann (CDU), Verkehrsminister in Brandenburg.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Brandenburgs Verkehrsminister Guido Beermann: „Belastungen sind unumgänglich“

Der CDU-Politiker spricht im Interview über Baumaßnahmen an der Hamburger Bahn, über die B96 und die Frage, ob er im kommenden Jahr für den Landtag kandidieren will.

Minister Beermann, Sie haben am Dienstag ein Mobilitätsgesetz vorgestellt. Eine der spektakulärsten Aussagen von der Pressekonferenz war, dass man an jedem Ort in Brandenburg künftig einen Stundentakt anbieten will. Bis wann ist so etwas realisierbar?
Ich freue mich erst einmal, dass es gelungen ist, dieses Gesetz vorzustellen. Da steckt eine ganze Menge Arbeit dahinter. Der Ausgangspunkt war ein Auftrag des Landtages aufgrund einer Volksinitiative: Es sollte ein Dialog zwischen der Landesregierung und der Initiative geführt werden. Das haben wir über zwei Jahre gemacht. Mich freut, dass wir am Ende gemeinsam mit der Volksinitiative „Verkehrswende Brandenburg jetzt“ so ein Ergebnis vorlegen konnten. Uns war es wichtig, Mobilität in ihrer Gesamtheit zu sehen – wir schauen auf den Nahverkehr, auf den Radverkehr und die Fußgängerinnen und Fußgänger. Und ein Ziel ist es in der Tat, dass es künftig landesweit einen Stundentakt in Brandenburg gibt.

Und ab wann soll das möglich sein?
Auf vielen Strecken ist dies bereits Realität. Sobald das Gesetz beschlossen ist, werden wir dies Stück für Stück in den weiteren Bereichen umsetzen. Für konkrete Daten ist es noch zu früh. Aber es ist uns wichtig, dass wir vorankommen. Wir wollen dies zusammen mit der kommunalen Familie erarbeiten, die ja der Aufgabenträger etwa für den Busverkehr ist.

Endet ein solcher Stundentakt dann an der Landesgrenze? Oder profitieren Pendler, die nach Hamburg, Greifswald oder Rostock fahren, auch davon?
Wenn es Bundesländer in Deutschland gibt, die Erfahrung damit haben, im Nahverkehr Grenzen zu überschreiten, dann sind das Brandenburg und Berlin. Wir sind die einzigen beiden Bundesländer in Deutschland, die einen beide Länder komplett umfassenden Verkehrsverbund haben. Deswegen ist es für uns Normalität, mit anderen Ländern zusammenzuarbeiten. Und das gilt natürlich auch für Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Sachsen.

Wir brauchen gute und kluge Lösungen für die Pendlerinnen und Pendler.

Guido Beermann, Verkehrsminister in Brandenburg

Im kommenden Jahr wird auf der Bahnlinie Berlin-Hamburg für vier Monate lang der Verkehr unterbrochen. Im Jahr darauf soll er noch einmal für sechs Monate unterbrochen werden. Wie bewerten Sie diese Pläne der Deutschen Bahn?
Es gibt einen Strategiewechsel bei der Deutschen Bahn, der vom Eigentümer, dem Bund, unterstützt wird. Und dieser Strategiewechsel lautet, dass man in sogenannten Hochleistungskorridoren Sanierungen künftig geballt angehen will: Die Strecken sollen ein halbes Jahr total gesperrt werden, um dann alle Maßnahmen, die in der nächsten Zeit anstehen, konzentriert zu erledigen. Das Ziel ist, einmal eine Strecke richtig anzufassen, um dann für mehrere Jahre Ruhe zu haben. Man will nicht alle paar Wochen eine neue kleine Baustelle haben. Das wird jetzt erstmals in Hessen, auf der Riedbahn, erprobt. Und danach sind wir dann mit der Strecke von Hamburg nach Berlin an der Reihe.

