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Die Wolfsburgerin Ewa Pajor ist aktuell eine der besten Stürmerinnen Europas.

© imago images / Darius Simka

Nur Turbine Potsdam strauchelt: Die Qualität der Liga hat zugenommen

In der Bundesliga scheint nach der Hinrunde alles beim Alten zu sein. Ein paar Vereine überraschen allerdings doch. Eine Bilanz.

Die Hinrunde in der Fußball-Bundesliga der Frauen ist gespielt und auf den ersten Blick hat sich sportlich gesehen nicht viel verändert. Wolfsburg auf eins, Bayern dahinter und dann kommen naturgemäß die restlichen Teams, die den begehrten dritten Rang unter sich ausmachen. Dahingehend scheint nach der Hinrunde also alles beim Alten zu sein. Doch zumindest ein Verein, der aktuell auf den Abstiegsrängen liegt, überrascht dann doch etwas.

Dass es für Turbine nach dem riesigen Umbruch im Sommer nicht leicht werden würde in dieser Saison, war klar. Doch dass eine Mannschaft, die vor einem halben Jahr noch bis zum letzten Spieltag um die Qualifikation für die Champions League mitspielte, derartig abstürzen würde, ist dann doch etwas erschreckend. Aus zehn Spielen holten die Potsdamerinnen lediglich einen Punkt beim Saisonauftakt gegen Werder Bremen. Hinzu kommt die schwächste Abwehr der Liga mit 28 Gegentoren bei nur fünf erzielten Treffern.

„Wenn man erst mal abgestiegen ist, wird es sehr schwer.“

Jennifer Cramer, Spielerin bei Turbine Potsdam

Turbine fehlt es einerseits an der nötigen individuellen Klasse und gleichzeitig an der Breite im Kader. Frühe Verletzungen von Kapitänin Noemie Gentile oder der beiden Defensivspielerinnen Teninsoun Sissoko und Anna Gerhardt lassen sich nicht mal eben so kompensieren. Nach sechs Spielen und der 0:5-Heimniederlage gegen den SC Freiburg musste schließlich auch der erst im Sommer gekommene Trainer Sebastian Middeke seine Sachen packen.

Düstere Aussichten bei Turbine Potsdam

Bei Turbine gibt es aktuell nicht viel Positives zu berichten. Während der Frauenfußball seit der Europameisterschaft im Sommer extrem an Aufmerksamkeit gewonnen hat, ist das Interesse bei Turbine eher rückläufig, wie man an den Zuschauerzahlen sieht. Waren es zu Beginn der Saison beim ersten Heimspiel im Karl-Liebknecht-Stadion gegen den MSV Duisburg noch 1285 Zuschauende, wollten das Duell mit der TSG Hoffenheim Ende November nur noch 713 Menschen sehen.

Auch sonst sieht es für Turbine eher düster aus. In den letzten Spielzeiten haben meist 14 Punkte gelangt für den Klassenerhalt, doch bei der aktuellen Tabellenkonstellation wird das wohl nicht reichen, denn Duisburg, die SGS Essen und der 1. FC Köln stehen bereits bei zehn Punkten. Bei zwölf ausstehenden Spiele wird das keine einfach Aufgabe, zumal im ersten Spiel nach der Winterpause der FC Bayern kommt.

Danach stehen entscheidende Wochen an mit Duellen gegen den Vorletzten aus Bremen, Duisburg und Köln. Der Abstieg scheint kaum noch zu verhindern zu sein. „Wenn man erst mal abgestiegen ist, wird es sehr schwer“, sagt auch die nach Potsdam zurückgekehrte Jennifer Cramer. „Das ist eine wegweisende Saison für Turbine, was die Zukunft betrifft.“

Bei den Potsdamerinnen sind die Aussichten alles andere als rosig.
Bei den Potsdamerinnen sind die Aussichten alles andere als rosig.

