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Wolf im Berliner Ring: In die Fotofalle getappt

Erstmals wurde bei Glindow durch einen Jagdpächter ein Wolf innerhalb des Berliner Rings dokumentiert. Die Zahl der Tiere ist in Brandenburg im vergangenen Jahr gestiegen.

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Werder (Havel) - Beim Umherstreifen ist er ertappt worden. Vor zwei Wochen ist ein Wolf auf der Glindower Platte zwischen Bliesendorf, Glindow und Plötzin in eine Fotofalle gelaufen. Erst gestern wurde der Fall bekannt. „Der Wolf kommt den Menschen immer näher“, warnt Jagdpächter Wolfgang Brückner, dessen Jagdreviere in Bliesendorf und Glindow sind. Zur Beobachtung an einer Wild-Lockstelle, einer Kirrung, hatte Brückner die Wildkamera mit Bewegungsauslöser aufgestellt, im Winkel von Langer Straße und Plötziner Straße. Am 21. November um 6.05 Uhr wurde sie ausgelöst, der Wolf wirkt erschrocken.

Der ehrenamtliche Wolfsbeauftragte Kay-Uwe Hartleb aus Ferch hält die Sichtung für bemerkenswert: Es sei, soweit er wisse, das erste Mal, dass das Auftauchen eines Wolf innerhalb des Berliner Autobahnrings dokumentiert werden konnte. Hartleb glaubt angesichts der kurzen Beine, dass es sich um ein Jungtier handelt – wohl aus dem Rudel, das auf dem Lehniner Truppenübungsplatz sein Revier hat.

Wölfe naschen gern mal Äpfel

Die diesjährigen Würfe seien jetzt ein halbes Jahr alt und würden sich die Umgebung anschauen. „Die haben ja keine Karte im Kopf. Wenn sie merken, dass es nicht weitergeht oder zu unruhig wird, ziehen sie wieder ab.“ Das Tier auf dem Foto sei kräftig und habe bereits sein Winterfell. „Man sieht, dass Äpfel an der Kirrung liegen. Was viele nicht wissen, ist, dass Wölfe gern mal Äpfel naschen.“

Jagdpächter Brückner zeigt sich alarmiert: Die Fotofalle, in die der Wolf tappte, sei nur 200 Meter von einem Gehöft entfernt. Auch am Ortseingang von Glindow seien in diesem Sommer vier Wölfe gesehen worden. In der Region rund um Werder häufe sich die Zahl der gesichteten Raubtiere. „Die Population steigt, die Tiere gehen dahin, wo sie Wild finden“, sagt der Jäger. In der Lehniner Heide sei der Wildbestand bereits drastisch reduziert, sagt der Jäger. „Ich frage mich, was passiert, wenn der Wolf keine Wildtiere mehr zu fressen hat.“

Auch das Wild in seinen Jagdrevieren komme immer mehr aus dem Wald heraus. Brückner vermutet, dass es vor den Wölfen flüchtet. Wie viele Räuber sich in der Gegend aufhalten, kann er nur schwer schätzen. Den Raubtieren würde man alles durchgehen lassen, von Subventionierung durch die Landespolitik spricht der Jäger. „Irgendwann haben sie keine Scheu mehr vor den Menschen.“

In Brandenburg keine verhaltensgestörten Rudel

Wolfsbeauftragter Hartleb warnt vor Panikmache, die Konkurrenz von Jägern und Wölfen um das Wild sei ja nicht neu. Er kann auch nicht bestätigen, dass von Brandenburger Wölfen Gefahren für den Menschen ausgehen. In Niedersachsen bei Munster gebe es zwar ein verhaltensauffälliges Rudel, dass „habituiert“ sei, die natürliche Scheu vor dem Menschen verloren habe. Es flüchtet nicht und suche bisweilen sogar die Nähe vom Menschen. „Das darf nicht passieren und hat wahrscheinlich mit menschlichem Fehlverhalten zu tun“, sagt Hartleb. Womöglich seien die Tiere auf einem Truppenübungsplatz „aus einem sicheren Panzer heraus mit Wurststullen gefüttert“ worden, mutmaßt er. In Brandenburg seien verhaltensauffällige Tiere aber nicht bekannt.

Er selbst sei, bedingt durch sein Ehrenamt, bereits 15- bis 20-mal in freier Wildbahn auf Wölfe gestoßen. Der Auslöser der Kamera reiche, damit sie die Flucht ergreifen. „Jungwölfe schneller, Leittiere gemächlicher.“ Leider seien ihm dadurch noch nicht viele Fotos gelungen. Begegnungen mit Wölfen seien inzwischen überall in Brandenburg möglich, in diesen Fällen sollte man sich durch Geräusche bemerkbar machen und langsam weggehen. Hartleb hält es aber für unwahrscheinlich, dass sich ein Wolfsrudel auf Dauer innerhalb des Berliner Autobahnrings niederlässt – selbst wenn die Population im Land in der vergangenen Saison gewachsen ist.

Inzwischen gibt es vier Rudel in Potsdam-Mittelmark

Im Wolfsplenum am Mittwoch in Potsdam, an dem Hartleb teilnahm, war von 100 bis 120 Tieren die Rede, in der Saison 2013/14 waren es 90. In Potsdam-Mittelmark würden inzwischen vier Rudel leben, drei an der sachsen-anhaltinischen Grenze südwestlich von Bad Belzig, wo in Görzke im vorigen Jahr eins dazukam, und ein Rudel auf dem Lehniner Truppenübungsplatz.

Es ist wahrscheinlich das Rudel, das in der Region rund um Potsdam und Werder gelegentlich für Schlagzeilen sorgt und womöglich auch die Jagdpächter ärgert. So waren in den vergangenen zwei Jahren nacheinander drei tote Wölfe auf dem südwestlichen Berliner Ring gesichtet worden. Das jetzt fotografierte Tier könnte über eine Brücke oder eine Unterführung die Autobarriere passiert haben, sagt Hartleb. Der Fall werde im Landratsamt registriert.

Lesen Sie weiter: Der Wolf fühlt sich wohl in Brandenburg. Naturschützer freut das, anderen macht es Angst.

HINTERGRUND

Brandenburg will Landwirte weiter finanziell beim

Schutz vor Wölfen unterstützen. Von 2008 bis 2015 seien insgesamt 500 000 Euro von Land und EU bereitgestellt worden, teilte das Agrarministerium am Mittwoch mit. Für den Landesbauernbund ist das angesichts immer wieder gemeldeter Attacken besonders auf Schafe nicht ausreichend. Auch die Jagd der Wölfe, die ihre Scheu vor Menschen verloren hätten, müsse möglich sein, wird gefordert. In Brandenburg leben elf Rudel, ein Paar und zwei Einzeltiere. Vertreter von Verbänden, Vereinen und Behörden diskutierten am Mittwoch in Potsdam auf Einladung des Ministeriums über den seit 2012 geltenden Wolfsmanagementplan. (dpa)

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