Dabei ist es aus meiner Sicht eine wichtige Frage, wie in dieser Zeit der Schienenersatzverkehr aufgestellt wird. Das spreche ich auch immer wieder gegenüber der Bahn, aber auch dem Bund, an. Wir brauchen hier gute und kluge Lösungen für die Pendlerinnen und Pendler. Bei der Bahn zeichnet sich ab, dass man im Zuge der Sanierung der Riedbahn eine eigene Gesellschaft gründen will, die dann den Schienenersatzverkehr in Abstimmung mit der kommunalen Ebene und den dortigen Verkehrsunternehmen abwickeln will. Das wäre auch für den Hochleistungskorridor Berlin-Hamburg wichtig.

Nun ist es aber so, dass nicht nur ein Jahr gesperrt wird, sondern zwei Jahre hintereinander, mit einer Unterbrechung. Und vor wenigen Monaten war da schon mal eine Sperre. So ganz scheint der Plan, alles auf einmal zu machen, also noch nicht zu funktionieren.
In der Tat ist die eigentliche komplette Sperrung für den Hochleistungskorridor 2025 vorgesehen, es sollen aber auch schon 2024 vorbereitende und bereits geplante unaufschiebbare Maßnahmen stattfinden. Das liegt natürlich in den Händen der Bahn. Erfreulich ist aber, dass 2025 gleichzeitig auch der für uns in Brandenburg wichtige Knoten Wittenberge vorgezogen und mitsaniert wird. Es geht hier insbesondere um einen weiteren Bahnsteig am Bahnhof in Wittenberge, aber auch um Gleise und Weichen, die dort gebaut werden sollen. Das steigert die Leistungsfähigkeit dieses für Brandenburg wichtigen Knotens in der Prignitz weiter.

Wenn nicht nur an der Hamburger Bahn, sondern am Knoten gebaut wird: Heißt das, dass Wittenberge dann 2025 gar nicht per Schiene erreichbar sein wird?
Die Bahnlinie soll 2025 mit rund einem halben Jahr Gesamtsperrzeit vom 6. Juni bis zum 13. Dezember zum Hochleistungskorridor ausgebaut werden. Bis dahin wird ganz normal der Zugverkehr fahren. Dennoch wird es dringend notwendig sein, einen gut funktionierenden Schienenersatzverkehr einzurichten.

Was macht man dann mit den Pendlern? Wer jetzt in 45 Minuten mit dem ICE oder eineinhalb Stunden mit dem RE nach Berlin fährt oder eine Stunde mit dem ICE nach Hamburg braucht, wird mit dem Auto oder Schienenersatzverkehr deutlich länger unterwegs sein.
Es steht völlig außer Frage, dass mit diesen umfangreichen Baumaßnahmen Belastungen verbunden sind. Und deswegen ist das auch ein wichtiges Thema für mich als Verkehrsminister. Ich will genau wissen, wie der Bund sich das vorstellt, wie er das ganze organisieren will und wie das Management aussehen wird. Natürlich gilt hier auch das Verursacherprinzip: Wenn jemand Dinge verursacht, muss er auch die damit verbundenen Belastungen tragen. Aber das sind alles Fragen, die noch in der Erörterung sind und endgültig geklärt werden müssen.

Wäre ein Gratis-Ticket für Pendler während des Schienenersatzverkehrs eine Lösung?
Mir persönlich ist es vor allem wichtig, transparent über die Dinge zu informieren. Die Menschen wollen wissen, wie der Verkehr läuft. Und die Bahn ist gefordert, die Belastungen so gering wie möglich zu halten. Das mahne ich immer wieder gegenüber dem Bundesministerium für Digitalisierung und Verkehr, aber auch gegenüber der Deutschen Bahn AG an. Ihnen gegenüber betone ich immer wieder, dass bei solchen Bauarbeiten mit den Menschen vor Ort, mit den Landkreisen und Gemeinden gesprochen werden muss. Transparenz ist hier ein Schlüssel, um in einer solchen belastenden Situation die Bevölkerung auch mitzunehmen.

