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Kreisgebietsreform in Brandenburg: Mittelmark bekommt Brandenburg an der Havel

Innenminister Schröter will die kreisfreie Stadt Brandenburg und den Landkreis Potsdam-Mittelmark verschmelzen. Landrat Wolfgang Blasig ist davon wenig begeistert.

Von Enrico Bellin

Bad Belzig - Die Stadt Brandenburg / Havel wird wohl die Kreisstadt eines neuen Landkreises werden, der bei der Verwaltungsstrukurreform 2019 aus der Verschmelzung der Stadt mit dem Landkreis Potsdam-Mittelmark hervorgehen soll. Das wurde am gestrigen Donnerstagabend bei einer Diskussionsveranstaltung des Landes in der Bad-Belziger Albert-Bauer-Halle vor etwa 200 Zuhörern – rund ein Drittel von der Kreisverwaltung – deutlich. Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) und Finanzstaatssekretärin Daniela Trochowski (Linke) hoben die Vorzüge einer solchen Lösung hervor.

„Ich habe nicht erwartet, hier schon Karten gemalt zu bekommen“, sagt Landrat Wolfgang Blasig (SPD) nach den Kurzvorträgen von Schröter und Trochowski. „Es ist nicht verständlich, warum hier ein Landkreis mit fast 300 000 Einwohnern entstehen soll, wenn andere neue Kreise bei 170  000 liegen würden.“ Auch in Brandenburg/Havel hatte es Protest gegeben, als der Innenminister vor einigen Tagen die Pläne dort vorstellte.

Bewohner sollen zur neuen Kreisstadt befragt werden

Wie berichtet will Schröter mit seiner Funktionalreform aus 18 Landkreisen und kreisfreien Städten acht machen, Potsdam soll einzige kreisfreie Stadt bleiben. Laut Schröter würden mit der Einkreisung von Brandenburg/Havel viele Abstimmungen erleichtert werden: Die Wirtschaftsförderungen würden bei Ansiedlungen nicht mehr gegeneinander kämpfen, der Verkehr könnte besser verzahnt werden. Potsdam-Mittelmark müsse weder Schulden noch freiwillige Aufgaben der Stadt Brandenburg, wie den Betrieb des Marienbades, übernehmen. „Zudem gibt es noch keine Vorfestlegung auf eine künftige Kreisstadt“, so Schröter.

Die Bewohner würden zur Kreisstadt befragt, die Landesregierung daraufhin eine Entscheidung treffen. Allerdings: Schröter zufolge hat die Stadt Brandenburg gute Chancen, aus der Befragung als Kreisstadt hervorzugehen. „Ich denke, dass sowohl die Brandenburger als auch die Mittelmärker, die zur Arbeit nach Brandenburg pendeln, für die Stadt stimmen werden.“ Demgegenüber würden sicher nicht alle anderen Mittelmärker für Bad Belzig als Kreisstadt stimmen.

Land will bei Entschuldung helfen - aber nur ein bisschen

Laut Daniela Trochowski würde das Land eine Teilentschuldung der Stadt Brandenburg finanzieren, die derzeit etwa 175 Millionen Euro Schulden hat. Zudem würde ohne kreisfreie Städte mehr Geld an die neuen Landkreise gehen, jährlich insgesamt 60 Millionen Euro. Außerdem würde das Land Transformationskosten zahlen, die durch die Zusammenlegung der Verwaltungen entstünden.

Allerdings: Die Teilentschuldung will Trochowski zufolge das Land nur zur Hälfte zahlen, die andere Hälfte soll auf alle Kommunen des Landes verteilt werden. „Es muss aber das Prinzip gelten: Wer bestellt, der zahlt“, konterte Landrat Blasig. Auch sei noch nicht gesagt worden, wie viel das Land für die Umstrukturierung zahlt. Zudem hob er hervor, dass sein Kreis andere Voraussetzungen hat als die Stadt Brandenburg: Die Arbeitslosenquote sei wesentlich geringer, auch soziale Standards wie bei der Kita-Betreuung seien sehr unterschiedlich. „Eine Anpassung in einem neuen Kreis würde sicher 15 bis 20 Jahre dauern“, so Blasig.

In Bad Belzig fühlt man sich schon "abgehakt"

Belzigs Bürgermeisterin Hannelore Klabunde-Quast sieht ihre Stadt bereits abgehakt. „Bei der Kreisbildung nach der letzten Reform war es eine ausgleichende Maßnahme, um hier den Rand des Kreises zu beleben“, so die Bürgermeisterin. Mehr als 1000 Mitarbeiter der Kreisverwaltung arbeiten in Belzig. Nach der Reform müsse es einen Ausgleich geben, damit die Menschen dort wohnen bleiben, so Klabunde. Landrat Blasig sicherte ihr zu, dass Bad Belzig auf jeden Fall ein Standort der Verwaltung bleiben werde.

Die CDU-Landtagsabgeordnete Saskia Ludwig kritisierte Schröters Ansatz, Potsdam-Mittelmark funktioniere bereits hervorragend. „Wir sind hier schon solidarisch, die starken Kommunen aus dem Speckgürtel finanzieren die am Rand des Kreises gelegenen Kommunen.“ Auch Matthias Schubert, Kreisvorsitzender der SPD, sieht für den Landkreis enorme Belastungen: „In Brandenburg / Havel gibt es ein strukturelles Defizit durch die städtischen Sozialausgaben. Das zu übernehmen, würde uns überfordern.“

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