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Der Gründer des WEF, Klaus Schwab, mit EU-Kommisisonspräsidentin Ursula von der Leyen und der ukrainischen First Lady Olena Selenska.

© Reuters/Arnd Wiegmann

Mit dem Privatjet zum Klimaschutz: Welche Rolle kann das Weltwirtschaftsforum heute spielen?

Seit 1971 treffen sich beim Weltwirtschaftsforum in Davos die Reichen und Mächtigen, um darüber zu diskutieren, wie man die Welt verbessern könnte. Bringt das etwas?

Zweifel an einem echten Lösungsinteresse

Ich bin grundsätzlich eher skeptisch, was solche elitären Treffen angeht. Mir wäre es lieber, wenn demokratisch gewählte Regierungen gemeinsam versuchten, die Welt zu verbessern, als wenn dies von der selbsternannten globalen Wirtschaftselite ausgeht. Denn deren Interessen müssen ja nicht mit denen weiter Teile der Weltbevölkerung identisch sein.

Man muss aber zugestehen, dass zu den Konferenzen auch immer wieder wirklich kritische und unabhängige Köpfe eingeladen wurden und dass die thematisierten Probleme häufig durchaus auch ans Eingemachte gingen, etwa beim Klimawandel oder der zunehmenden ökonomischen Ungleichheit. Da konnte man schon den Eindruck gewinnen, dass die globale Wirtschaftselite teilweise aufgeschlossener ist als etwa der wirtschaftspolitische Diskurs in Deutschland.

Dennoch bestehen erhebliche Zweifel daran, dass die Wirtschaftselite als Profiteur der globalen Ungleichheit und Hauptverursacher des Klimawandels an einer echten Lösung der Probleme Interesse hat.

Komplexe Unsicherheit in der Dauerkrise

„Komplexe Unsicherheit“ konstatierte der Entwicklungsindex der Vereinten Nationen im letzten Jahr: Die Dauer und Gleichzeitigkeit der Krisen – Klimawandel, Pandemie, Inflation – hätten die menschliche Entwicklung im letzten Jahr um fünf Jahre zurückgeworfen. Die mannigfaltigen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs hatten die UN-Forscher da noch gar nicht mit eingerechnet.

Hinzu kommen eine tiefe Spaltung zwischen Demokratien und Autokratien sowie zunehmend abgeschlossene Informationsblasen. Hauptthema in Davos ist daher „Zusammenarbeit in einer fragmentierten Welt“. Ohne eine bessere Koordination zwischen Wirtschaft und Staat wird das nicht gehen, und so sind die Begegnungen auf dem Weltwirtschaftsforum nicht ohne Wert.

Im Luxusresort Davos gilt es nun, staatliche Steuerung, Innovationsfinanzierung und technologischen Umbau so zu gestalten, dass komplexe Unsicherheit abnimmt. Statt eines Fegefeuers der Eitelkeiten braucht es rohe Ehrlichkeit. Daran wird sich Davos 2023 messen lassen müssen.

Impulse für den Klimaschutz bleiben aus

Das Weltwirtschaftsforum hat sich immer als Innovationslabor der globalen Wirtschaftseliten verstanden. Das Thema Klimaschutz hat dort in den letzten Jahren eine große Rolle gespielt, wobei die Ankündigungen globaler Konzerne dazu oft zu vage blieben. Dieses Jahr ist das Thema Klimaschutz auch in Davos von anderen globalen Problemen wie dem Krieg in der Ukraine, der Energiepreiskrise und der Corona-Pandemie an den Rand gedrängt worden.

Würde das Forum seinem Anspruch als globaler Problemlöser gerecht werden wollen, müsste es die Frage, welche Rolle der Klimaschutz bei der Bewältigung der Polykrise spielen kann, viel stärker in den Vordergrund stellen. Zum Beispiel müsste es eindeutige, mit konkreten Maßnahmen untergelegte Erklärungen von großen Konzernen auf dem Weg zur Klimaneutralität geben.

Dass das nicht in ausreichendem Maße passiert, ist eine vertane Chance. In einem für den internationalen Klimaschutz sehr wichtigen Jahr bleiben klare Impulse des Forums aus.

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