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Brandenburgs Landesregierung unter Druck: Rechnungshof prüft die HBS-Förderaffäre

Brandenburgs Wirtschaftsministerium und die Förderbank ILB haben einen Millionenverlust erst möglich gemacht – durch einen Rechtsverstoß. Nun prüft der Rechnungshof den Fall. Es drohen neue Enthüllungen.

Potsdam - Nach der Fördergeld-Affäre der Brandenburger Landesregierung um die Luckenwalder Firma Human BioSciences (HBS) untersucht nun der Landesrechnungshof die Vorgänge. Nach den ersten Äußerungen des Rechnungshofes zu dem Fall, bei dem 6,5 Millionen Euro in dunklen Kanälen versickert sind, müssen sich Wirtschaftsministerium und die Landesförderbank ILB auf ernsthafte Folgen und neue Enthüllungen gefasst machen.  In der Affäre hatten Wirtschaftsministerium und die Landesförderbank ILB sich von Betrügern täuschen lassen – weil sie sich nicht an geltendes Recht hielten. Der Rechnungshof prüft, ob Ministerium und ILB ausreichende Schutzmaßnahmen getroffen haben und warum der EU-Anteil an der Fördersumme im Nachhinein zu Landesgeld umdeklariert wurde. Es geht auch um die Frage, ob das Ministerium mögliche Pflichtverstöße der Landesbank und Schadenersatzansprüche geprüft habe. Die Opposition im Landtag forderte erneut Aufklärung von der Landesregierung. 

vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) im Oktober erfolgreich erklagt hatte.

Rechnungen waren gefälscht, Brandenburg reichten Berichte vom Steuerberater

Die Förderbank hatte 2011 und 2012 6,5 Millionen Euro Fördergelder, drei Viertel davon von der EU, an die Firma HBS ausgezahlt, damit diese in Luckenwalde eine Fabrik für neuartige Wundpflaster errichten kann. Die Gelder wurden auf Basis von durch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer bestätigten Rechnungen gezahlt. Doch die Rechnungen waren gefälscht. Der Betrug hätte verhindert werden können, wenn sich Ministerium und ILB an geltendes EU-Recht gehalten hätten und Originalbelege verlangt hätten.

DAS VERSAGEN im Wirtschaftsministerium - eine brandenburgische Pleite 

Mit dem Fördergeld sollten Gefriertrockner für die Herstellung der Pflaster gekauft werden. Statt der beim Land angegebenen 36 Geräte kamen nur zwei in Luckenwalde an, Originalrechnungen und Kontobelege konnte die HBS nicht vorlegen. Die verlorenen Fördermillionen sind aus Furcht vor Sanktionen der EU und einem Einfrieren ganzer Fördertöpfe im Nachhinein zu Brandenburger Finanzen deklariert worden. Für den Rechtsverstoß von ILB und Wirtschaftsressort muss nun der Steuerzahler aufkommen. In Luckenwalde steht noch immer eine Investruine. Zwei HBS-Manager wurden 2015 vor dem Landgericht Potsdam wegen schweren Subventionsbetrugs zu Haftstrafen verurteilt. Das Gericht stellte damals fest: Der Millionenbetrug ist durch mangelnde Kontrollen in der ILB erleichtert worden.

Hätte das Ministerium von Förderbank Schadenersatz fordern müssen?

Eine Sprecherin des Landesrechnungshofes sagte den PNN am Donnerstag, die Behörde habe die Presseberichte und die Debatten zu dem Fall im Landtag aufmerksam verfolgt – und daraus Schlüsse gezogen. „Seit Juni dieses Jahres führen wir eine Prüfung zum Verfahrensablauf und Erfolg ausgewählter Investitionsmaßnahmen aus den Jahren 2011 bis 2016 durch“, sagte sie. In dieser Prüfung befasse sich der Landesrechnungshof zwar nicht mit den Einzelheiten des Förderverfahrens. Allerdings werde untersucht, welche Konsequenzen Wirtschaftsministerium und ILB gezogen, welche Maßnahmen Ministerium und ILB ergriffen haben, um derlei Betrugsfälle künftig zu verhindern.

Auch der Umgang des Ministeriums mit den finanziellen Folgen des Betrugsfalls sollen beleuchtet werden, sagte die Behördensprecherin. Es gehe etwa um die Frage, warum das Land auf die Erstattung der Fördergelder bei der EU-Kommission verzichtet hat. Untersucht werde auch, „inwieweit das Wirtschaftsministerium geprüft hat, ob der ILB im Förderfall HBS Pflichtverletzungen vorzuwerfen sind und ob sich hieraus auf Grundlage des Geschäftsbesorgungsvertrages Schadenersatzansprüche des Ministeriums gegenüber der ILB ergeben“. Die Prüfung werde erst Mitte 2017 abgeschlossen sein.

Opposition fordert schonungslose Aufklärung

Politisch ist der Fall nicht ausgestanden: Der Wirtschaftsexperte der CDU- Landtagsfraktion, Dierk Homeyer, warf Wirtschaftsministerium und ILB am Donnerstag Versagen vor. „Sie tragen eine Mitverantwortung für einen Millionenschaden zu Lasten des Brandenburger Steuerzahlers“, sagte er. Er erinnert daran, dass selbst noch Fördergelder überwiesen wurden, als die ILB selbst die Human Biosciences wegen des Verdachts auf Fördermittelbetrug bei der Staatsanwaltschaft angezeigt hatte und obwohl nur zwei Trockner bei der Firma ankamen. „Es gab keine Bonitätsprüfung, keine Originalrechnungen und erhebliche Zweifel der Förderbank selbst. Die Fördermittel hätten also nie ausgezahlt werden dürfen“, so Homeyer. Verantwortlich seien der damalige Wirtschaftsminister und heutige Linksfraktionschef Ralf Christoffers und sein Nachfolger im Wirtschaftsressort, der vormalige Staatskanzleichef Albrecht Gerber.

Die Landesregierung dürfe nicht wie beim Skandal um das ehemalige Kasernenareal Krampnitz weiter versuchen, den Schaden für das Land zu leugnen, erkläre der CDU-Politiker. „Mit dieser Methode muss endlich Schluss sein. Die Landesregierung muss endlich zu ihrer Verantwortung stehen und aktiv aufklären.“ Homeyer und die Grünen-Wirtschaftsexpertin Heide Schinowsky wollen die Affäre nun im Landtagsausschuss aufarbeiten. „Wir vermuten seit dem Beginn der Affäre, dass das Land es den Betrügern von HBS zu leicht gemacht hat und Sicherungsmechanismen, die es gegen Fördermittelbetrug gibt, versagten“, so Schinowsky. 

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