Ein Thema in der Prignitz ist auch die Bahnlinie von Neustadt über Pritzwalk und Meyenburg nach Güstrow. Wie ist jetzt der aktuelle Stand? Wann kommt die Kosten-Nutzen-Untersuchung?
Ich glaube, zunächst einmal ist es gut, dass wir Sicherheit geschaffen haben und den Betrieb der RB 73/74 für die nächsten drei Jahre weiter aufrechterhalten. Wir haben außerdem eine wichtige Diskussion zur weiteren Zukunft der Strecke angestoßen. Da bin ich dem Kollegen Reinhard Meyer aus Mecklenburg-Vorpommern sehr dankbar, dass wir dieses Thema gemeinsam angehen wollen. Wir haben uns darauf verständigt, dass wir eine Potenzialanalyse machen und dann im Anschluss daran eine Kosten-Nutzen-Analyse durchführen. Wir sind gerade in der Finalisierung des Landesnahverkehrsplan: Wenn der Plan vorliegt, werden wir die entsprechende Untersuchung vornehmen.

Wann liegt denn der Landesnahverkehrsplan vor?
Das Ziel ist, dass er im dritten Quartal im Kabinett ist, und anschließend wird der Verkehrsausschuss des Landtags beteiligt. Und ich bin zuversichtlich, dass wir das auch so hinbekommen werden.

Sollte der Plan nicht schon längst vorliegen?
Wir haben mit rund 3200 Einwendungen doppelt so viele erhalten im Vergleich zum letzten Nahverkehrsplan. Eine umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit ist gut und wichtig. Natürlich ist das auch ein enormer Arbeitsaufwand: Deswegen ist es, glaube ich, nachvollziehbar, dass wir etwas mehr Zeit gebraucht haben.

Das Auto wird in Brandenburg eine große Rolle behalten, gerade im ländlichen Bereich. 

Guido Beermann, Verkehrsminister in Brandenburg

Zu Ihrem Haus gehört auch der Straßenverkehr: Viele Ortsdurchfahrten in Brandenburg sind in einem Zustand, dass man sich fragt, wie da überhaupt noch jemand drüber fahren kann. Wie geht es da weiter?
Das Straßennetz ist für ein Flächenland wie Brandenburg extrem wichtig, denn das Auto wird in Brandenburg eine große Rolle behalten, gerade im ländlichen Bereich. Aber das gilt auch für das urbane Umfeld. Deswegen müssen wir das Straßennetz gut erhalten. Und da gibt es einen großen Nachholbedarf. Deswegen freue ich mich, dass wir im Doppelhaushalt 2023/2024 noch mal einen Aufwuchs dafür haben und diese Mittel dann auch entsprechend einsetzen. Es ist klar, dass die Priorität im Mobilitätsgesetz auf dem Netzerhalt des Landes liegen muss.

Ein Thema beim Straßenverkehr ist zumindest für den Norden des Landes die B96, also die Verbindung von Berlin Richtung Ostsee. An der Seenplatte und in der Uckermark fragen sich Menschen, warum mitten in der Saison hier gebaut wird – und die Touristen nicht mehr ins Land kommen.
Das Unerfreuliche ist immer, dass Baumaßnahmen notwendig sind, um Strecken zu erhalten. Das ist in diesem Fall auf einem Abschnitt der B 96 zwischen Nassenheide und Teschendorf erforderlich. Verkehrseinschränkungen lassen sich dadurch leider nicht immer vermeiden. Aber wenn man die Bauzeit in die Ferienzeit legt, erspart man Pendlerinnen und Pendlern sowie dem Schülerverkehr den zusätzlichen zeitlichen Aufwand durch Umleitungen. Wir versuchen, die Umstände für die Urlauber so gering wie möglich zu halten. Und ich kann nur um Verständnis bitten: Diese Maßnahmen sind nötig, um weitere Schädigungen der Straße zu verhindern.

