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Braune Stühle, braunes Gedankengut? Das berichten Lehrer aus einer Schule in Südbrandenburg.

© imago images/CHROMORANGE

Das braune Klassenzimmer: Nazi-Parolen und Hakenkreuz-Schmierereien an Brandenburger Schule auf der Tagesordnung

Lehrkräfte einer Oberschule im Kreis Spree-Neiße schlagen in einem offenen Brief Alarm. Der Fall sorgt für politischen Wirbel.

Mehrere Berliner und Brandenburger Medien erhielten vergangene Woche eine anonyme Mail. Bereits die Betreffzeile ist brisant: „Brandbrief zum Rechtsextremismus an unserer Schule“ ist der Titel der Nachricht. In einem angehängten offenen Brief berichten schließlich Lehrkräfte einer Oberschule aus dem Brandenburger Landkreis Spree-Neiße von rechtsextremen Vorfällen im Schulumfeld, die offenbar zur Tagesordnung gehören. Die Lehrer sind täglich mit „Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie“ konfrontiert, heißt es in dem Schreiben.

Am Montag griff der „rbb“ die Schilderungen der Lehrer auf und dokumentierte verschiedene konkrete Fälle, die sich im Umfeld der Lehreinrichtung in der Vergangenheit ereignet haben sollen. Demnach hätten Schüler wiederholt im Unterricht rechtsextreme Musik gehört, auf dem Sportplatz sei der Hitlergruß gezeigt worden, Mobiliar der Schule sei mit Hakenkreuzen beschmiert worden.

Mobbing, Ausgrenzung und Gewaltdrohungen gegen ausländische Schüler

Gleichzeitig sehen sich offenbar Lehrer und Schüler, die sich öffentlich gegen die rechten Tendenzen aussprechen, in ihrer Sicherheit bedroht. Es käme zu Mobbing, Ausgrenzung und Gewaltandrohungen gegenüber den „wenigen ausländischen und toleranten Schülern“, zitiert der „rbb“ die anonym gehaltenen Lehrer. Bei der sogenannten U18-Wahl, die regelmäßig an Schulen im gesamten Land im Vorfeld von Bundestagswahlen stattfinden, gewann vor einigen Jahren eine breite Koalition aus AfD und NPD.

Mittlerweile hat die Polizei Ermittlungen aufgenommen. Sowohl das zuständige Schulamt als auch der designierte Brandenburger Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD), zeigten sich „schockiert“ über die geschilderten Zustände und kündigten eine Aufarbeitung an.

Der Sprecher des Kreiselternrats in Spree-Neiße, Thomas Röttger, sagte dem Tagesspiegel, er sei durch den Brief „überrascht“ worden. Ähnliche Fälle aus der Region sind Röttger bisher nicht bekannt. Aus dem Brief spreche die Rat- und Machtlosigkeit der Lehrerschaft, wie im konkreten Fall vorzugehen sei, stellt Röttger fest: „Entsprechende Fälle gab es bisher nicht bei uns. Wir haben keine Expertise auf dem Gebiet, es gibt schlicht keine Routine.“

Entsprechende Fälle gab es bisher nicht bei uns. Wir haben keine Expertise auf dem Gebiet, es gibt schlicht keine Routine.

Thomas Röttger, Sprecher des Kreiselternrats Spree-Neiße

Genau deshalb ist es laut des Elternratssprechers nun wichtig, aus den Vorfällen zu lernen und als „Demokraten zusammenzustehen“. Der „Einzelfall“ müsste zum Anlass genommen werden, um auch an andere Schulen zu gehen und etwaige rechte Tendenzen dort „im Keim zu ersticken“, appelliert Röttger.

Weniger überrascht über das alarmierende Schreiben aus Brandenburgs Süden zeigt sich Susanne Krause-Hinrichs, Geschäftsführerin der Potsdamer F. C.. Flick Stiftung gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz. Die Stiftung bietet viermal im Jahr Brandenburger Lehrkräften Seminare an, in denen sie die Teilnehmer im Umgang mit Extremismus in der Schülerschaft schult. Im Fokus stehen unter anderem Antisemitismus und Verschwörungsideologien.

Spree-Neiße ist Hotspot rechter Tendenzen

„Dass die Region im Süden Brandenburgs einen Schwerpunkt hinsichtlich rechtem Extremismus bildet, ist uns schon länger bekannt, das bekommen wir in unseren Seminaren gespiegelt“, sagt Krause-Hinrichs dem Tagesspiegel und bietet gleichzeitig einen Lösungsvorschlag an. Eine Intensivierung von Angeboten, die sich an Lehrer wendet, müsse das Ziel sein, sagt die Juristin. Bildungskräfte müssten laut der Stiftungsvorsitzenden gegen rechte Tendenzen „empowert“ werden, „mit Wissen, mit Übung und vor allem mit Erfahrungsaustausch“.

Tatsächlich ist die Region Spree-Neiße und der Raum Cottbus traditionell ein Hotspot rechter Strömungen im Land Brandenburg. An der betroffenen Oberschule ist es laut den Lehrern insbesondere eine Gruppe von zehn bis zwölf rechtsgerichteten Schülern, die den Ton angeben und andere einschüchtern.

Nach Tagesspiegel-Informationen sollen zumindest einige von ihnen auch Verbindungen zur organisierten Fanszene von Energie Cottbus besitzen. Teile der dortigen Ultras gelten nach wie vor als rechts. Besonders aktiv ist seit einigen Jahren die Gruppierung „Unbequeme Jugend“, die vor allem eine jüngere Klientel anspricht. Nach rbb-Angaben haben sich mittlerweile weitere Schulen aus der Region gemeldet und von ähnlichen Problemen berichtet.

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