zum Hauptinhalt
tsp-coronavirus.jpg

© Montage: Tagesspiegel | freepik (2)

Bericht zum Pandemie-Ursprung: Mehr Posse als Wissenschaft

Republikanische US-Senatoren haben einen Bericht vorgelegt, wonach ein Laborunfall die wahrscheinliche Ursache der Pandemie sein soll. Von einer sachlichen Aufklärung ist der aber weit entfernt.

Ein Kommentar von Birgit Herden

Es wäre zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Auf dem Cover ein grellrotes Coronavirus, das in braunem Wabern versinkt; der Titel „Muddy Waters“ (Trübe Gewässer), in triefende Schriftzeichen gesetzt, die an billige Horrorstreifen erinnern. Mit diesem Deckblatt präsentieren republikanische US-Senatoren allen Ernstes einen Bericht, in dem nicht näher genannte Autoren den angeblichen Stand von Forschung und Ermittlungen zum Ursprung der Coronapandemie darlegen. Der Inhalt wirkt dann kaum seriöser.

Wenig überraschend steht in dem Bericht nichts substanziell Neues, genauso wenig überrascht das Fazit der Autoren, die einen Laborunfall in Wuhan als Ursache der Pandemie für wahrscheinlicher halten als eine natürliche Evolution des Virus.

Die Argumente, die in einem Pro und Contra gegeneinander gewogen werden, sind altbekannt. Ja, die Existenz eines Instituts, in dem unter fragwürdigen Sicherheitsbedingungen an Coronaviren geforscht wurde, just in der Stadt, in der die Pandemie ihren Anfang nahm, ist auffällig. Eindeutige Belege aber fehlen nach wie vor.

Eine etwas überdurchschnittliche Häufung grippeähnlicher Erkrankungen im Herbst 2019 in Wuhan mag man als bedeutsames Indiz werten, genauso könnte es sich aber um eine unbedeutende statistische Schwankung handeln. Zugleich gibt es inzwischen eine Fülle von Belegen, die einen Übersprung auf dem Wildtiermarkt wahrscheinlich machen. Wie man die vielen Indizien wertet, die in den letzten Jahren zusammengetragen wurden, bleibt subjektiv.

Das offensichtlich parteipolitisch motivierte Papier der US-Republikaner trägt zur Aufklärung wenig bis gar nichts bei und ist allenfalls geeignet, die Fronten der beiden Lager zu verhärten. Wohlwollend könnte man es als trotziges Aufbegehren gegen das unsägliche Mauern von China werten, das nach wie vor keine Informationen aus der Frühzeit der Pandemie herausgibt.

Traurig ist die Verhärtung, weil eine sachliche, unparteiische Aufklärung dabei helfen könnte, kommende Pandemien zu verhindern. Andererseits ist zumindest eines klargeworden: Sowohl enge Mensch-Tier-Kontakte als auch ein Laborunfall könnten theoretisch eine Pandemie auslösen.

Es ist also gar nicht die dringendste Frage, was Ende 2019 in China wirklich geschah. Wichtiger wäre, beide Möglichkeiten ernst zu nehmen und alles Menschenmögliche dafür zu tun, um beides künftig zu verhindern.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false