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Der Virologe Christian Drosten.

© dpa/Jens Kalaene

Vier Jahre nach erstem Lockdown: Drosten wünscht sich eine gesellschaftliche Aufarbeitung

Der Virologe Christian Drosten hat eine positive Bilanz der deutschen Krisenstrategie gezogen. Jetzt möchte er, dass sich Politik, Wissenschaft und Medien „im Spiegel betrachten“.

Vier Jahre nach Beginn des ersten Corona-Lockdowns in Deutschland hat der Virologe Christian Drosten eine insgesamt positive Bilanz der deutschen Krisenstrategie gezogen. „Aus medizinischer Sicht sind wir gut durch die Pandemie gekommen“, sagte er im Deutschlandfunk am Freitag. Verglichen mit anderen großen europäischen Industrieländern habe Deutschland die Pandemie gut überstanden – auch wenn es hätte besser laufen können.

Am 22. März 2020 war der erste Corona-Lockdown in Deutschland in Kraft getreten. Die Folge waren weitreichende Kontaktbeschränkungen. Das öffentliche Leben kam weitgehend zum Erliegen. Die Maßnahmen sollten dabei helfen, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen.

Eine politische Kommission würde eher dazu führen, dass bestimmte Kräfte da eine Bühne bekommen, die gar nicht im Zentrum der Diskussion stehen sollten.

Christian Drosten, Virologe

Die deutsche Reaktion auf die erste Welle sei international gelobt worden – sie habe als deutsches Wunder gegolten, sagte Drosten. Es sei mit „relativ milden Bekämpfungsmaßnahmen“ gelungen, dass es in der ersten Welle nur eine sehr niedrige Zahl von Todesfällen gegeben habe.

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Was richtig war und wo die Evidenz fehlte

Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass Versammlungs- und Ausgangsbeschränkungen, Homeoffice-Regelungen, Schulschließungen, Maskengebote sowie die Testpflichten und Kontaktverfolgung erfolgreich gewesen seien.

Schlechte Evidenz gebe es bei der Schließung von Geschäften. Auch der Erfolg der Hygienekonzepte, etwa das Lüften oder die Händedesinfektion, seien aus Sicht der Wissenschaft bisher nicht geklärt. „Die Evidenz ist manchmal auch deswegen wackelig, weil die Studien dazu nicht gut genug angelegt waren“, sagte Drosten.

Politische Kommission nötig?

Am Mittwoch hatte die FDP erneut auf eine Aufarbeitung der Corona-Politik in einer Kommission des Bundestages gedrängt. In einem Schreiben an die Fraktionsführungen von SPD und Grünen bitten FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann und FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki, in Gespräche über die Einsetzung einer Enquete-Kommission einzutreten.

Davon hält Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nicht viel: „Eine Enquete-Kommission ist typischerweise eine sehr politisch aufgeladene Angelegenheit“, sagte er am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“. Man würde dort politisch agieren und weniger wissenschaftlich bearbeiten.

Drosten würde sich stattdessen einen gesellschaftlichen Aufarbeitungsprozess wünschen. „Dazu können politische Kommissionen gehören, aber ich glaube nicht, dass das reicht“, sagte er. „Eine politische Kommission würde eher dazu führen, dass bestimmte Kräfte da eine Bühne bekommen, die gar nicht im Zentrum der Diskussion stehen sollten“, sagte der Virologe im Deutschlandfunk.

Die Aufarbeitung müsse alle Bereiche umfassen, sagte er im Deutschlandfunk. Die Medien, Wissenschaft und Politik müssten jeweils Methoden ihrer eigenen Aufarbeitung wählen, sich „im Spiegel betrachten“ und Erfolge, aber auch Defizite in ihrem Handeln benennen. „Jeder hat sicherlich auch Fehler gemacht“. (dpa, mica)

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