© IMAGO/Eibner

Vor Turbine liegen mit Bremen, den Aufsteigerinnen aus Duisburg und Essen Teams, bei denen zu erwarten war, dass sie hauptsächlich um den Klassenerhalt kämpfen. Im Gegensatz zu Turbine haben diese allerdings deutlich bessere Aussichten, wobei es bei Bremen ähnlich wie bei den Potsdamerinnen im Angriff fehlt und kein klarer Plan in der Offensive zu erkennen ist. Trotzdem gab es mit dem Heimspiel im Weserstadion vor über 20.000 Zuschauenden gegen den SC Freiburg ein Highlight, auch wenn Werder nach Führung noch verlor.

Im oberen Drittel sind die üblichen Kandidaten verortet

Essen und Duisburg sind zwei schwer einzuschätzende Teams. Während Duisburg als Aufsteiger erwartungsgemäß schwungvoll startete, ließ das Team von Walter Schneck im weiteren Saisonverlauf ein bisschen nach. Essen hingegen konnte vor allem im letzten Spiel vor der Winterpause mit einem 6:0-Sieg auf sich aufmerksam machen und sein Potenzial zeigen.

Im oberen Tabellendrittel sind mit Eintracht Frankfurt hinter Bayern und Wolfsburg die üblichen Kandidaten verortet. Wer fehlt ist einzig die TSG Hoffenheim, die auf Platz fünf liegt, was für die eigenen Ambitionen zu wenig ist. Auch deshalb musste Trainer Gabor Gallai gehen.

Während das Auftaktspiel Frankfurts bei Bayern mit dem Unentschieden ein Erfolg war aus Sicht der Hessinnen, war es für die Mannschaft von Bayern-Trainer Alexander Straus eigentlich zu wenig. Direkt am ersten Spieltag Wolfsburg hinterherzulaufen, bringt Druck mit sich, vor allem wenn der VfL derart dominant auftritt wie in dieser Saison. Die Wolfsburgerinnen haben eine enorme Qualität im Kader und gleichzeitig auch in der Breite. Dass man es sich leisten kann, eine Jule Brand oder eine Sveindis Jonsdottir fast immer nur von der Bank zu bringen, unterstreicht das.

Jubel bei den Wolfsburgerinnen rund um Europameisterin Georgia Stanway.
Jubel bei den Wolfsburgerinnen rund um Europameisterin Georgia Stanway.

© imago/kolbert-press / IMAGO/kolbert-press/Ulrich Gamel

Mittlerweile haben sich die Wolfsburgerinnen auch einen komfortablen Vorsprung von fünf Punkten auf die Bayern erspielt, sodass ein spannender Titelkampf angesichts der 30 Punkte nach zehn Spielen kaum realistisch erscheint. Auch wenn Bayern sich gefunden hat, was vor allem an Europameisterin Georgia Stanway liegt, die zu Beginn Startschwierigkeiten hatte. Mit dem Sieg in der Champions League gegen den FC Barcelona haben die Münchnerinnen gezeigt, zu was sie in der Lage sind. Dennoch könnte der Rückstand auf Wolfsburg zu groß sein.

Insgesamt ist die Liga etwa zusammengerückt, sodass auch der SC Freiburg, aktuell auf Platz vier liegend, verdient oben mitspielt. Leverkusen ist mittlerweile ebenfalls mindestens auf dem Niveau wie Hoffenheim und an guten Tagen auch auf dem von Frankfurt. Die Qualität der Liga hat zugenommen, was sich in den wachsenden Zuschauerzahlen niederschlägt und das nicht nur bei den Top-Duellen zwischen Wolfsburg und Bayern.

Die Bestmarke aus der Saison 2013/14 wurde bereits frühzeitig um rund 17.000 Besucher:innen übertroffen. Nach neun Spieltagen verzeichnete die Liga bereits 173.438 Fans. Ein Rückgang der Zahlen wie nach der WM 2011 im eigenen Land, wo zunächst auch ein Zuschauerboom zu verzeichnen war, ist nicht zu erwarten.

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