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Biber in Potsdam: Nagendes Problem

An der Nuthe haben Biber mehrere Bäume gefällt. Der Grund dafür ist simpel. Auch an anderen Orten in Potsdam gab es Probleme mit Bibern, von einer Biberplage spricht die Stadt allerdings nicht.

Schlaatz - Der Kahlschlag ist kaum zu übersehen. Einige Bäume liegen entlang des Nutheufers, andere ein paar Meter landeinwärts. Statt aufrecht gen Himmel zu wachsen, liegt ein gutes Dutzend Bäume kreuz und quer auf dem Waldboden. Aber ein Sturm hat sie nicht zu Fall gebracht, auch nicht Säge oder Axt. Von nahem betrachtet sind die Spuren eindeutig. Biber haben an der Nuthe in der jüngsten Zeit Bäume gefällt – darunter auch einige mit beachtlichem Stammumfang. Die Nager hatten offenbar Geduld.

Auch Spaziergängern war der Schaden aufgefallen. Ob sich die Biber in Potsdam so stark vermehren, dass immer mehr Bäume gefällt werden, lautete eine Leserfrage an die PNN. Doch davon gehen die Stadtverwaltung und Naturschützer nicht aus. An diesem Abschnitt der Nuthe befinde sich ein Revier des Bibers, das schon langjährig bekannt sei, so Stadtsprecher Jan Brunzlow. „Die Stadt begrüßt, dass sich der Biber wieder in seinen ursprünglichen Lebensräumen ansiedelt.“ Allerdings räumt das Rathaus auch ein, dass durch die Verbreitung des Bibers in landwirtschaftlich und gärtnerisch genutzten Bereichen selbstverständlich auch die Interessenkonflikte in einem dicht besiedelten und intensiv genutzten Gebiet wie Potsdam steigen.

Biber waren in Brandenburg Jahrzehnte lang verschwunden

Dabei sind die Biber im Brandenburgischen keine Neulinge, sie waren nur Jahrzehnte lang fast verschwunden: Nachdem Biber im 19. Jahrhundert fast vollständig ausgerottet waren, hat sich der Bestand heute wieder deutlich erholt – zum Leidwesen mancher Forst- und Landwirte. Derzeit leben in Brandenburg laut Landesumweltamt rund 2000 Biber, nach Sachsen-Anhalt ist die Mark demnach das Bundesland mit den meisten Bibern. Sie sind die größten Nagetiere Europas und lieben Espen, Weiden, Pappeln.

Auch beim Potsdam Naturschutzbund will man keine Biberplage erkennen. An der Nuthe habe ein Biberpaar sein Revier. Die Jungtiere blieben meist zwei Jahre bei den Eltern, bevor sie sich eigene Reviere suchen. Deren Größe hänge vom Nahrungsangebot ab, sagt Christiane Schröder vom Nabu. Bei der letzten Zählung im Jahr 2015 sei man auf neun Tiere gekommen. Die gefällten Bäume überraschen die Naturschützer nicht. Im Winter sei das Nahrungsangebot für die Pflanzenfresser ohnehin knapp. Deshalb fällen die Nager die Bäume, um an die Rinde heranzukommen. Ursache sei, dass an der Nuthe im Jahr 2015 zu viele Sträucher und junge Weiden im Uferbereich entfernt worden seien. Schon damals hatte der Nabu die Maßnahme des Landesumweltamts als überdimensioniert kritisiert. Die Behörde hatte sich seinerzeit mit dem Hochwasserschutz gerechtfertigt. Nun suchten sich die Tiere alternative Nahrungsquellen, so Schröder. Zum Dammbau benötigten die Tiere die Bäume nämlich nicht, der Wasserstand der Nuthe sei von allein hoch genug.

Im Park Sanssouci hat sich ein Biber angesiedelt

An anderen Orten in Potsdam ist das allerdings anders: Im Park Sanssouci versuchten die Nager immer wieder, das Wehr im südlichen Bereich des Maschinenteichs mit Geäst und Schlamm zu versperren und die Parkgewässer anzustauen. Dort hat sich vor drei Jahren ein Biber angesiedelt. Dadurch, so die Schlösserstiftung, drohten den gewässernahen Bauwerken, wie beispielsweise den Römischen Bädern, gravierende Schäden an ihren Gründungen. Hinzu kommen im Park Sanssouci Fraßschäden „an identitätsprägenden Altbäumen“, wie die Schlösserstiftung mitteilte. Manche der von den Bibern angenagten Bäume sind mehr als 170 Jahre alt. Auf mehrere Zehntausend Euro beziffert die Stiftung allein die Biberschäden in den vergangenen drei Jahren in Sanssouci. In den Schlossgärten fühlen sich die dickfelligen Nager offenbar wie die Könige: „Aktivitäten des Bibers werden neuerdings auch im Park Babelsberg, im Neuen Garten, im Rheinsberger Gartenreich, in Königs Wusterhausen, im Schlossgarten Paretz sowie auf der Pfaueninsel festgestellt“, erklärte ein Sprecher der Schlösserstiftung auf PNN-Anfrage.

Gewaltsam können die Welterbehüter der Stiftung den Bibern trotz der Schäden nicht ans Fell. Die Tiere stehen unter Naturschutz. Man könne nur vorbeugend arbeiten. Gegen Biber helfe die sehr aufwändige Ummantelung von besonders wertvollen Bäumen mit einem kleinen Schutzgitter aus Draht um den Stamm. Das könne jedoch nicht an allen Bäumen angebracht werden.

Auch das Angebot auf der Freundschaftsinsel fanden die Biber schmackhaft

Ähnliche Probleme hatte es vor ein paar Jahren auch auf der Freundschaftsinsel gegeben. Die Tiere fanden das Angebot des Inselgartens offenbar sehr schmackhaft. Um die Vegetation zu schützen, wurden 2013 einige Bäume ringsherum mit Maschendraht eingezäunt. Größere Bäume erhielten einen sandhaltigen Anstrich aus der Forstwirtschaft.

An der Nuthe ist das aktuell nicht vorgesehen. „Der Schutz von bestimmten Bereichen ist nicht geplant“, sagte Stadtsprecher Brunzlow. Einzelne Bäume können mit Hilfe von „Drahthosen“ vor Biberverbiss geschützt werden – so nennen die Fachleute den Maschendraht um Baumstämme.

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