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2Stühle und Tische einer Außengastronomie am Gendarmenmarkt sind zusammengestellt (Archivbild).

© dpa/Paul Zinken

Was ist dran an der US-Studie?: „Lockdowns“ sollen fast keine Corona-Todesfälle verhindert haben

Lockdown-Maßnahmen in den USA und Europa sollen die Covid-19-Sterblichkeit kaum gesenkt haben. Die Studie beruht aber auf einer unüblichen Definition.

Laut einer aktuellen Veröffentlichung eines Autorenteams um einen Wirtschaftswissenschaftler der Johns Hopkins Universität in Baltimore, USA, haben „Lockdowns“ in Europa und den USA die Sterblichkeit an Covid-19 im Durchschnitt nur um 0,2 Prozent gesenkt. Dabei wird der Begriff „Lockdown“ allerdings etwas irreführend definiert.

Die Autoren wenden den Begriff „Lockdown“ für Situationen an, in denen Regierungen mindestens eine Maßnahme ergriffen und etwa die Bewegungsfreiheit der Menschen innerhalb des Landes einschränkten, Schulen und Geschäfte schlossen oder internationale Reisen verboten.

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Die weitgehende Einschränkung der Bewegungsfreiheit auf die eigenen Wohnungen, was der Bedeutung des Begriffs „Lockdown“ in Deutschland entspricht, senkten die Covid-19-Sterblichkeit um 2,9 Prozent, berichtet das dreiköpfige Autorenteam um Steve Hanke vom Institut für Angewandte Wirtschaftswissenschaften, Globale Gesundheit und das Studium der Unternehmensführung.

Der Artikel ist nicht in einem medizinischen Fachjournal erschienen und wurde nicht unabhängig von Fachleuten begutachtet. Hanke veröffentlicht seine Serie von Arbeitspapieren auf einer eigenen Website. Das Autorenteam widerspricht mit seinen Schlussfolgerungen der etablierten Meinung, dass Kontaktbeschränkungen Übertragungen des Coronavirus Sars-Cov-2 und damit auch Todesfälle durch Covid-19 verhindern.

Zahlreiche Studienergebnisse ausgeschlossen

In einer viel beachteten Modellierungsstudie eines Forschungsteams um Seth Flaxman und Samir Bhatt vom Imperial College London, die im vergangenen Jahr im Journal „Nature“ erschienen ist, wurde ein deutlicher Effekt von Kontaktbeschränkungen und vor allem Lockdowns im eigentlichen Sinne auf das Infektionsgeschehen festgestellt.

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In elf europäischen Ländern haben die Maßnahmen Ansteckungen verhindert und das Infektionsgeschehen bis Mai 2021 unter Kontrolle gebracht, folgerten die Autoren: „Wir stellen fest, dass die Maßnahmen seit Beginn der Epidemie in elf Ländern 3,1 (2,8-3,5) Millionen Todesfälle verhindert haben“.

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Ihre Analyse wurde jedoch vom Team um Hanke ausgeschlossen, da sie andere wirkende Faktoren, wie etwa die Saisonalität der Infektionswellen vernachlässige. Die Wirkung von Lockdowns sollte anhand von Kontrollversuche oder Experimenten untersucht werden, sagen sie. Es gebe jedoch nur sehr wenige Studien dieser Art.

In ihrer Analyse sind dann auch nur 24 Studien einbezogen worden, was eine schmale Datenbasis für die aufgrund der extrem breiten Definition von „Lockdown“ sehr weitreichenden Schlussfolgerungen bedeutet, dass Kontaktbeschränkungen nur geringe Wirkung aufs Infektionsgeschehen hätten. Diese ist jedoch in weiteren Studien belegt (siehe etwa hier und hier).

Untersuchungen aus Weltregionen wie Australien und Asien wurden von Hanke ganz außer Acht gelassen, obwohl auch dort Kontaktbeschränkungen angeordnet und Infektionswellen erfolgreich eingedämmt wurden.

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