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Familienmesse an der Uni Potsdam: „Wenn Kinder da sind, wird es schnell recht traditionell“

Studieren mit Kind, für viele Potsdamer Studenten ist das ein Thema. Die Familienberaterin Dörte Esselborn spricht im PNN-Interview über Angebote und Herausforderungen für studierende Eltern.

Frau Esselborn, Sie organisieren eine Familienmesse an der Universität Potsdam. Studieren mit Kind – wie passt das zusammen?

Das ist unterschiedlich. An sich kann es gut funktionieren, wenn man sich dafür bereit fühlt. Wenn man jung ist, ist man belastbarer. Es hängt aber auch davon ab, was man studiert.

Inwiefern?

In Studiengängen wie den Geistes- oder Sozialwissenschaften zum Beispiel wird von den Studierenden mehr Eigenständigkeit bei der Planung des Studienverlaufs verlangt – und das ist für junge Eltern von Vorteil, weil sie ihr Studium flexibler organisieren können. In verschulteren Fächern ist das schwieriger. Wenn ein Kind krank wird oder die Kita ausfällt, muss man dann eine alternative Lösung finden. Auf der anderen Seite versucht die Universität aber, darauf einzugehen und Angebote zu machen.

Welche Angebote sind das?

Wir haben zum Beispiel in Kooperation mit der Kinderwelt als pädagogischem Träger eine flexible Kinderbetreuung an allen Uni-Standorten. Dort kann man sein Kind auch stundenweise abgeben. Das wird rege genutzt – vor allem von Eltern mit ganz kleinen Kindern. Sie müssen dafür einen Eigenanteil bezahlen. Bei ganz geringem Einkommen besteht aber auch die Möglichkeit, dass die Kosten komplett übernommen werden. Außerdem gibt es den sogenannten Nachteilsausgleich.

Was verbirgt sich dahinter?

Studierende mit Familienaufgaben – und dazu zählen nicht nur Kinder, sondern auch die Pflege von Angehörigen – bekommen einen Ausgleich für die geringere zeitliche Verfügbarkeit. Sie können zum Beispiel ihre Bearbeitungsfristen für Abschlussarbeiten verlängern lassen oder Kulanz bei Anwesenheitspflichten aushandeln. Das sind jeweils Einzelentscheidungen, beantragt wird der Nachteilsausschuss beim Prüfungsausschuss. Man muss in jedem Fall viel mit allen Stellen kommunizieren, denn als studierender Elternteil ist man leider immer noch abseits der Norm.

Wie viele studierende Eltern gibt es denn an der Uni Potsdam?

Die Zahl wird von uns nicht erfasst. Wir wissen aber aus der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes, dass zwischen fünf und sieben Prozent der Studierenden Kinder haben – das wären bei uns zwischen 1000 und 1400 Studierende, also schon eine Hausnummer.

Sind es eher Mütter oder Väter?

Die Väter sind jedenfalls nicht so sichtbar. 95 Prozent der Studierenden, die zu unseren Beratungsangeboten für Eltern kommen, sind Frauen.

Kinderbetreuung ist also schon bei den Studierenden eher Frauensache? Man müsste doch meinen, wir haben es mit emanzipierten jungen Menschen zu tun?

Ich will nicht sagen, dass sich diese Frauen im Alltag nicht auch Aufgaben mit ihrem Partner teilen. Aber wenn es um Fragen geht, wie kriege ich Studium und Familie unter einen Hut, dann bleibt das offenbar nach wie vor an den Frauen hängen. Auch wenn die Klientel theoretisch in Fragen der Gleichberechtigung offen ist, wird es schnell recht traditionell, wenn es eine konkrete Familiensituation gibt. 

 

Die Familienmesse, zu der die Uni am Donnerstag einlädt, will einen Anstoß zum Umdenken in Fragen der Geschlechterrollenverteilung geben. Wie kann das gelingen?

In verschiedenen Workshops geht es um die Bewusstseinsbildung, darum, Reflexion anzuregen. Bei der sogenannten Anti-Bias-Arbeit geht es darum, eigene Einstellungen, Urteile und Vorurteile zu überdenken. Denn die Stereotypen müssen erst mal aufgedeckt werden. Oft sind sie so subtil, dass man sie selbst nicht bemerkt. Gefragt sind nicht nur die betroffenen jungen Väter und Mütter, sondern auch ihr Umfeld.

ZUR PERSON: Dörte Esselborn arbeitet beim Service für Familien im Koordinationsbüro für Chancengleichheit an der Uni Potsdam und berät Studierende und Mitarbeiter der Uni. 

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