In Fürstenberg kommt die nächste Baustelle ...
Dort haben wir das Thema mit der Brücke, die ersetzt werden muss. Deswegen ist hier besonders der Schwerlastverkehr eingeschränkt. Natürlich arbeiten wir mit Hochdruck daran, so schnell wie möglich wieder einen guten Zustand zu erreichen. Die vorbereitenden Bauarbeiten für die Behelfsbrücke haben bereits begonnen. Die eigentlichen Arbeiten starten aber erst nach den Sommerferien. So begrenzen wir die Belastungen für Reisende Richtung Ostsee. Wir haben ein Konzept entwickelt, dass die Einschränkungen auf ein Minimum reduziert. In der gesamten Bauphase wird es nur an fünf Tagen zu Vollsperrungen kommen. Ich bin optimistisch, dass ab Anfang des nächsten Jahres der Verkehr wieder reibungslos laufen wird.

Braucht es da ein ähnliches Prinzip wie bei der Bahn: Die Straße ein Jahr komplett dicht machen, und dann erstmal nicht wieder?
Die Prinzipien der Bahn können nicht ohne weiteres auf die Straße übertragen werden. Das hängt damit zusammen, dass Schiene doch einen ganz anderen Charakter hat als die Straße. Hier muss die Erreichbarkeit für alle Anlieger jederzeit gegeben sein. Auch der Wirtschafts- und Versorgungsverkehr muss gewährleistet werden. Deshalb kann nur abschnittsweise eine Sperrung erfolgen und das nach Möglichkeit auch nur in jeweils eine Richtung. Außerdem sind immer Möglichkeiten für Umleitungsstrecken zu finden. Sie sollen sich auch in einem vertretbaren Rahmen hinsichtlich der Länge und damit des zusätzlichen zeitlichen Aufwandes bewegen. Es sind viele Aspekte, die bei Baumaßnahmen an Straßen berücksichtigt werden müssen. Deshalb sind wir bemüht, die vorübergehenden Einschränkungen so kurz wie möglich zu halten.

Sie sind jetzt seit drei Jahren Brandenburger Verkehrsminister. Was haben Sie für das letzte Jahr noch vor?
Wir haben viel geschafft – und wir sind noch mittendrin. Diese Woche haben wir das Mobilitätsgesetz vorgestellt, mit dem wir erstmals in Brandenburg alle Mobilitätsformen in einem Gesetz bündeln. Damit wird Brandenburg Innovationstreiber und Taktgeber – im Übrigen auch über die Landesgrenzen hinaus. Und wir werden noch im Sommer die Mobilitätsstrategie vorlegen. Da ist außerdem die Güterverkehrsstrategie. Und dann werde ich als Bauminister auch weiter intensiv an Themen wie der Förderung des Sozialen Wohnungsbaus und der Stadtentwicklung arbeiten. Ein zentrales Thema ist auch der Klimaschutz: Unter der Federführung des Kollegen Axel Vogel wird die Landesregierung einen Klimaplan vorlegen. Mein Ministerium wird dazu natürlich seinen Beitrag leisten. Wir werden also im nächsten Jahr noch ausreichend zu tun haben, um Brandenburg auch künftig mobil und lebenswert zu halten.

Die CDU hat angefangen, ihre Kandidaten für den Landtag aufzustellen. Wird da Guido Beermann auch eine Rolle spielen?
Die Nominierungen für den Landtag haben jetzt begonnen. Ich bin viel im Land unterwegs und erlebe dabei selbst vor Ort, dass wir eine ganze Reihe an sehr guten und jungen Kandidatinnen und Kandidaten aufstellen. Ich werde die CDU mit voller Kraft unterstützen, einen konkreten Wahlkreis habe ich aber derzeit nicht im Auge.

Wollen Sie denn nach der Landtagswahl als Minister weitermachen?
Ich arbeite mit voller Kraft daran, Brandenburg bei der Mobilität, der Stadtentwicklung und der Landesplanung voranzubringen. Das mache ich mit großer Freude. Und ich habe noch viel vor. Im nächsten Jahr entscheiden die Wählerinnen und Wähler, wie es weiter geht. Ich kann Ihnen versichern, ich werde damit verantwortungsvoll umgehen.

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