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Melissa Kössler wechselte im Sommer zur TSG Hoffenheim und ist dort Stammspielerin.

© imago images / Eibner

Tradition in Not: Das Scheitern von Turbine war unausweichlich

Die Fußball-Bundesliga der Frauen hat sich verändert. Turbine konnte allerdings nicht Schritt halten und muss nun die Konsequenzen tragen. Potsdam ist dabei kein Einzelfall.

Ein Kommentar von Charlotte Bruch

Turbine Potsdam ist nicht irgendein Verein. Turbine ist zweifacher Champions-League-Sieger, sechsmaliger Deutscher Meister und dreifacher Pokalsieger. Vor einigen Jahren konnte damit höchstens der 1. FFC Frankfurt mithalten. Doch die glorreichen Zeiten des Traditionsklubs sind vorbei. In der Liga abgeschlagen auf dem letzten Platz und kaum Aussicht auf den Klassenerhalt.

Die Probleme liegen aber weiter zurück. Im Sommer 2021 gab es einen denkwürdigen Wahlkampf um die Präsidentschaft, die Rolf Kutzmutz nur sehr knapp gegen die ehemalige National- und Turbinespielerin Tabea Kemme gewann. Und das nur mit nicht ganz fairen Mitteln.

Das Wahlergebnis spiegelte die Zerrissenheit innerhalb des Vereins wider und das gleichzeitige Bedürfnis nach Veränderung. Doch nichts dergleichen passierte und gipfelte vielmehr in der Entlassung von Trainer Sofian Chahed im Sommer und dem anschließenden Rücktritt von Kutzmutz.

Schließlich verließ quasi die komplette Stammelf den Verein und spielt nun in anderen Bundesligavereinen eine mitunter tragende Rolle. Die meisten gingen, weil das Umfeld wie etwa die Trainingsmöglichkeiten nicht passte und der Verein sich seit Jahren kaum mehr weiterentwickelt. Früher war Turbine dafür bekannt, junge Talente zu gestandenen Bundesligaspielerinnen auszubilden. Diese Zeiten sind vorbei.

Vor allem den Vorwurf, es im Vorfeld verpasst zu haben, für die abgewanderten Spielerinnen noch Einnahmen zu generieren und nicht fast jede ablösefrei ziehen zu lassen, muss sich die Vereinsführung und somit auch Kutzmutz gefallen lassen. Auch adäquater Ersatz wurde nicht verpflichtet, zu niedrig sei das Budget. Selbst mit den jährlichen 250.000 Euro von Hertha BSC, die im Sommer wegbrechen werden.

Und darin liegt das Problem, was nicht nur Turbine hat. Ungeachtet der vielen zusätzlichen Probleme bei dem Potsdamer Klub ist lediglich die SGS Essen ein reiner Frauenfußball-Verein und hat jedes Jahr extrem zu kämpfen in der Bundesliga. Langfristig fehlt beiden eine starke Männerabteilung eines Lizenzklubs und somit leider die finanzielle Basis für die Bundesliga.

Vereine wie RB Leipzig, der 1. FC Union oder auch Borussia Dortmund drängen vehement nach oben. Selbst der große 1. FFC Frankfurt musste letztlich zur Eintracht wechseln, um eine Perspektive zu haben. Dass die kleineren Vereine wie der MSV Duisburg oder der SV Meppen ebenfalls ihre Probleme haben werden, ist unausweichlich.

24 Kilometer entfernt von Turbine will es ein Verein trotzdem mit einer reinen Frauenabteilung versuchen. Noch gehört die Frauenabteilung zu Viktoria Berlin, doch das soll nicht von Dauer sein. Viktoria könnte angesichts der bereits getätigten Investitionen in Millionen-Höhe eine Ausnahme sein, muss aber auch, was die strukturellen Möglichkeiten und die Infrastruktur angeht, unbedingt nachlegen. Sonst droht dem Verein das gleiche Schicksal wie Turbine oder Essen, so traurig das auch sein mag.

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