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Schleichfahrt. Der Verkehr in der Viereckremise hat zugenommen seit die Nedlitzer Straße gesperrt wurde. Anwohner befürchten nun, dass es dabei bleibt. Sie haben Unterschriften gesammelt und konkrete Forderungen formuliert.

©  Sebastian Gabsch

Schleichwege in Potsdam: Durchgangsverkehr im Wohngebiet

Trotz Anwohnerbeschwerden will die Stadt nichts gegen die Schleichwege in der Viereckremise tun. Dabei haben die Anlieger Vorschläge für Verbesserungen.

Potsdam/Bornstedter Feld - Es scheppert als der Geländewagen mit dem Anhänger voller Gartenabfälle über die Bodenschwelle fährt. Das Geräusch wird von den Häuserwänden in der Viereckremise zurückgeworfen. Zwar macht nicht jedes Auto so viel Krach. Doch auf den Straßen in dem Wohnviertel in der Nähe des Volksparks ist an diesem frühen Freitagnachmittag ziemlich viel los – jedenfalls dafür, dass es dort eigentlich keinen Durchgangsverkehr geben sollte. Manchmal sind es mehr als 20 Autos pro Minute, die sich stadteinwärts den Weg zwischen den Wohnhäusern bahnen. Dabei hat der Berufsverkehr noch nicht mal begonnen.

Den Anwohnern gefällt das gar nicht. Sie fühlen sich vom Lärm und Schmutz der vielen Autos gestört und sorgen sich um die Sicherheit – besonders die der Kinder. Einer der Anwohner ist Karl-Heinz Haßler. „Früher sind hier drei Autos in der Stunde durchgefahren“, erinnert er sich. Nun seien es 2000 bis 3000 am Tag, schätz er. Die Fenster mag er gar nicht mehr öffnen. Er zeigt einen tiefgrauen Luftfilter vor. „Der hat nur zwei Wochen gehalten.“ Manche der Autofahrer verhalten sich in seinen Augen rücksichtslos. „SUVs und Lieferwagen fahren ungebremst über die Bodenschwellen“, so Haßler. Einige würden sogar über den Bürgersteig fahren, um den Bodenschwellen auszuweichen, die die Stadt anbringen ließ, um die Autos zu bremsen.

Bauarbeiten an der Nedlitzer Straße verschärfen das Schleichwege-Problem im Norden

Mit der Ruhe ist es in dem Wohnviertel spätestens vorbei, seit im Frühjahr die Nedlitzer Straße stadteinwärts wegen Bauarbeiten für die Verlängerung der Straßenbahnstrecke zum Jungfernsee gesperrt wurde. Auf dieser Bundesstraße sind normalerweise an Wochentagen rund 19 000 Autos in beiden Richtungen unterwegs. Während der Bauzeit hat die Stadtverwaltung eine Umleitungsstrecke ausgewiesen. Sie verläuft über die Amundsenstraße, die Potsdamer Straße und die Pappelallee. Im Berufsverkehr ist die Umleitungsstrecke stark belastet. Viele Autofahrer kürzen deshalb über die Straße Am Golfplatz und die Viereckremise ab.

Anfang Dezember soll die Tramstrecke in Betrieb gehen. Dann endet auch die Umleitung. Haßler befürchtet jedoch, dass es beim Schleichverkehr bleibt. „Bei Stau werden die Autofahrer auch weiterhin durch die Wohngebiete ausweichen“, sagt er. Sorgen bereitet den Anwohnern auch das neue Wohnungsbaugebiet Rote Kaserne West nördlich der Biosphäre: Der Baustellenverkehr könnte durch ihr Viertel fahren.

Anwohner wollen die Straße in der Viereckremise einengen und den Durchgangsverkehr aus dem Wohnviertel heraushalten

Doch die Anwohner beklagen sich nicht nur, sondern haben auch konkrete Vorschläge: So soll die Straße in der Viereckremise an zwei Stellen so eingeengt werden, dass Autos nicht aneinander vorbeifahren können. Stadteinwärts soll an der Kreuzung Am Golfplatz/Viereckremise das Linksabbiegen vorgeschrieben werden, damit der Verkehr aus dem Wohnviertel herausgehalten wird. Außerdem fordern sie ein Durchfahrverbot für Lastwagen. Rund 200 Unterschriften hat Haßler dafür schon gesammelt und auch Stadtpolitiker angesprochen. Die SPD hat einen Antrag für die nächste Sitzung der Stadtverordnetenversammlung eingebracht. Darin fordert sie ein Verkehrslenkungskonzept für den Potsdamer Norden, das Schleichverkehr unattraktiv macht.

Im Rathaus kennt man die Forderungen. „Wir nehmen Hinweise und Ängste derBewohnerschaft ernst“, so Stadtsprecherin Friederike Herold. Doch unternehmen will die Stadt vorerst nichts. Man gehe davon aus, dass sich die Situation vor Ort nach Beendigung der Straßenbauarbeiten in der Nedlitzer Straße wieder auf den Ausgangszustand einpegeln wird. „Sollte sich der Schleichverkehr weiter fortsetzen oder Unfallhäufungen gemeldet werden, wovon wir nicht ausgehen, werden wir Möglichkeiten prüfen, bauliche und verkehrsrechtliche Änderungen vorzunehmen“, heißt es aus dem Rathaus – natürlich nur, wenn das rechtlich zulässig sei.

Stadt will vorerst nicht gegen Schleichverkehr im Norden von Potsdam vorgehen

Viel Hoffnung können sich die Anwohner wohl nicht machen. Denn die Stadtverwaltung beurteilt die Funktion der Straßen im Wohngebiet etwas anders: „Sie dienen zwar nicht dem generellen Durchgangsverkehr, haben aber eine gewisse Sammelfunktion.“ Neben dem Besucherverkehr finde dort auch ortsfremder Verkehr statt. „Das wird sich auch in der Zukunft nicht ändern“, heißt es auf PNN-Anfrage.

Das Problem mit unerwünschtem Schleichverkehr haben die Anwohner in der Viereckremise nicht exklusiv. Auch an vielen anderen Stellen gab es in der Vergangenheit Beschwerden von Anwohnern. Besonders betroffen sind auch Wohnquartiere in der Innenstadt sowie in der Nauener Vorstadt. Seit rund zwei Wochen läuft deshalb der Versuch, den Verkehr in der Bertha-von-Suttner-Straße durch ein temporäres Abbiegeverbot aus der Friedrich-Ebert-Straße zu beruhigen.

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