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Er ist da. Ein Wolfsrudel hat sein Einzugsgebiet bis Ferch ausgedehnt.

© dpa

Potsdam-Mittelmark: Isegrim auf dem Berliner Ring

Er galt seit 150 Jahren als ausgerottet – inzwischen leben rund um Potsdam fünf oder sechs Wolfsrudel

Schwielowsee - Wolfsspuren bei Bliesendorf, gerissene Schafe bei Beelitz, ein überfahrener Wolf auf der A10 bei Werder (Havel). In den vergangenen Monaten häufen sich solche Meldungen. Zuletzt wurde der Polizei am Freitag auf dem Berliner Ring bei Ferch ein toter Hund auf der Fahrbahn gemeldet, der sich als junger Wolf entpuppte, rund 30 Kilogramm schwer und zwei Jahre alt. Nach Angaben des ehrenamtlichen Wolfsbeauftragten Kai-Uwe Hartleb aus Ferch dürfte es sich um ein Jungtier vom Rudel handeln, das auf dem Lehniner Truppenübungsplatz unterwegs ist.

Das Einzugsgebiet dieses Rudels sei ausgedehnt und Ferch ja nur zehn Kilometer Luftlinie entfernt. „Auch die anderen in der Region gesichteten Tiere werden wahrscheinlich aus dem Lehniner Raum stammen“, so Hartleb gegenüber den PNN. Oft handele es sich um Jungtiere auf der Suche nach einer neuen Bleibe. Sie seien unerfahren und wüssten nicht, wo sich gefährliche Verkehrsachsen oder menschliche Ansiedlungen befinden. Junge Wölfe beginnen nach zwei Jahren, ihr eigenes Revier zu suchen. Hartleb: „Wenn sie auf ein ruhiges Waldgebiet mit ausreichend Nahrung stoßen, lassen sie sich nieder.“ Im näheren Potsdamer Raum sei das aufgrund der Siedlungsdichte und der schon vorhandenen Rudel allerdings eher nicht zu erwarten.

„Die Rudel haben einen Flächenanspruch von mindestens 100 bis 200 Quadratkilometern, in durch Äcker und Wiesen zersplitterten Bereichen sind es noch deutlich mehr.“ So große Waldgebiete seien kaum noch vorhanden. Hartleb glaubt eher, das von den Jungtieren andere Bereiche in Deutschland erschlossen werden. Die Tiere würden auf der Suche nach neuen Revieren oft Hunderte Kilometer zurücklegen. Von einem mit Sender versehenen Jungwolf aus Sachsen ist eine Wanderschaft bis Weißrussland dokumentiert worden.

Im Jahr 2007 war das erste Rudel der streng geschützten Raubtierart wieder in Brandenburg gesichtet worden – der Wolf galt seit 150 Jahren als ausgerottet. Heute leben im Land nach Expertenschätzungen etwa 90 Tiere. Im Potsdamer Raum gibt es inzwischen mindestens fünf, womöglich sechs Rudel, so Hartleb. Klassische Wolfsreviere sind Truppenübungsplätze wie bei Kloster Lehnin oder ehemalige Truppenübungsplätze wie bei Sperenberg und Jüterbog. Im Hohen Fläming wird gerade ermittelt, ob neben den zwei Rudeln bei Altengrabow und bei Klepzig ein drittes im Raum Wiesenburg / Bad Belzig hinzugekommen ist.

Die Rudel würden aus den Eltern und etwa fünf Jungen des aktuellen Jahres bestehen, manchmal seien noch „Überbleibsel des alten Jahres“ dabei, so Hartleb. Durch Unfälle oder aktuell auch durch die Räude, eine Milbenerkrankung, die auch bei anderen Tieren auftritt, würde es Abgänge geben. Die Milben fressen die Haare der Wölfe, die für ihren Wärmehaushalt mehr Energie benötigten. Schwächere Tiere würden abmagern, zwei an Räude verendete Wölfe wurden unlängst bei Altengrabow gefunden. Auch ein sächsisches Rudel war von der Krankheit betroffen. Hartleb spricht von einem der „Regulationsmechanismen, die dazu beitragen, dass sich Wölfe nicht wie die Karnickel vermehren“. Henry Klix

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