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Landeshauptstadt: Nager im Welterbepark

Potsdam wird immer mehr zum Eldorado für Biber. Auch in Sanssouci häufen sich die Schäden

Sanssouci - Die Spuren sind unübersehbar: eine gefällte Weide, angenagte Bäume und Sträucher – und ein Damm im Schafgraben, der das Wasser aufstaut. In den Park Sanssouci ist ein neuer Bewohner eingezogen und der nagt sich munter durch die wertvolle historische Gartenwelt: Ein Biber hat den südlichen Teil des Parks entlang des Schafgrabens als sein Revier entdeckt.

Noch halten sich die Schäden in Grenzen, doch im kommenden Jahr könnte der neue Bewohner zum Problem für den Park Sanssouci werden, sagte Manfred Rohde, Gartendirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG), den PNN. Bisher scheint das Tier allein in dem Revier zu leben. Doch sollten im kommenden Jahr ein Weibchen und Nachwuchs dazukommen, steigt der Nahrungsbedarf steil an. „Wir müssen das im Auge behalten“, so Rohde.

Um diese Jahreszeit sind die Tiere sehr aktiv, legen Vorräte für den Winter an und fressen sich eine Speckschicht an. Auch Burghard Sell, seit Jahren ehrenamtlicher Biber-Experte vom Naturschutzbund (Nabu), kennt den Biber im Park Sanssouci. Sell vermutet, dass das Tier auf der Suche nach einem eigenen Revier von Hermannswerder aus über den Schafgraben in den Park eingewandert ist. Seit einem halben Jahr habe er dort Biberspuren gefunden. Die meisten gebe es in der Nähe des Maschinenteichs, aber auch an der Friedenskirche habe er sie entdeckt. „Er hat den ganzen Graben inspiziert“, beschreibt Sell die Quartierssuche des Tiers. Am Chinesischen Teehaus hat der Nager sogar eine Weide gefällt. Sell vermutet, dass der Sanssouci-Biber seine Burg in der Nähe des Maschinenteichs hat. Wo genau, sei schwer zu bestimmen, weil es in dem Bereich dichtes Schilf gibt: ideal für den Biber, aber schlecht, wenn man ihn beobachten will. Um mehr über das Tier zu erfahren, müsste man es länger beobachten, doch das schaffe er nicht ohne Hilfe, sagt Sell bedauernd.

Eine weitere sichtbare Spur des Bibers ist der Maschinenteich selbst. Das Tier hat angefangen, den Abfluss des Teichs aufzustauen. So wolle es dafür sorgen, dass der Eingang seiner Behausung unter der Wasserlinie bleibt, so Sell. Den Damm zu entfernen bringe nichts: „Sobald das Wasser plätschert, baut das Tier einen neuen.“ Sell schlägt vor, stattdessen Drainagerohre zu verlegen, damit das Wasser geräuschlos abfließen kann.

Vertrieben werden soll das Tier jedoch nicht. Die SPSG plane keine Maßnahmen gegen die Ansiedlung des Bibers, so Rohde. Den Biber zum Abschuss freizugeben, komme nicht infrage: „Der Biber steht unter Naturschutz“, so Rohde. Die im September vom Landtag beschlossene Regelung, Biber als letzte Möglichkeit zum Schutz von Deichen, Straßen und Agrar- und Forstflächen zu töten, könne in Sanssouci nicht angewendet werden.

Einst galt der Biber in Brandenburg als ausgestorben, weshalb er streng geschützt ist. Doch inzwischen haben sich die Tiere hier wieder angesiedelt. Derzeit leben nach Schätzungen wieder mindestens 2700 Biber in Brandenburg, vor allem entlang der Oder, Elbe, Havel und Spree. Auch in Potsdsam fühlen sich die Tiere offenbar wohl. Sell schätzt 14 bis 15 Reviere in und um Potsdam. Allerdings ist nicht immer klar, ob es sich um ein Pärchen oder ein Einzeltier handelt. Den ersten Biber hat er 2005 in der Nuthe entdeckt. Ein Jahr später kam ein Weibchen dazu. Seither habe Bert, wie Sell das Männchen nennt, zahlreichen Nachwuchs produziert. Allein in der Nuthe gibt es zwei Reviere, je eins auf Hermannswerder und am Tiefen See und mindestens zwei am Jungfernsee. Grundsätzlich seien die Biber ein gutes Zeichen, so Sell. Die Flusslandschaft an der Havel sei naturnah. „Potsdam ist ein Eldorado für die Biber“, sagt Sell.

Auch für Gartendirektor Rohde ist die Ansiedlung des Bibers im Park Sanssouci keine Überraschung. Die Tiere hatten zuvor schon andere Parks der SPSG in Potsdam und Berlin für sich entdeckt. Erste Anzeichen habe es bereits vor vier Jahren im Neuen Garten gegeben, so Rohde. Später waren die Biber auf der Pfaueninsel, im Park Babelsberg und im Charlottenburger Schlosspark aktiv. Vor zwei Jahren habe es erste Spuren im Park Sanssouci gegeben. Mittlerweile seien die Tiere in allen Parks in Potsdam und Berlin anzutreffen – und überall gebe es auch Schäden, so Rohde. So mussten auch Bäume gefällt werden. Der Schaden gehe teilweise jedoch weit über die Kosten für eine neue Pflanzung hinaus. „Der Wert eines Baumes, den Lenné gepflanzt hat, lässt sich schwer in Zahlen ausdrücken.“.

Fürs Erste soll dem Biber mit sanften Mitteln Einhalt geboten werden. „Wichtige Bäume werden mit Maschendraht geschützt“, so Rohde. Außerdem habe man in diesem Jahr erstmals einen sandhaltigen Anstrich getestet, der dem Biber den Appetit verdirbt.

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