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Immunzellen töten andere Zellen des Körpers, wenn sie krankhaft verändert sind. Schießen sie über das Ziel hinaus, kommt es zu Autoimmunerkrankungen.

© mauritius images/Science Photo Library/Roger Harris

Berliner entdecken Genschalter: Ein gezielter Dämpfer nur für Teile der Immunabwehr

Berliner Forschende haben einen Genbereich entdeckt, der einen Teil des Immunsystems herunterfährt: jenen, der Viren abwehrt, aber auch Autoimmunerkrankungen verursacht.

Befallen Viren den Körper, läuten die Sturmglocken. Die Eindringlinge haben dann schon alle Bollwerke und Festungsmauern überwunden, besetzen Körperzellen und bauen sie zu Virusfabriken um. Alarmiert eilen dann spezialisierte Zellen des Immunsystems herbei und fackeln nicht lang: Sie stecken kurzerhand die vom Feind okkupierten Bereiche der Festung in Brand – infizierte Zellen werden abgetötet und die Erreger mit ihnen.

So schlagkräftig diese Strategie auch ist, wird sie zum Problem, wenn die körpereigene Abwehr Widersacher in den eigenen Reihen wähnt und gesunde Zellen angreift. Dann entstehen Autoimmunerkrankungen.

Hemmung in voller Breite

Um die Immunreaktion einzudämmen, müssen Betroffene mitunter starke Medikamente wie Kortison einnehmen. Diese hemmen dann aber weite Teile des Immunapparates und nicht nur die fehlgesteuerten Zellen. Zukünftig könnte genau das aber leichter werden, sagen Forschende der Charité und des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums Berlin. In einem Aufsatz im Fachblatt „Nature Immunology“ beschreiben sie, wie sie einen Abschnitt im Erbgut entdeckten, der einen Teil des Immunsystems reguliert – Zellen vom „Typ 1“, die unter anderem für die Virenabwehr, aber auch für zahlreiche Autoimmunleiden sorgen.

Der aufgespürte Genbereich steuert offenbar, wann Typ-1-Zellen für ein bestimmtes Alarmsignal empfänglich sind. Nur wenn das Gen für „Antennen“ für das Molekül Interleukin-33 aktiviert wird, gehen sie in den Bereitschaftsdienst. Die Substanz wird von absterbenden Zellen freigesetzt, etwa bei einer Entzündung.

Abwehr gezielt gehemmt

Die Forschenden entfernten den fraglichen DNA-Abschnitt aus dem Erbgut von Mäusen und infizierten sie anschließend mit Meningitis-Viren. Die Typ-1-Zellen der Tiere wurden nicht aktiviert und gingen nicht gegen die Erreger vor. Andere Teile des Immunsystems funktionierten dagegen normal.

Mit diesem Wissen wäre es nun möglich, „maßgeschneiderte Behandlungen von ungewollten Entzündungsreaktionen“ zu entwickeln, heißt es von den Studienleitern Max Löhning und Tobias Brunner in einer Mitteilung. Auch bei der Zelltherapie gegen Krebs schießt dieser Teil des Immunsystems manchmal über das Ziel hinweg und löst schwere entzündliche Nebenwirkungen aus. Hier könnte man künftig vielleicht gezielter gegensteuern, heißt es in der Studie.

Die abgestimmte Reaktion der Typ-1-Zellen sei wahrscheinlich notwendig, damit diese nur im Notfall – etwa bei einer Virusinfektion – auf die Alarmsignale reagieren, vermuten die Autoren. Sonst wären wohl viel häufiger ungewollte Entzündungen und Autoimmunerkrankungen die Folge.

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